Hamburg. Oliver Bierhoff zieht persönliche Konsequenzen aus dem erneuten WM-Debakel. Für seine Nachfolge gibt es prominente Kandidaten.
Wenige Stunden nach dem Aus von Oliver Bierhoff beim DFB läuft die Suche nach seinem Nachfolger bereits auf Hochtouren. Gehandelt werden gleich mehrere Alphatiere – die Liste reicht von Fußball-Ikonen wie Matthias Sammer über Rekordnationalspieler Lothar Matthäus bis zu Hertha-Geschäftsführer Fredi Bobic.
Alle drei kolportierten Kandidaten haben eine Gemeinsamkeit: Sie sind in der Öffentlichkeit für ihre meinungsstarken Auftritte bekannt und könnten dem DFB das von allen Seiten geforderte neue Gesicht geben.
Da Bierhoff fast zwei Jahrzehnte in verschiedenen Funktionen beim DFB wirkte und die Verbandsstrukturen wie nie zuvor an die Arbeit des 54-Jährigen angepasst wurden, scheint eine 1:1-Lösung schwierig und offenbar auch nicht angestrebt zu werden. Stattdessen könnten die Aufgaben des zuletzt als Geschäftsführers Akademie und Nationalmannschaft tätigen Managers aufgeteilt werden.
Bierhoff-Nachfolge beim DFB: Sammer oder Matthäus?
Matthias Sammer (55) war schon einmal Sportdirektor beim DFB (2006 bis 2012), den FC Bayern riss er im Anschluss aus der Lethargie der zweiten Plätze. Der Berater von Borussia Dortmund genießt in der Branche hohes Ansehen, sein Name wird entsprechend oft genannt. Sammer soll laut der ARD-„Sportschau“ bereit für eine Rückkehr zum DFB sein. Alle Ämter, wohl auch das des Sportdirektors, würde er selbst aber nicht mehr besetzen, sagte er zuletzt bei MagentaTV.
Rekordnationalspieler Lothar Matthäus (61) hatte sich zuletzt für Sammers Engagement beim DFB starkgemacht – und gilt nun selber als Kandidat auf Bierhoffs Nachfolge. Matthäus wäre das bekannteste Gesicht der Vergangenheit für die Zukunft des DFB. Der Weltmeister von 1990 arbeitet auch als TV-Experte und Kolumnist. Er ist als Botschafter eng mit dem Weltverband Fifa verbandelt.
Interessanterweise spielte Sammer den Ball bereits zurück und schlug seinerseits Matthäus als neuen DFB-Manager vor. Doch dieser sieht eine feste Aufgabe im Verband eher skeptisch. Er sei „zu weit weg vom DFB“ und habe aufgrund anderer Verpflichtungen „auch gar keine Zeit“. Für Matthäus ist aber klar, dass über die Neuausrichtung nicht nur der innere Kreis des DFB bestimmen sollte, wo alles „Friede, Freue, Eierkuchen“ sei.
Beerbt ein Rio-Weltmeister Bierhoff?
Aus der goldenen Rio-Generation bieten sich mehrere Spieler an, die auf dem Sprung ins Management sind – oder dort schon wirken. Alle haben noch Verbindungen in die DFB-Auswahl, spielten teilweise noch mit den aktuellen Nationalspielern zusammen. Sami Khedira (35) arbeitet als enger Berater der Vereinsspitze des VfB Stuttgart, Per Mertesacker (38) leistete beim FC Arsenal in der Nachwuchsarbeit hervorragende Arbeit.
Benedikt Höwedes (34) war auch bei der Katar-WM als Trainee von Bierhoff im Einsatz. Weltmeister-Kapitän Philipp Lahm (39) ist als Turnierchef der Heim-EM schon eng in die Verbandsarbeit eingebunden und scheint für die Zukunft eher ein Mann für präsidiale Aufgaben.
Folgt Bobic auf Bierhoff beim DFB?
Ein Kandidat soll laut dem „Kicker“ auch Bundesliga-Manager Fredi Bobic sein. Der 51-Jährige hatte bei Eintracht Frankfurt bewiesen, dass er aus wenig enorm viel gestalten kann, bei Hertha BSC läuft das bislang eher schleppend. Zieht es Bobic nun zum DFB?
Ex-Nationalspieler Thomas Hitzlsperger (40) arbeitet aktuell als DFB-Botschafter für Vielfalt und stünde als eine Art Sportdirektor auch für einen Neustart. DFB-Vizepräsidentin Célia Šašić ist seit März offiziell für Gleichstellung und Diversität zuständig, hätte als ehemalige Nationalspielerin aber auch das Know-how, um jederzeit in den sportlichen Bereich einzugreifen.
Bierhoff-Aus beim DFB: Was wird aus Flick?
Derweil rücken zunehmend einzelne Puzzleteile über die genauen Beweggründe für Bierhoffs Aus beim DFB ans Tageslicht. Einem Bericht der ARD-„Sportschau“ zufolge soll es bei einem Gespräch, an dem auch DFL-Aufsichtsratschef Hans-Joachim Watzke (qua Amt Vizepräsident des DFB) teilnahm, darum gegangen sein, Bierhoff den Bereich Nationalmannschaft zu nehmen. Für die DFB-Akademie sollte dieser demnach hingegen zuständig bleiben. Dies habe Bierhoff aber abgelehnt.
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Ungeachtet dessen ist die Zukunft von Bundestrainer Hansi Flick weiterhin offen. Bei dem von DFB-Präsident Bernd Neuendorf für Mitte dieser Woche anvisierten Krisengipfel wird Flick die Gründe für das Scheitern bei der WM wohl allein erklären müssen.
Sollte der Ex-Bayern-Coach im Amt bleiben, könnte ihm nun auch ein sportlicher Leiter zur Seite gestellt werden. Die Rolle einer Art Manager hatte auch Bierhoff in seinen DFB-Anfangsjahren ausgefüllt. Einer der 2014er-Weltmeister mit öffentlicher Strahlkraft wäre denkbar.