Frankfurt/Main. Der 1. FC Köln akzeptiert ab Ende August keine Corona-Tests mehr als Nachweis für den Stadionzutritt. Andere Vereine könnten folgen - wie auch die Kritik.
Eine emotionale Debatte über die Zugangsrechte von Ungeimpften in Fußballstadien und steigende Inzidenzen an den Spielorten: Die Fußball-Bundesliga wird das Dauerthema Corona vor dem Start in seine 59. Spielzeit nicht los.
Sie wird sich auch in der dritten aufeinanderfolgenden Saison massiv mit den Einschränkungen der Pandemie befassen müssen. Geisterspiele wird es diesmal zunächst zwar nicht geben, dafür aber eine hitzige Grundsatzdiskussion: Dürfen bald nur noch Geimpfte und Genesene in die Arenen? Oder wird der Zugang auch negativ getesteten Anhängern weiterhin ermöglicht?
Anstoß der Debatte ist eine Neuerung beim 1. FC Köln, der ab Ende August nur noch geimpfte oder genesene Zuschauer in sein Stadion lassen möchte. Bund und Länder werden am Dienstag grundsätzlich über das weitere Vorgehen in der Corona-Pandemie beraten. Einigkeit gibt es in der Koalition nicht. Bremens Bürgermeister Andreas Bovenschulte (SPD) sagte der "Bild"-Zeitung: "Ich halte es für falsch und rechtlich unzulässig, Ungeimpfte vom öffentlichen Leben auszuschließen." Die kontroverse Debatte, was zukünftig für eine Teilnahme nötig ist, wird sich nicht nur, aber auch um Fußballspiele drehen, da dort große Menschenansammlungen möglich sind.
Uneinigkeit
Wie in der Politik herrscht auch unter den Bundesliga-Vereinen Uneinigkeit. Die TSG Hoffenheim ist gegen die von Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) ins Spiel gebrachten Beschränkungen, wonach nur noch Geimpfte und Genesene gewissen Aktivitäten nachgehen können. "Der Zutritt in die Stadien sollte auch für Getestete weiterhin möglich sein. Wir halten nichts davon, aus 3G schleichend ein 2G zu machen", sagt TSG-Geschäftsführer Jan Mayer der "Stuttgarter Zeitung" und den "Stuttgarter Nachrichten".
"Das wäre eine Impfpflicht durch die Hintertür. Wir sollten uns hier nicht für politische Zwecke instrumentalisieren lassen", fügte Mayer an. Die 3G-Regel steht für Geimpfte, Genesene und Getestete - und gilt derzeit bei etlichen Veranstaltungen. Bei 2G sind die negativ getesten Personen nicht mehr inklusive. Dortmunds Vereinsboss Hand-Joachim Watzke hatte jüngst angeregt, warum man nicht ein ganzes Stadion mit ausschließlich Geimpften füllen könne.
Über die Kölner Vorgaben hatten zuvor auch der WDR, der "Kicker" und die "Bild"-Zeitung berichtet. Ausnahmen sollen weiterhin für Kinder und Jugendliche bis 16 Jahren sowie für aus medizinischen Gründen von der Impfung ausgeschlossene Personen gelten. Grundlage ist die Corona-Schutzverordnung von Nordrhein-Westfalen, die auch für Pokalsieger Borussia Dortmund gilt, der bei einer Inzidenz von 35 auch nur noch Geimpften oder Genesenen den Zutritt gewähren wird. Ausgenommen sind Kinder. Unter einer Inzidenz von 35 dürfen nach aktuellem Stand auch negativ Getestete in die Dortmunder Arena.
Impfen beim Training
In Köln rechnen die Verantwortlichen zum ersten Heimspiel gegen Hertha BSC am 15. August mit 16.500 Zuschauern, von denen aber 1000 auch mit einem negativen Corona-Test Zutritt bekommen sollen. "Impfen ist der Schlüssel zurück zu einer veränderten Normalität - ohne den wird es auf Dauer schwierig", zitierte die "Bild"-Zeitung FC-Geschäftsführer Alexander Wehrle. Der Club hatte zuletzt beim Training die Möglichkeit zum Impfen angeboten. Am Mittwoch nahmen 87 Personen das Angebot wahr, wie die Kölner mitgeteilt hatten.
Minister Spahn hatte in einem Interview dem "Münchner Merkur" gesagt, für "essenzielle Dinge wie öffentliche Verkehrsmittel oder den Rathaus- oder Krankenhausbesuch" müsse es weiterhin die Zugangsmöglichkeit nur mit Maske oder Test geben. Aber für "Bereiche, die nicht zur Grundversorgung gehören", könne er sich auch einen Zutritt nur für Geimpfte oder Genesene vorstellen. "Oder einen beschränkten Zugang - dass zum Beispiel zu einem Fußballspiel im Bayern-Stadion 30.000 Geimpfte und dazu noch 2000 Getestete kommen dürfen", ergänzte Spahn.
Steigende Inzidenzen
Im zweiten Corona-Herbst könnte sich schon bald wieder die Frage stellen, wie viele Fans überhaupt in die Stadien dürfen. Die bundesweit steigenden Inzidenzen machen sich auch in den Spielorten bemerkbar. In Mönchengladbach, Wolfsburg und Köln, wo am nächsten Wochenende Bundesliga-Fußball vor Tausenden Fans gekickt wird, ist bei der Sieben-Tage-Inzidenz der kritische Wert von 35 (pro 100.000 in sieben Tagen) inzwischen wieder überschritten. Für den Auftakt Gladbach gegen Bayern am Freitagabend (20.30 Uhr) soll sich an der festgelegten Zuschauerzahl von knapp über 20.000 aber nichts ändern.
Bei Eintracht Frankfurt hatte es jüngst großen Streit gegeben, als das Ministerium auf diese Entwicklung mit einer Reduzierung der Zuschauerzahl von 10.000 auf 5000 reagieren wollte und dies mit dem insgesamt vorsichtigen Kurs begründete. Bei Stadt und Verein regte sich großer Widerstand, die Eintracht drohte sogar mit dem Gang vor Gericht. Das Ministerium relativierte seinen Vorstoß später und ermöglichte für das Testspiel doch noch 10.000 Zuschauer. Alleine dieser Vorgang beweist, wie komplex die Zuschauerdebatte in der Bundesliga in den kommenden Monaten noch werden könnte.
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