New York. Nach dem frühen Aus bei den US Open ärgert sich der Altstar über taktische Mätzchen seines Gegners. Zwei Deutsche können ihn verstehen.
Sir Andy war „not amused“, und das ließ der Tennis-Adlige aus Großbritannien die Welt wissen. „Das ist ein verdammter Witz“, schimpfte der dreimalige Grand-Slam-Champion mit der künstlichen Hüfte. In einem packenden Erstrundenthriller bei den US Open hatte Andy Murray gegen den favorisierten Stefanos Tsitsipas gerade den 2:2-Satzausgleich kassiert – doch das war es nicht, was ihn auf die Palme brachte.
Der Schotte ärgerte sich viel mehr wie wild über eine der langen Pausen, die seinem Kontrahenten schon in den vergangenen Wochen viel Kritik eingebracht hatten. „Was hat er da gemacht? Ich habe noch nie so lange gebraucht, um auf die Toilette zu gehen“, sagte der sichtlich erboste Murray zum Schiedsrichter und motzte munter weiter.
Rund acht Minuten war Tsitsipas, Nummer drei der Setzliste, in den Katakomben verschwunden. Bis dahin hatte ihm Murray einen denkwürdigen Kampf geliefert, der verletzungsgeplagte Routinier war über weite Strecken der Partie der bessere Spieler und rief Erinnerungen an seine großen Triumphe in Wimbledon, New York und bei den Olympischen Spielen wach. Erst Tsitsipas' lange Pause brachte ihn aus dem Rhythmus.
Murray über Tstsipas: „Habe Respekt vor ihm verloren“
Die Unterbrechung, das erklärte Murray später, habe er mental wegstecken können. Das größere Problem sei der körperliche Effekt gewesen: „Man kühlt einfach ab, wenn man solch ein brutales Match spielt und dann plötzlich sieben, acht Minuten stoppt.“ Vor allem mit einer Hüfte aus Metall.
Schon nach dem dritten Satz hatte sich der Grieche ohne erkennbaren Grund behandeln lassen. „Er ist ein brillianter Spieler und großartig für das Spiel, aber ich habe keine Zeit für solche Mätzchen“, sagte Murray nach der Fünfsatz-Niederlage: „Ich habe den Respekt vor ihm verloren.“
Tsitsipas ist dafür bekannt, dass er sich während Matches schon mal taktische Pausen nimmt, zuletzt hatte sich auch Alexander Zverev nach einem dramatischen Halbfinale in Cincinnati darüber beschwert. „Ich mag es, mit Tennis zu gewinnen und mit Tennis zu verlieren. Manche Spieler halt nicht“, hatte Zverev nach dem Match gesagt. Aber Tsitsipas hatte auch recht mit seiner Aussage: „Ich habe keine Regeln gebrochen.“
Dehnbare Regeln sorgen für Diskussionen
Und er ist längst nicht der einzige Profi, der mal kurz oder auch länger verschwindet. Als der Grieche im Finale der French Open zwei Sätze gegen Tour-Dominator Novak Djokovic vorne lag, ging der Serbe raus, sammelte sich und spielte plötzlich mit neuen Kräften auf. Solange die Statuten keine zeitlichen Grenzen vorsehen, werden die Diskussionen anhalten.
Andrea Petkovic und Angelique Kerber können Murrays Ärger verstehen. „Generell ist es eine Taktik geworden, die die jungen Spieler anwenden“, sagte Petkovic. Sie und Kerber würden „eher mit gebrochenem Finger weiterspielen“, als minutenlang während eines Matches zu verschwinden. Sir Andy käme ohnehin nie auf eine solche Idee – trotz seiner Schmerzen in der Hüfte.