Paris. Alexander Zverev hat das Finale bei den French Open verpasst. Gegen Casper Ruud kassiert er Olympiasieger am Ende eine Lehrstunde.
Alexander Zverev wischte sich enttäuscht über die Augen und packte blitzschnell seine Tasche. Der Tennis-Olympiasieger hat die große Chance vom Endspiel bei den French Open unerwartet deutlich verspielt und muss weiter auf seinen ersten Titel bei einem Grand-Slam-Turnier warten. Der 26-Jährige unterlag am Freitag im Halbfinale dem Norweger Casper Ruud klar mit 3:6, 4:6, 0:6 und kassierte am Ende eine heftige Klatsche.
Nach der schweren Knöchelverletzung im Vorjahr verlor Zverev damit auch sein drittes Halbfinale in Serie beim Sandplatzklassiker in Paris. Der 26-Jährige konnte im Duell mit dem Weltranglistenvierten in 2:09 Stunden nicht an seine vorherigen Leistungen anknüpfen und ließ zahlreiche Möglichkeiten ungenutzt. Zverev wäre der erste deutsche Finalist bei den French Open seit Michael Stich 1996 gewesen.
Ruud nun gegen Djokovic
Der 24 Jahre alte Ruud trifft im Endspiel am Sonntag nun auf den Serben Novak Djokovic, der Carlos Alcaraz aus Spanien nach großem Drama mit 6:3, 5:7, 6:1, 6:1 bezwang und nur noch einen Sieg vom alleinigen Grand-Slam-Rekord entfernt ist. Alcaraz wurde im dritten Satz von Krämpfen im ganzen Körper geplagt und konnte sich danach kaum noch richtig bewegen. „Es tut mir sehr leid für ihn“, sagte Djokovic mitfühlend. „Er wird dieses Turnier noch viele, viele Male gewinnen.“
Der 36-Jährige würde mit seinem 23. Grand-Slam-Titel seinen spanischen Dauerrivalen Rafael Nadal, der dieses Jahr in Paris fehlt, hinter sich lassen. Zverev jagt hingegen vorerst weiter vergeblich seinem Premierentriumph bei einem der großen vier Turniere hinterher. Schlüssel zur Niederlage: Gegen Ruud konnte der Hamburger nur eine seiner insgesamt neun Breakchancen verwerten.
Bilanz gegen die "Großen" ist schwach
In Paris deutete der frühere Weltranglistenzweite nach seiner schweren Knöchelverletzung und einem bislang schwierigem Comebackjahr phasenweise an, dass er wieder auf früherem Spitzenniveau spielen kann. Doch etwas fehlt noch - Zverevs Bilanz gegen die stärksten Gegner auf großer Bühne ist weiterhin schwach. In nun 13 Duellen mit Spielern aus den ersten Zehn der Weltrangliste bleibt es bei nur einem einzigen Sieg: Im Viertelfinale der French Open 2022 gegen Alcaraz. Gegen den spanischen Youngster hatte Ruud bei den US Open im Finale verloren - für den Norweger geht es nun um seinen ersten großen Titel.
Der Start von Zverev misslang komplett: Er gab direkt seine ersten beiden eigenen Aufschlagspiele ab, suchte vergeblich den Rhythmus. Zwar gelang auch ihm zwischenzeitlich ein Break, doch durch zu viele leichte Fehler brachte er sich zunächst um seine Chancen. „Es war ein langsamer Start von Sascha“, sagte Bruder Mischa als Eurosport-Experte. Schnell stand es 2:5. Langsam gewann Zverev zwar etwas Sicherheit, erarbeitete sich auch noch eine Breakchance zum Verkürzen. Durch eine verschlagene Vorhand war der erste Durchgang jedoch nach 47 Minuten weg.
Ohne große Emotionen
Bereits in der dritten Runde gegen den Amerikaner Frances Tiafoe musste Zverev einem Satzrückstand hinterherlaufen. Doch diesmal gelang keine Wende. Beim 2:1 im zweiten Durchgang verspielte Zverev gleich drei Breakchancen in Serie, stattdessen gab er den eigenen Aufschlag zum 3:4 ab. Auf Russisch schimpfte Zverev in Richtung seines Anhangs auf der Tribüne. Stabil spulte Ruud sein Spiel hingegen weiter ohne große Emotionen ab, mit einer Vorhand die Linie entlang holte der 24-Jährige auch den zweiten Durchgang. Missmutig trottete Zverev zur Toilettenpause in die Katakomben.
Im Gegensatz zur elektrisierenden Atmosphäre in den ersten beiden Sätzen des Generationen-Duells von Djokovic mit Alcaraz waren die Ränge des Court Philippe-Chatrier nur zu rund zwei Dritteln gefüllt. Und große Comeback-Stimmung wollte nicht mehr aufkommen. Erneut verlor Zverev die ersten beiden Aufschlagspiele - nur wenig später war das Match vorbei.
Im ersten Halbfinale lieferten Djokovic und Alcaraz zuvor die erhoffte große Show ab. Doch nach knapp zweieinhalb Stunden konnte der Spanier sich kaum noch bewegen. „Der erste und zweite Satz waren wirklich, wirklich intensiv. Mein Arm hat dann angefangen zu krampfen. Am Anfang des dritten Satzes begann ich, in jedem Teil meines Körpers, nicht nur in den Beinen, Krämpfe zu bekommen“, sagte Alcaraz. (dpa)