Dortmund. Die deutsche Nationalmannschaft gewinnt im ersten Spiel nach dem Aus von Hansi Flick und zeigt gegen Frankreich eine gute Leistung.
Eigentlich wollte Rudi Völler, 63, ja nur seine Pflicht erfüllen. Irgendjemand musste die Nationalmannschaft am Dienstagabend noch durch das Länderspiel gegen Frankreich manövrieren. Hansi Flick durfte nicht mehr, der war am Sonntag als Bundestrainer freigestellt worden. Also setzte sich Sportdirektor Völler 19 Jahre und elf Monate nach seinem letzten Auftritt als Teamchef noch mal für ein Spiel auf die Trainerbank – und brachte dem deutschen Fußball die Hoffnung auf eine erfolgreiche Europameisterschaft im eigenen Land zurück.
Die Auswahl des Deutschen Fußball-Bundes gewann in Dortmund gegen Frankreich durch Tore von Thomas Müller (4.) und Leroy Sané (86.) mit 2:1 (1:0). Antoine Griezmann traf für die Gäste per Foulelfmeter (89.). 60.864 Zuschauerinnen und Zuschauern bezeugten die ansprechendste Leistung seit dem 1:1 in der WM-Vorrunde gegen Spanien. Der Abwärtstrend nach dem Debakel von Katar, der am Samstag in Wolfsburg beim 1:4 gegen Japan seinen Tiefpunkt fand, ist vorerst gestoppt. Ein Rudi Völler, wie die Fans auf den Tribünen sangen, hat seinen Job erfüllt.
Jetzt geht es beim DFB um die Trainersuche
Völler kehrt nun auf seinen Posten als Sportdirektor zurück und muss mit den hohen Funktionäre des Verbandes auf Trainersuche gehen. Topkandidat ist Julian Nagelsmann, 36, der allerdings noch bei Bayern München unter Vertrag steht. Dies aber würde wohl kein Hindernis für ein Engagement als Nationaltrainer sein. „Der FC Bayern ist da ja nie gefragt worden, aber ich bin mir ziemlich sicher, ich habe das jetzt nicht abgestimmt mit unseren Leuten, aber am FC Bayern würde das sicher nicht scheitern“, sagte Ehrenpräsident Uli Hoeneß (71) am Dienstag. Einem Bericht der Bild-Zeitung zufolge würde der Klub gar auf eine Ablöse verzichten, sollte der Verband Nagelsmanns üppiges Jahresgehalt übernehmen, das bei rund sieben Millionen Euro liegt, sowie zu einem Ablösespiel antreten.
Müller zurück in der Startelf
Interimschef Völler baute die deutsche Mannschaft im Vergleich zum Debakel gegen Japan (1:4), das der Auslöser für Flicks Jobverlust gewesen ist, auf drei Positionen um. Joshua Kimmich musste mit muskulären Problemen passen. Den Platz des Bayern-Profis hinten rechts übernahm der Leverkusener Jonathan Tah. Nico Schlotterbeck von Borussia Dortmund musste auf die Bank. Dafür begann der Leipziger Benjamin Henrichs als Linksverteidiger. Und auch Thomas Müller stand nach 285 Tagen, nach dem 4:2 gegen Costa Rica bei der WM, mal wieder in der Startelf. Arsenals Angreifer Kai Havertz, im Japan-Spiel ganz schwach, blieb erst draußen.
„Wir haben uns vorgenommen stabiler zu sein“, sagte Völler vor Anpfiff in der ARD. „Wir dürfen nicht so leichte Ballverluste haben. Wir wollen mit viel Leidenschaft spielen.“ Der 63-Jährige hatte nicht zu viel versprochen. Bloß vier Minuten dauerte es, bis die DFB-Elf einen Angriff vortrug, wie sie es schon länger nicht mehr tat. Es waren feine Tricks dabei von Leroy Sané, Florian Wirtz und Emre Can. Dann kam der Ball auf die linke Seite, Henrichs und Serge Gnabry spielten einen Doppelpass – und in der Mitte stand Müller, wo Müller eben steht, und machte das, was Müller eben macht: lauern, sich goldrichtig platzieren und satt mit links einschießen.
Gute Stimmung im Stadion in Dortmund
Die Deutschen ließen auch danach den Ball laufen und waren aggressiv im Pressing. Die Fans, die das Team am Samstag noch aus dem Wolfsburger Stadion gepfiffen hatten, honorierten Ballgewinne und gelungene Kombinationen mit Applaus. Erst nach 20 Minuten kamen die Franzosen besser ins Spiel, ohne jedoch – bis auf zwei Kopfbälle von Aurelien Tchouameni (jeweils 38.) - zu gefährlichen Chancen zu kommen. Bitter: Deutschlands Kapitän Ilkay Gündogan musste das Feld in der 25. Minuten räumen. Der Mittelfeldspieler fasste sich zuvor immer wieder an den unteren Rücken. Für den Barcelona-Profi wurde Pascal Groß eingewechselt.
Ohne Gündogan fehlte es dem deutschen Spiel an Ballsicherheit, man lief nun häufiger hinterher als noch zu Beginn des Spiels. Das änderte sich auch nach der Pause nicht. Und so kam Frankreich fast zum Ausgleich. Tchouameni zog aus 18 Metern ab, Torwart Marc-André ter Stegen musste sich strecken – und hatte dann Glück, dass Randal Kolo Muani wegrutschte, bevor er zum Nachschuss kam (57.).
Neuer Bundestrainer soll vor USA-Reise gefunden werden
Partie plätscherte dem Abpfiff entgegen, bis ter Stegen einen Schuss von Griezmann (83.) über die Latte lenken musste. Sané schob dann auf der Gegenseite zum 2:0 (86.) ein, Griezmann verkürzte auf 1:2 – zu spät. Schon in vier Wochen steigt die DFB-Elf in den Flieger Richtung USA. Wohl mit einem neuen Bundestrainer und deutlich besserer Stimmung an Bord.
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