Paris. Eine Verletzung ließ den 25-jährigen Olympiasieger aus den French Open ausscheiden. Auch Wimbledon scheint nun gefährdet.
Alexander Zverev schrie, weinte – und er verabschiedete sich an Krücken. Der deutsche Tennis-Olympiasieger hat das Finale der French Open wegen einer Verletzung auf dramatische Weise verpasst. Der 25 Jahre alte Weltranglistendritte aus Hamburg lieferte dem spanischen Grand-Slam-Rekordchampion Rafael Nadal an dessen 36. Geburtstag große Gegenwehr – bis er schwer umknickte. Zverev musste im Halbfinale beim Stand von 6:7 (8:10), 6:6 aufgeben. Sein Traum vom ersten deutschen Grand-Slam-Sieg seit 1996 bleibt unerfüllt.
„Sascha weint nie. Nie!“, sagte Zverevs schockierter Bruder Mischa bei Eurosport. „Wir hoffen auf das Beste, was die Prognose angeht.“ Zverev wurde im Rollstuhl vom Platz geschoben, kam noch einmal auf Krücken zurück, umarmte Rafael Nadal und schüttelte dem Schiedsrichter die Hand. Dann humpelte er unter dem Applaus des Publikums vom Court Philippe Chatrier. Seine Hoffnung auf den zweiten Finaleinzug seiner Karriere bei einem Majorturnier nach den US Open 2020, bei denen er den Titel knapp verpasste, war geplatzt.
French Open: Zverev und der geplatzte Traum vom Grand-Slam-Sieg
„Das ist wirklich sehr hart, er hat unglaublich gespielt. Ich weiß, wie sehr er um einen Grand-Slam-Sieg kämpft. Ich bin mir sicher, er wird mehr als einen gewinnen“, sagte Nadal. Der Rekordsieger peilt in Roland Garros seinen 14. Titel an und ist zweitältester Finalist, nur der US-Amerikaner Bill Tilden war 1930 mit 37 Jahren noch älter. „Für mich wird mit dem erneuten Finaleinzug ein Traum wahr“, sagte Nadal: „Aber ich war gerade bei ihm in dem kleinen Raum. Ihn weinen zu sehen, ist wirklich ein schwerer Moment. Ich hoffe, es ist nichts gebrochen.“ Zverevs Start in Wimbledon (ab 27. Juni) erscheint akut gefährdet angesichts der vermutlich schweren Bänderverletzung, die er sich zugezogen hat.
Nadal trifft im Endspiel am Sonntag (15 Uhr Eurosport) als Favorit auf den Norweger Casper Ruud oder Marin Cilic aus Kroatien. Zverev erhält dagegen nicht die Gelegenheit, als erster Deutscher überhaupt in der Open Era (seit 1968) den Titel in der französischen Hauptstadt zu gewinnen und damit auch an die Spitze der Weltrangliste zu springen. Ins Endspiel schaffte es bislang einzig Michael Stich 1996. Aus demselben Jahr resultiert der bis dato letzte deutsche Grand-Slam-Sieg von Boris Becker in Melbourne.
Die deutsche Nummer eins, vor dem Turnierbeginn aufgrund der bislang wechselhaften und titellosen Saison nicht zu den absoluten Favoriten gezählt, warf mit einem Prestigeerfolg gegen Wunderkind Carlos Alcaraz den Hut in den Ring – und konnte im Duell mit Nadal zunächst an die famose Vorstellung anschließen. Zverev dominierte mit großer Power von der Grundlinie, nahm Nadal sofort den Aufschlag ab und zog auf 4:2 davon.
Auch interessant
Auch interessant
Dann verlor er plötzlich seine Sicherheit und Überzeugung und Nadal zog vorbei. Beim 4:5 wehrte Zverev nervenstark drei Satzbälle ab und verdiente sich im Tiebreak vier Chancen auf den Gewinn des Durchgangs. Dennoch schnappte sich sein Kontrahent nach 92 Minuten die Satzführung, womit die Aufgabe noch schwieriger wurde.
Auch im zweiten Satz wechselten sich Weltklasse-Aktionen mit überraschenden Fehlern ab. Sinnbildlich war eine sensationelle Rallye über 44 Schläge, die Zverev schließlich unnötig verlor. Er schaffte dann ein Break zum 5:4, leistete sich aber drei Doppelfehler und holte somit Nadal zurück. Der Satz ging in die finale Phase, als Zverev bei der Jagd nach einem Ball das Gleichgewicht verlor.
Coco Gauff kann in Paris die Titel im Einzel und im Doppel gewinnen
In der Damen-Konkurrenz steht die US-Amerikanerin Coco Gauff (18) gleich in zwei Finals: Zunächst am Sonnabend im Einzel (15 Uhr/Eurosport) gegen die Weltranglistenerste Iga Swiatek (21/Polen), dann am Sonntag (11.30 Uhr) im Doppel mit Landsfrau Jessica Pegula (28). Nach dem 6:4, 7:6 (7:4)-Halbfinalsieg über das zweite US-Duo Madison Keys (27) und Taylor Townsend (26) am Freitag treffen sie dort auf die Französinnen Caroline Garcia (28) und Kristina Mladenovic (29), die sich gegen Jelena Ostapenko (24/Lettland) und Ludmila Kitchenok (29/Ukraine) mit 2:6, 6:4, 6:2 durchsetzten.
Gauff wirkt reif, erwachsen, wenn sie nun darüber spricht, dass sie sich anfangs zu hohe Erwartungen aufgebürdet hatte: „Jetzt bin ich definitiv bereit. Aber ich setze mich nicht unter Druck zu gewinnen.“ Ihr gelingt es offenbar mittlerweile blendend, ihre Karriere als Sportlerin richtig einzuordnen. Für Gauff, die mit ihren Eltern mit sieben Jahren nach Florida zog, gibt es nicht (mehr) nur Tennis. Sie nutzt ihre Popularität auch dafür, gesellschaftliche Probleme zu adressieren. In Paris schrieb sie nach dem Halbfinale gegen Martina Trevisan (28/Italien) ein Zeichen für Frieden und gegen Waffengewalt in den USA auf die Linse einer TV-Kamera und sprach auch auf der Pressekonferenz ausführlich darüber.
Hauptfokus in Paris auf Sport gerichtet
Der Hauptfokus in der französischen Hauptstadt bleibt aber ohne Frage auf den Sport gerichtet. Und da nimmt es Gauff gegen Swiatek nicht nur mit einer ebenso interessanten Persönlichkeit auf, sondern vor allem auch mit der überragenden Spielerin der Saison, die 34 Matches in Serie gewonnen hat.