Köln/Hamburg. Sie kommentierte mehr als 700 Spiele und ebnete anderen Frauen den Weg. Über die Gründe für ihr Aus spricht die 60-Jährige ganz offen.
Sie war die erste Frau, die live aus einem deutschen Fußballstadion berichtet und damit zahlreichen Kolleginnen den Weg geebnet hat – jetzt beendet Sabine Töpperwien ihre beispiellose Karriere als Sportjournalistin. Wie der WDR am Donnerstag mitteilte, geht die 60-Jährige zum Monatsende aus gesundheitlichen Gründen in den vorzeitigen Ruhestand.
Nach Angaben des Senders, für den sie seit 1989 arbeitete, hatte die im niedersächsischen Seesen geborene Töpperwien insgesamt mehr als 700 Fußballspiele kommentiert, davon knapp 600 in der Bundesliga. Auch beim Uefa-Cup-Sieg der Schalker gegen Inter Mailand 1997 und beim Champions-League-Finale zwischen Dortmund und den Bayern (2013) war sie live zu hören.
Töpperwien laut Buhrow eine "lebende Legende"
„Sabine Töpperwien ist eine Pionierin und eine lebende Legende der deutschen Sportberichterstattung“, sagt WDR-Intendant Tom Buhrow zum Abschied. „Ich werde ihre markante Stimme, ihre leidenschaftlichen Fußball-Kommentare und ihre ausgezeichnete Sport-Kompetenz sehr vermissen.“ Beim öffentlich-rechtlichen Sender arbeitete Töpperwien zuletzt als Campuschefin im crossmedialen Sportressort.
In den 80ern waren ihre damaligen Sportchefs noch der Meinung, sie sollte besser über rhythmische Sportgymnastik berichten. Aber sie wollte Fußball und kam deshalb im Oktober 1989 zum WDR. Sie kommentierte das erste Live-Spiel einer deutschen Frauenfußball-Nationalmannschaft bei der Europameisterschaft 1989 im „Ersten“ – eine Premiere im deutschen Fernsehen.
Töpperwien: Gegenwind von Rehhagel und Daum
„Eine Frau auf dem Heiligen Stuhl des Fußball-Reporters – das könne doch nicht sein, hieß es“, sagt Töpperwien rückblickend. Ihr Bruder Rolf, ebenfalls Sportreporter, habe sie schließlich auf das „Experiment im Haifischbecken“ vorbereitet. Jedes Wort werde auf die Goldwaage gelegt, mahnte er. „Otto Rehhagel entgegnete mir mal, ich hätte doch noch nie den Schweiß einer Kabine gerochen. Und Christoph Daum riet mir, lieber mal meinen Bruder zu schicken“, erinnert sich Töpperwien. „Frauen hatten es lange Zeit viel, viel schwerer im Reportergeschäft. Es war ein steiniger Weg, das zu ändern.“
Neben Fußball berichtete Sabine Töpperwien über zwölf Olympische Spiele, mit großer Leidenschaft auch über Eiskunstlauf und Tischtennis. Von 1980 an spielte sie sogar selbst für den ASC Göttingen mehrere Jahre in der 2. Bundesliga. Neben ihrer Reporterinnen-Aufgabe leitete Töpperwien ab 2001 die WDR-Sportredaktion Hörfunk. 2006 war sie Teamchefin Hörfunk der ARD bei der Fußball-WM in Deutschland.
Sabine Töpperwien erhielt den Radiopreis
Sie etablierte als Chefin unter anderem das Format „WDR2 Liga Live“. Dafür wurden sie und ihr Team 2010 mit dem Deutschen Radiopreis für das beste Radioformat ausgezeichnet. Seit 2019 leitet sie gemeinsam mit vier Kollegen den crossmedialen Sportcampus im WDR und ist dort verantwortlich für Personal und Finanzen. „Eine neue Ära im crossmedialen Sportcampus zu kreieren, war eine große Herausforderung. Jetzt ist auch diese Mission erfüllt“, sagt sie.
Das könnte Sie auch interessieren:
- Claudia Neumann: „Meine Anonymität bekomme ich eh nicht mehr zurück“
- Valeska Homburg erklärt ihr Lachen gegenüber Thomas Müller
„Ich bin einfach dankbar, dass ich mein Hobby zum Beruf machen konnte. Und ich bin sehr glücklich, dass ich 31 Jahre meinen Traum beim WDR leben durfte.“ Über die Gründe für ihren frühzeitigen Ausstand sagt Sabine Töpperwien ganz offen: „Ich habe seit knapp einem Jahr chronische Schmerzen in den Nerven und Sehnen beider Arme. Das ist eine Folge der immer mehr gewordenen Computerarbeit, die mittlerweile 80 Prozent des Tagesgeschäfts ausmacht und nicht mehr von mir zu leisten ist. Mit halbem Dampf arbeiten – das will ich nicht.“