Stuttgart. Jan-Lennard Struff bot mit Frances Tiafoe ein spannendes Tennis-Finale in Stuttgart, am Ende war der US-Amerikaner zu stark.
Nach dem Tiebreak-Drama ohne Happy End pustete Jan-Lennard Struff erst einmal kräftig durch und musste seine Enttäuschung sacken lassen. Der deutsche Tennis-Hoffnungsträger hat in Stuttgart nach einem vergebenen Matchball die Krönung einer famosen Tennis-Woche verpasst. Trotz einer erneut starken Leistung verlor der 33 Jahre alte Sauerländer am Sonntag das packende Endspiel des Rasenturniers 6:4, 6:7 (1:7), 6:7 (8:10) gegen den amerikanischen US-Open-Halbfinalisten Frances Tiafoe.
Vor gut 5000 Zuschauern auf dem ausverkauften Centre hatte Struff im Tiebreak des dritten Satzes einen eigenen Matchball, den Tiafoe abwehrte. „Es tut richtig weh, das Match vor deutschem Publikum zu verlieren“, sagte Struff nach der hauchdünnen Niederlage, stellte in seiner Rede nach dem „unfassbar engen“ Match aber auch fest: „Es war eine wunderschöne Woche für mich. Heute war eine unfassbare Stimmung, vielen Dank für die Unterstützung. Es hat mir unglaublich viel bedeutet.“ Tiafoe bejubelte derweil seinen Triumph: „Ein unglaubliches Match“, sagte er.
Struff wartet auch nach seinem dritten Finale auf den ersten Titel auf der ATP-Tour. Dennoch reist der Warsteiner mit einem Erfolgserlebnis zum nächsten Turnier im westfälischen Halle in der neuen Woche, bei dem auch French-Open-Halbfinalist Alexander Zverev in die Rasensaison einsteigen wird.
Struff ist kurz vor Wimbledon in Topform
Zwei Wochen vor Wimbledon ist der Sauerländer in Topform. Seine Final-Teilnahme spülte ihn in der Weltrangliste vor dem Grand-Slam-Turnier vom 3. bis 16. Juli noch einmal um drei Ränge nach oben. Struff toppt seine Bestmarke (24.) und wird als 21. wieder die deutsche Nummer eins - vor Olympiasieger Zverev. „Er spielt wirklich Weltklasse momentan“, sagte Tennis-Legende Boris Becker, der auf der Tribüne vergeblich die Daumen drückte, der Deutschen Presse-Agentur: „Ich sehe keine Grenze.“
Bei Temperaturen um die 30 Grad Celsius war Struff einen Tag nach seinem Halbfinale am Samstag gegen den Polen Hubert Hurkacz im ersten Satz der bessere Spieler. Entschlossen beschleunigte er die Grundschläge und konterte bei 3:3 die Aufschläge von Tiafoe dreimal so gut, dass er sich das Break holte. Dass er sich mehrere Doppelfehler beim Aufschlag leistete, wirkte sich nicht negativ aus.
Die Wucht in der Vorhand und in den Aufschlägen war auch für Tiafoe teils zu stark. Gegen den „brutalen Athleten“ (Struff) behielt der Warsteiner bei engen Spielständen lange die Nerven - wie auch bei 4:5 im zweiten Durchgang, als er drei Satzbälle von Tiafoe abwehrte. Der US-Amerikaner steigerte sich aber, im Tiebreak war Struff chancenlos.
Auch für Struff war es eine besondere Woche
Die Zuschauer wollten ihn zum Sieg treiben, einen deutschen Gewinner auf dem Weissenhof hatte es schließlich seit 1991 nicht mehr gegeben, als Michael Stich auf einem Sandplatz gewann. Doch der neue Weltranglisten-Zehnte Tiafoe (25) war am Ende zu stark. Als Finalist bleibt ihm ein Preisgeld von 63 740 Euro. Für Struff war es auch deswegen eine besondere Woche, weil seine Familie ihn mit den beiden Söhnen nach Stuttgart begleitete.
Struffs „unglaublicher Lauf“ (Becker) hatte den Sauerländer vor sechs Wochen bis ins Endspiel von Madrid geführt, nachdem er zuvor bei dem Masters-1000-Turnier als Qualifikant gescheitert war. Auch in München 2021 hatte er ein Endspiel verloren.
„Ich glaube, dass er mit 33 mehr weiß, wer er ist, er steht im Leben“, erklärte Becker Struffs Topform. „Es gibt keinen Grund, warum er das nicht so noch zwei, drei Jahre weiterspielen soll“, sagte Becker. (dpa)