Köln. In der deutschen Gruppe A hat die Schweiz durch eine enorme Kraftanstrengung 3:1 gegen Ungarn gewonnen. Es war ein Auf und Ab.

Lange schien es so, als wäre die zweite Begegnung der Gruppe A eine eindeutige Angelegenheit. Die Schweiz führte durch Tore von Kwadwo Duah (14.) und Michel Aebischer (45.) und dominierte das Geschehen, bis Ungarns Barnabás Varga (65.) den Anschlusstreffer köpfte. Plötzlich entwickelte sich eine mitreißende Begegnung, wie in einem Wellenbad ging es Auf und Ab. Dann kam der eingewechselte Breel Embolo in der Nachspielzeit (90.+3) und sorgte für den 3:1 (2:0)-Erfolg der Schweizer, die nun wie die deutsche Nationalmannschaft drei Punkte haben. Durchpusten.

Der Zitter-Sieg verschafft der Elf von Trainer Murat Yakin eine hervorragende Ausgangsposition für das weitere Geschehen der gerade gestarteten Europameisterschaft in Deutschland. Es bleibt allerdings, das war deutlich zu sehen, eine Menge Verbesserungspotenzial.

Michel Aebischer jubelt nach seinem 2:0.
Michel Aebischer jubelt nach seinem 2:0. © dpa | Michael Probst

Schweizer Hingucker zu Beginn

Der erste Hingucker am Samstagnachmittag? Ein Solo. Dan Ndoye raste wie ein Slalomfahrer auf Skibrettern an den Ungarn vorbei, verpatzte jedoch seine Flanke. Der Rekordtorschütze Alexander Frei, eine Legende bei Borussia Dortmund, hatte vor der Begegnung im Gespräch mit dieser Redaktion gesagt, dass die Schweizer Nationalelf in der Offensive „ein bisschen lahm“ sei.

Von wegen, dachte sich Kwadwo Duah. Nachdem Michel Aebischer ihn im Sechzehnmeterraum freigespielt hatte, blieb Duah gelassen, überwand Torhüter Peter Gulacsi. Schiedsrichter Slavko Vincic pfiff zunächst Abseits, der Videobeweis korrigierte ihn. Was zu einem Schweizer Jubel-Knubbel an der Mittellinie führte.

Favorit kontrolliert die Begegnung

Den Ungarn fehlte eine Idee, um die Defensive ihres Gegners ernsthaft ins Wanken zu bringen. Einmal schoss Roland Sallai in Richtung Oberrang, viel spektakulärer wurde es nicht. Stattdessen eroberte Ruben Vargas auf der anderen Seite den Ball, schaute, überlegte, kam aber nicht an den Armen von Peter Gulacsi vorbei (20.). Entschuldigung, aber Alexander Frei hätte den wohl gemacht.

Trotzdem war auch diese Chance Ausdruck davon, dass der Favorit in den roten Trikots diese Begegnung kontrollierte. Granit Xhaka, Doublegewinner mit Bayer Leverkusen, gab den umsichtigen Taktgeber in Zentrum. Dahinter räumte Manuel Akanji, früher Borussia Dortmund, heute Manchester City, die ungarischen Angriffsbemühungen ab. Knapp neun Millionen Einwohner hat das kleine deutsche Nachbarland, in Ungarn leben nur ein paar Menschen mehr. Von den Rängen aber dröhnten mit zunehmendem Spielverlauf die Gesänge der Eidgenossen lauter und lauter. Gelegentlich war sogar eine Kuhglocke zu hören. Warum auch nicht?

Schweizer Jubel-Knubbel

Und es gab noch einen besonderen Schlussakkord in der ersten Hälfte. Michel Aebischer durfte ohne große Gegenwehr an der ungarischen Strafraumgrenze abschließen, was der 27-Jährige für einen Schlenzer in die rechte Ecke zum 2:0 nutzte. Aebischer rutschte mit den Knien über den Rasen, die Mitspieler rannten hinterher. Die Folge: ein erneuter Schweizer Jubel-Knubbel.

Dan Ndoye bat zu einem weiteren Tänzchen, kurz danach musste sich Gulacsi auf den Rasen schmeißen, um Duahs Schussversuch ins Aus zu lenken (48.). Auch für Vargas war Gulacsi ein erneuter Spielverderber (54.). Die Schweiz leitete ihre Angriffsbemühungen meist über die Außenbahn ein, um dann schnell ins Zentrum vorzudringen.

Aber, entschieden war die Partie noch nicht. Die Ungarn drängten mit zunehmender Kraft in Richtung des gegnerischen Tores. Sallai flankte von der linken Seite, Barnabas Varga köpfte, völlig unbedrängt, ein paar Zentimeter vorbei (63.). Nur zwei Minuten später durfte es der 29-Jährige noch mal versuchen, diesmal ließ er Yann Sommer keine Abwehrgelegenheit.

Ndoye verpasste das dritte Schweizer Tor (71.). Der ehemalige Schalker Breel Embolo wurde bei den Eidgenossen eingewechselt (74.). Er musste dabei helfen, die nun wütenden Ungarn zu stoppen. Und machte dies, indem er selbst in der Nachspielzeit traf. Am Mittwoch (18 Uhr) hofft Deutschland, den rauschhaften Auftakt gegen die knapp geschlagenen Ungarn fortzusetzen. Die Schweiz misst sich etwas später mit Schottland (21 Uhr) und möchte dann weniger Probleme bekommen.