Melbourne. Am Sonntag starten die Australian Open. Fakten und Geschichten rund um den Grand-Slam-Klassiker in Melbourne.

Am Sonntag wird es ernst in Melbourne. Dann starten mit den ersten Spielen im Hauptfeld die Australian Open. Es ist immer ein besonderes Turnier, Down Under, eines mit außergewöhnlichen Geschichten, so auch die von Ella Seidel. Die 18-jährige Hamburgerin hat sich in die Qualifikation in die Hauptrunde gekämpft. Jetzt darf die Debütantin gleich zur besten Zeit in der Rod-Laver-Arena gegen Titelverteidigerin Aryna Sabelenka antreten. Aber es gibt natürlich noch mehr, noch größere Geschichten rund um die Australian Open.

Das Turnier

Die Australian Open sind die Wundertüte der Grand Slam-Turniere. Motto: Menschen, Spiele, Sensationen. Kaum ein größeres Sportevent hat einen eigenwilligeren Termin, kurz nach dem Start in die neue Saison, nach nur zwei Wochen Vorbereitungszeit für die Profis. „Du springst jedes Mal ins kalte Wasser“, sagte Steffi Graf einmal über das Melbourne-Major. Im National Tennis Center am Yarra River wird seit 1988 gespielt, zuvor wurden die Australian Open im Stadtteil Kooyong auf Rasen ausgetragen.

Der Turnierdirektor

Craig Tiley ist der geschäftstüchtigste Veranstalter in der Tenniswelt. Manche nennen ihn auch Greedy Tiley, den gierigen Tiley. Der gebürtige Südafrikaner hat aus dem vielbeschworenen Happy Slam eine Kommerzmaschine sondergleichen gemacht. Neuester Coup Tileys: Der Start am Sonntag. Amerikas Ex-Genius John McEnroe nannte die Ausdehnung auf nun fünfzehn Tage „Geldraub“. Natürlich wird erneut ein Rekordpreisgeld ausgeschüttet: 86,5 Mio. australische Dollar (53 Mio. Euro). Die Einzelsieger erhalten ca. 1,92 Mio. Euro.

Die Stadt und das Wetter

Melbourne wurde oft zur „most liveable city of the world” gewählt, als lebenswerteste Stadt auf dem Planeten. Sie ist die europäischste Stadt auf dem Fünften Kontinent, ein Konglomerat von Einwanderern aus allen Himmelsrichtungen. Berühmt-berüchtigt ist das launische Wetter, mit vier Jahreszeiten an einem Tag. Binnen Stunden kann die Temperatur schon mal um 20 Grad steigen und fallen. Gefährlich kann im australischen Hochsommer die Hitze werden. Als Boris Becker 1997 als Titelverteidiger in der ersten Runde gegen Carlos Moya verlor, bei weit über 40 Grad im Centre Court-Kessel, sagte er hinterher: „Mein Gehirn hat sich angefühlt wie Rührei.“

Denkwürdige deutsche Momente

Er wollte wenigstens einmal die Nummer 1 der Welt werden. Und das schaffte Boris Becker nicht in seinem zweiten Wohnzimmer Wimbledon, sondern am 27. Januar 1991 mit seinem Finalsieg gegen Ivan Lendl. Insgesamt blieb er nur drei Wochen an der Weltspitze. Die Weltkarriere von Angelique Kerber begann vor acht Jahren in Melbourne, mit dem Finalsieg gegen Serena Williams. Kurios: In der ersten Runde musste sie gegen die Japanerin Misoki Doi einen Matchball abwehren. In Melbourne begann 1988 mit dem ersten AusOpen-Triumph ihrer Karriere auch das Golden Slam-Jahr von Steffi Graf – der Gewinn aller vier Majors und von Olympiagold. Letzter deutscher Herrenfinalist war 2003 Rainer Schüttler.

Die Favoriten (Herren)

Wer käme an Novak Djokovic vorbei, dem inzwischen erfolgreichsten Spieler aller Zeiten? Der 36-jährige Serbe ist der Rekordgewinner in Melbourne (zehn Pokalerfolge), Titelverteidiger (2023 Finalsieg gegen Stefanos Tsitsipas) und selbstverständliche Favorit Nummer eins 2024. Der „Djoker“ gewann auch den ersten seiner 24 Major-Titel auf dem Fünften Kontinent – 2008 gegen den Franzosen Jo-Wilfried Tsonga. Die stärksten Herausforderer: Sicher Carlos Alcaraz (Spanien), der Wimbledon-Champion. Jannik Sinner (Italien), der Aufsteiger des vergangenen Jahres. Und der Russe Daniil Medwedew, der 2021 und 2022 jeweils das Finale erreichte.

Novak Djokovic beim Training vor dem Start der Australian Open.
Novak Djokovic beim Training vor dem Start der Australian Open. © Getty Images | Kelly Defina

Die Favoritinnen (Damen)

Die Top 4 der Weltrangliste sind auch die größten Titelanwärterinnen: Iga Swiatek (Polen), die Nummer 1. Titelverteidigerin Aryna Sabalenka aus Weißrußland. Die Kasachin Elena Rybakina. Und Coco Gauff aus den USA. Allerdings ist das Turnier stets für Überraschungen gut, vielleicht in diesem Jahr in Person der sympathischen Tunesierin Ons Jabeur oder der Amerikanerin Jessica Pegula.

Die Deutschen

Das Jahr begann mit einem deutschen Paukenschlag, mit dem Sieg beim United Cup. Doch das Tennisjahr beginnt eigentlich erst jetzt so richtig, in Melbourne. Und dort hat, realistisch betrachtet, nur Alexander Zverev im Einzel seine Außenseiterchancen. Angelique Kerber überzeugte trotz rechnerischer Minusbilanz beim United Cup, in Melbourne dürfte bestenfalls in Runde zwei Endstation sein, gegen Frontfrau Iga Swiatek. Reelle Titelchancen hat Laura Siegemund im Frauendoppel an der Seite der Tschechin Barbora Krejcikova. Beachtlich: Die junge Hamburgerin Ella Seidel (18) schaffte erstmals den Sprung in ein Grand Slam-Hauptfeld.

Comebacks, Comebacks

Das meistbeachtete Comeback zum Saisonstart ist schon Geschichte. Matador Rafael Nadal ist nach neuerlichen Verletzungsproblemen schon wieder daheim auf Mallorca. Bei den Frauen kehrt neben Angelique Kerber auch die dreimalige Grand Slam-Gewinnerin Naomi Osaka (Japan) aus der Babypause zurück, sie dürfte schon zufrieden sein, in eine der letzten drei, vier Turnierrunden vorzustoßen. Eine Rückkehr nach Melbourne gibt es auch für 2018-Siegerin Caroline Wozniacki (Dänemark), die im vergangenen Herbst wieder aus dem Ruhestand auftauchte und auf der Tour aufschlug.

Das Turnier im Fernsehen

Boris Becker, eigentlich Trainer des Dänen Holger Rune, kommentiert für Eurosport aus München die Australian Open. Eine Einreise nach Australien dürfte ihm wegen seines Strafenregisters nicht möglich gewesen sein. Der Fachkanal überträgt das Turnier sowohl im linearen Fernsehen (Eurosport 1) sowie u.a. über den Streamingdienst Discovery+.