Leipzig. Nach dem 0:1 in der Champions League gegen Real Madrid hadert RB Leipzig mit dem Schiedsrichter. In 2024 läuft es nicht rund.
Xaver Schlager fand Dienstagabend Trost in der Erkenntnis, dass es größere Zusammenhänge gibt im Leben, als eine Fußballpartie elf gegen elf. „Es war nicht verdient, das Spiel zu verlieren“, sagte der Abwehrspezialist von RB Leipzig nach dem 0:1 im Hinspiel des Champions-League-Achtelfinales gegen Real Madrid. „Aber das ist wie im Leben: Mal geht es bergauf und es funktioniert alles, und manchmal eben nicht.“
Sechs Spiele ist dieses neue Jahr für den Pokalsieger alt, aber es läuft nicht wie erhofft. Nur eines davon haben die Sachsen gewonnen, eines unentschieden gespielt – und vier verloren. So auch die Partie gegen den Rekordchampion des Europapokals trotz eines dezenten Übergewichts an Torchancen. „So ist das gerade bei uns“, erklärte Schlager, der bei seinem letzten Rucksack-Trip nach Thailand Hermann Hesses „Siddartha“ dabeihatte. „Die machen aus wenigen Chancen ein Tor und wir aus vielen keines.“
RB Leipzig mit starkem Start gegen Real Madrid
So ganz stimmte das freilich nicht. RB war mit einem Statement in die Partie gestartet. 2. Minute: Ecke David Raum, Real-Keeper Andrej Lunin faustete den Ball Schlager vor die Füße, der mit einem Aufsetzer-Schuss Benjamin Sesko bediente, von dessen Stirn die Kugel ins Tor fiel. Lunin stand zwei Meter weg vom Slowenen, hinter sich Leipzigs Benjamin Henrichs auf Tuchfühlung.
Der Linienrichter hob die Fahne, aus dem Kopfhörer bekam Schiedsrichter Irfan Peljko die Anweisung, den Treffer zurückzunehmen. Ratslosigkeit bei sämtlichen Beteiligten. „Das war ein klarer Treffer“, sagte Schlager nach dem Spiel. „Keine Ahnung, was gepfiffen wurde“, meinte RB-Trainer Marco Rose und wurde deutlich: „Es war kein Abseits, es war kein Foul.“ Und auch RB-Sportchef Rouven verstand die Entscheidung nicht. „Keine Ahnung, was wir verbrochen haben, dass wir den Treffer nicht bekommen.“
Champions League: RB Leipzig versteht Entscheidung nicht
Sesko hatte nicht im Abseits gestanden, und Henrichs keines erzeugt, weil Madrids Schlussmann gut zwei Meter vom Ball weg stand und somit nicht Teil der zu bewertenden Szene gewesen war. Also „kein Abseits!“, wie auch Ex-Bundesliga-Schiedsrichter und Experte Manuel Gräfe kommentierte. Immerhin, aus den Reihen der begünstigten Gäste kam Verständnis für den Ärger. Real Profi Toni Kroos zeigte Grandeza und urteilte: „Der Torwart erreicht niemals den Ball. Also war es ein Tor, man hätte es geben müssen.“
Wohin das vielleicht geführt hätte? Rose wollte keine „Schiedsrichter-Debatte aufmachen“. „Wir wissen es nicht“, sagte er, „weil der Treffer ja nicht gegeben wurde. Aber eine 1:0-Führung gegen Madrid tut schon gut. Vielleicht hätten wir ein paar mehr Räume bekommen.“
RB Leipzig steckt in einer Ergebnis-Krise
Die zu nutzen, war allerdings auch nach der vermeintlichen Führung das große Thema des Spiels, denn Sesko hatte zwei weitere große Möglichkeiten auf einen Treffer, auch seine RB-Kollegen Dani Olmo und Xavi Simons. Stattdessen traf Brahim Diaz mit einem Zirkel-Kunstschuss kurz nach der Pause mitten ins Leipziger Herz (49.). „Gerade ist alles schwierig“, sagte Schlager, „wir machen halt nicht so viele Tore.“
Diese fehlende Effizienz hat sich zu einem gefährlichen Dauerthema für die Ziele des Vorsaison-Dritten entwickelt. Gegen Frankfurt verloren die Sachsen zum Jahresstart trotz 31 Torschüssen 0:1, gegen Bayer kassierten sie das 2:3 in letzter Minute, das Augsburger 2:2 voriges Wochenende besiegelte ein vergebener Strafstoß. Vierter möchten die Sachsen unbedingt am Ende der Spielzeit sein, um sich wieder für die Champions League zu qualifizieren, Fünfter sind sie momentan mit drei Punkten Rückstand auf Borussia Dortmund - und ob sie in drei Wochen Real mit mindestens zwei Treffer Unterschied bezwingen können, steht in den Sternen.
Keine Trainerdiskussion in Leipzig
Roses Stuhl wackelt trotzdem nicht. Spiele wie die gegen Madrid stärken in der Chefetage gerade die Überzeugung, das sich eigentlich vieles in die richtige Richtung entwickelt. Es fehlen nur die Ergebnisse, wie Schlager feststellte, der kurz, bevor er in die Kabine zurückkehrte, noch einmal die Dimension beschwor, in der Fußballer in keinem anderen Leben stehen als andere. „Wir müssen die Enttäuschung wegstecken und einfach weiter anschieben“, so der Österreicher. “Irgendwann gehen die Bälle wieder rein.“