Hamburg. In Ruhe seine Bahnen ziehen, das geht auch im Meer und in Seen – drei Hamburgerinnen nennen die schönsten Orte im Norden.

Das Gras am Ufer des Badesees in Appen ist feucht, genau wie die Luft an diesem schwülwarmen Sommernachmittag. Aber den drei Frauen, die sich gerade in ein Handtuch gehüllt und auf die Wiese am Ufer gehockt haben, kann das alles nichts anhaben. Sie lieben es, am Wasser zu sein und überhaupt die wärmeren Temperaturen, auch wenn das Schwüle bedeutet – weil sie dann draußen schwimmen können und nicht drinnen, mit einer Decke über dem Kopf und Chlorgeruch in der Nase.

Klar, es hat alles seine Vor- und Nachteile. Aber Freiwasserschwimmen? Das ist wirklich anders. Anders, als im Becken seine Bahnen zu ziehen, die Kacheln zu zählen und am Ende auf die Stoppuhr am Beckenrand zu schauen. „Jo“, sagen die drei Frauen, schauen sich an und nicken.

Hamburger Schwimmerinnen verraten die schönsten Badeseen

Petra Seemann-Becker (54), Bente Wiemer (40) und Corinna von Appen-Wehde (56) sind Hamburger Schwimmerinnen, sie sind in der Bundesliga gestartet und in der Nationalmannschaft, heute ist das schon ein bisschen her. Aber genau das ist der Grund, warum sie ihrem Sport bis heute treu geblieben sind: Er hat sie schon als Kinder gepackt. Heute treten sie für den SV Poseidon bei Mannschafts-Wettkämpfen an.

An diesem Nachmittag sitzen die drei Frauen am Badesee Appen-Etz, schauen aufs Wasser und haben dabei diesen Alles-ist-doch-gut-so-wie-es-ist-Blick im Gesicht. Nach dem Interview werden sie zu dritt noch ein paar Runden drehen. „Draußen zu schwimmen, in der Natur, ich liebe das einfach“, sagt Petra Seemann-Becker. „Sich der Natur auszusetzen, den Elementen. Das ist für mich Freiheit.“ Die beiden anderen nicken.

Die wichtigste Regel: Immer nah am Ufer schwimmen

Bente Wiemer trägt einen schwarzen Neoprenanzug, genau wie Petra Seemann-Becker. Nur Corinna von Appen-Wehde trägt einen Badeanzug. Wie die Freundinnen bestätigen: durchgehend. Im Frühling, im Sommer, im Herbst – und im Winter. Auch bei 0,3 Grad, so kalt war das Wasser im Winter, als Von Appen-Wehde tatsächlich noch einmal untertauchen wollte, über Wochen hatte sie sich darauf vorbereitet. „Das kostet tatsächlich Überwindung. Da muss man im Herbst anfangen und es durchgehend machen“, sagt die 56-Jährige. Die beiden anderen Frauen grinsen.

Was man dazu wissen muss: Corinna von Appen-Wehde hat erst mit Anfang 50 das Freiwasserschwimmen begonnen – und kommt inzwischen nicht mehr davon los. „Im Becken ist es oft hektisch, man schaut auf die Uhr, gerade bei Wettkämpfen. Aber draußen achte ich auf mich, schwimme mein Tempo, schaue, dass es mir gut geht. Damit ich nicht irgendwann unterwegs denke: Wo ist denn jetzt der Beckenrand?“

Freiwasserschwimmen zunächst ungewohnt

Der Badesee Appen Etz
Der Badesee Appen Etz © HA Grafik, HA Infografik, F. Hasse | T. KühnFrank Hasse

Es ist ein Gefühl, das auch Neueinsteiger kennen – dieses plötzliche Innehalten auf dem Wasser, bei dem man sich erst einmal neu orientieren muss: Wo ist der Strand, wo ist die Boje? Und wo dazwischen bin ich? Wer das nicht gewohnt ist, kann schnell in Panik geraten. Vor allem, wenn man in diesem Moment mitten in einem Quallenteppich landet, eine kalte Strömung erwischt und einen Krampf bekommt. „Das ist mit Sicherheit die größte Gefahr beim Freiwasserschwimmen“, sagen alle drei unisono: „Dass man denkt, dass alles so ist wie im Becken – und sich dann überschätzt.“

„Man muss sich an vieles gewöhnen am Anfang, ich musste es auf jeden Fall“, sagt Corinna von Appen-Wehde, „zum Beispiel, dass man nicht so viel sieht wie im Becken, manchmal sogar nichts, ich dachte dann immer, dass ich keine Luft mehr bekomme. Ich musste mir antrainieren, dass es mir gefällt.“

Goldene Regeln für das Freiwasserschwimmen

Für Anfänger im Freiwasserbereich haben die drei Frauen deshalb gleich ein paar goldene Faustregeln parat: Niemals allein ins Wasser gehen, vor allem nicht beim ersten Mal – und immer nah am Ufer schwimmen. Der See, an dem sie sitzen, sei zum Beispiel für Einsteiger bestens geeignet: nicht zu groß und nicht zu tief. „Ich würde nie in der Elbe schwimmen“, sagt Bente Wiemer, die selbst einmal ein Kind in den Wellen vor Rostock vor dem Ertrinken gerettet hat. „In Kollmar, wo jetzt mehrere Kinder ertrunken sind, da würde ich nie ins Wasser gehen“, sagt sie – und klopft kurz auf die Boje, die neben ihr im Gras liegt.

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Alle drei haben dieses leuchtende Luftkissen dabei, das über eine Schnur direkt mit ihrem Köper verbunden ist und immer eine leuchtende Farbe hat. Autoschlüssel, Portemonnaie oder Handy können darin wasserfest versiegelt werden. Dieses Schwimmgerät, sagen Wiemer, Seemann-Becker und von Appen-Wehde, sei das Wichtigste überhaupt. Nicht nur, weil man sich im Notfall daran festhalten kann. Sondern weil man dadurch im Wasser gesehen wird – vor allem von Motorbootfahrern. „Na klar, der Verkehr auf dem Wasser hat zugenommen. Da müssen wir aufpassen, dass wir nicht über den Haufen gefahren werden“, sagt Bente Wiemer.

Wie kommt man zum Badesee Appen-Etz?

Am besten mit dem Auto. Auf die A 7 Richtung Norden, dann die A 23 Richtung Husum/Heide. Der Parkplatz zum See ist nicht leicht zu finden. Wer im Navigationsgerät „Parkplatz 25482 Appen“ eingibt, dürfte ans Ziel kommen.

Wen trifft man da?

Das typische Badeseepublikum – Familien, Hunde, SUPper.

Wohin sonst?

Abgesehen von Appen-Etz gibt es eine Menge anderer Möglichkeiten im Norden: etwa den Oortkatensee im Südosten Hamburgs, auch der Möllner Schulsee ist zum Einstieg gut, weil beaufsichtigt. Außerdem: der Stadtparksee in Norderstedt und Haffkrug an der Ostsee, da kann man die ganze Bucht abschwimmen – mit einer Menge Bojen zur Orientierung.