Hamburg. Torsten Burmester, neuer Vorstandschef des Deutschen Olympischen Sportbunds, erläutert beim Abendblatt-Besuch seine Ziele.

Es braucht nur wenige Minuten, um zu verstehen, wie die Pandemie, deren Folgen ihn seit Monaten beruflich auf Trab halten, Torsten Burmester auch persönlich eingeschränkt hat. Der Mann, der seit dem 1. Februar den Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) als Vorstandsvorsitzender anführt, ist einer, der das soziale Miteinander schätzt.

Einer, der seine Visionen mit seinen Mitarbeitenden teilen und deren Reaktionen live erleben will, weil er sich als Teamplayer versteht. Und, das wird bei seinem Antrittsbesuch in der Redaktion des Abendblatts schnell deutlich: Er ist einer, der die Baustellen des nationalen Dachverbands erkannt hat und nun mit Verve daran arbeiten möchte, sie zu schließen. Und der glücklich ist, dass all das wieder in Präsenz möglich ist.

DOSB: Burmester will das Image verbessern

„Der Ruf des DOSB ist angeschlagen, wir müssen unser Image verbessern. Das geht nur durch ehrliche und inhaltlich gute Arbeit“, sagt er auf die Frage nach der Zustandsbeschreibung seines neuen Arbeitgebers. Angesichts der internen Verwerfungen des vergangenen Jahres, als der damalige Präsident Alfons Hörmann in einem anonymen Brief bezichtigt worden war, ein Klima der Angst geschaffen zu haben, im Zuge dessen zurücktrat und auf der Mitgliederversammlung Anfang Dezember durch Thomas Weikert ersetzt wurde, mag das keine überraschende Einschätzung sein.

So deutlich würde sie allerdings längst nicht jeder führende Funktionär äußern. Und mit der Kunst, wortreich wenig Sub­stanzielles zu sagen, hat Torsten Burmester durchaus Bekanntschaft gemacht, wie sein Blick auf seine berufliche Vita zeigt. Von 2005-2011 war er stellvertretender Abteilungsleiter Sport im Bundesinnenministerium (BMI), zuvor wirkte er drei Jahre als persönlicher Referent des damaligen Bundeskanzlers Gerhard Schröder. Danach leitete er im Wirtschaftsministerium Nordrhein-Westfalens die Abteilung Wirtschaftsrecht, ehe er über das Generalsekretariat im Deutschen Behindertensportverband (DBS) zum DOSB kam.

Veronika Rücker wechselte zum Deutschen Tennis-Bund

Burmester ist Nachfolger von Veronika Rücker, die ebenfalls im Zuge der internen Krise aus dem Amt schied und Anfang Juli als Sportdirektorin zum Deutschen Tennis-Bund (DTB) nach Hamburg wechselt. In seinem neuen Amt will er mit klarer Kommunikation überzeugen, ohne dabei den Eindruck zu vermitteln, alles anders machen und alles besser wissen zu wollen. „Mir ist ganz wichtig, den Austausch mit unseren Mitgliedsverbänden zu intensivieren und alle Mitarbeitenden einzubinden“, sagt er. Deshalb hat er in den ersten Monaten versucht, so viele Gespräche wie möglich zu führen, hat das Format der „virtuellen Kaffeetasse“ dort eingeführt, wo der persönliche Kontakt angesichts der Terminenge oder räumlichen Trennung nicht möglich war.

Dass ein erneuter anonymer Brief die Umstände seiner Einstellung kritisierte, hat ihn einerseits geärgert, „weil ich diese Art der Kritik nicht für das richtige Mittel halte“. Inhaltlich setze er sich dennoch damit auseinander, „weil ich alle mitnehmen möchte. Ich bin nicht naiv und weiß, dass es immer Widerstände geben wird. Aber das Thema Wertschätzung ist mir in vielen Gesprächen als extrem wichtiges Feld aufgezeigt worden, und ich möchte die Ergebnisse aus der Kulturanalyse, die es im vergangenen Jahr gegeben hat, in die Tat umsetzen“, sagt er.

Bewältigung der Pandemiefolgen im Fokus

Torsten Burmester weiß auch, dass der DOSB nicht nur um sich selbst kreisen darf. Viele Themen drängeln sich an der Spitze der Agenda, ganz oben steht die Bewältigung der Pandemiefolgen in den rund 90.000 Mitgliedsvereinen. „Der Rückgang der Mitgliederzahl bei Frauen im Alter zwischen 30 und 50 Jahren, aber auch die Verluste im Bereich der Übungsleitenden, wo wir während der Pandemie 40 Prozent weniger ausbilden konnten, sind gravierend. Da müssen wir besser werden“, sagt er. Ein 25-Millionen-Euro-Paket für den Neustart des Breitensports wurde Ende Mai auf den Weg gebracht.

Ebenso wichtig ist der Kampf um die Erhöhung der Bedeutung des Sports für die Gesellschaft. Die Beziehungen zur Politik signifikant zu verbessern, daran arbeitet die neue DOSB-Spitze seit Monaten. Die 500 Millionen Euro zur Unterstützung des Breiten- und Vereinssports, die der Haushaltsausschuss des Bundes im Mai zugesagt hat, mögen als wichtiges Zeichen der Annäherung gedeutet werden. Mit dem Eckpunktepapier, in dem der Dachverband neun Handlungsfelder identifiziert hatte, wurde eine Grundlage für weitere Verhandlungen gelegt. Die Forderung nach einem Bewegungsgipfel, die DOSB und Sportjugend im März erhoben hatten, hat die Politik indes noch nicht erhört.

„Bei der Reform läuft einiges nicht so wie erhofft"

Was den Leistungssport angeht, sind die 2016 angeschobene Leistungssportreform und ein erneuter Anlauf auf eine Olympiabewerbung die wichtigsten Themen. Torsten Burmester will dazu jedoch zunächst intensiv intern diskutieren lassen, um Meinungsbilder zu erarbeiten. „Bei der Reform läuft einiges nicht so wie erhofft, hier müssen wir eine Evaluation vornehmen und gemeinsam diskutieren, welchen Leistungssport wir in Deutschland wollen“, sagt er.

Konkret bedeutet dies zu ergründen, ob das sehr breit aufgestellte Fördersystem beibehalten werden oder eine Verengung auf weniger Sportarten forciert werden soll. Eine erneute Olympiabewerbung müsse von der Breite der Gesellschaft getragen werden. Dazu müsse analysiert werden, woran vorangegangene Versuche gescheitert waren und wie ein zukunftsfähiges Konzept aussehen könne. An der Diskussion, ob künftig nicht nur eine Stadt, sondern ein Land als Ausrichter infrage kommen könne, will sich der DOSB aktuell nicht beteiligen.

DOSB: Burmester will sich die Neugier bewahren

Offen für Veränderung sein und sich die Neugier bewahren, das sei sein Credo, sagt Torsten Burmester, der seinen Führungsstil als „Leading by walking“ beschreibt – also immer in Bewegung zu sein. Seine Sozialisation im Sport fand in der Handballabteilung des Remscheider TV statt, Mitglied ist er aktuell beim FC Rheinsüd in seiner Heimatstadt Köln, wo seine beiden Töchter Fußball spielen.

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Und im Kleingartenverein Bismarckhain in Gelsenkirchen – aber nicht, um seinen grünen Daumen zu kultivieren, sondern besser an Karten für die Spiele seines Lieblingsclubs Schalke 04 zu kommen, bei dem die Kleingärtner als offizieller Fanclub registriert sind. Vielleicht ist es diese Mischung aus Verbindlichkeit und zielgerichtetem Denken, mit der Torsten Burmester den DOSB in eine stabile Zukunft führen kann.