Frankfurt/Main. Nächster WM-Gastgeber soll sich gegen Ronaldo & Co. warmschießen. Das Uefa-Zugeständnis verleitet Beobachter zu Hohn und Spott.
Cristiano Ronaldo dürfte für Katars Fußballer zur bislang größten Herausforderung werden – und zur einzigen auf echtem WM-Niveau. In Duellen mit dem portugiesischen Superstar, vor allem aber gegen Teams wie Aserbaidschan und Luxemburg, darf sich die Nationalmannschaft aus dem reichen Golfstaat warmspielen. Denn der WM-Gastgeber nimmt außer Konkurrenz an der europäischen Qualifikation teil. Was kurios klingt, ist seit Dienstag beschlossene Sache.
In Gruppe A trifft das Team auf Europameister Portugal, Serbien, Irland, Luxemburg und Aserbaidschan. Seine Heimspiele wird Katar nach Angaben der Europäischen Fußball-Union (Uefa) in Europa austragen – um den Gegnern den Reisestress zu ersparen, hieß es. Die Aufnahme der katarischen Elf, die automatisch qualifiziert ist, solle das Team bei der Vorbereitung auf das Turnier (21. November bis 18. Dezember 2022) „unterstützen“, schrieb die Uefa.
Katar: Rettig mit Spitze gegen RB Leipzig
Ein gutes sportliches Abschneiden bei der ersten WM-Teilnahme könnte die Schatten über dem finanzstarken Emirat etwas verdrängen, das dürften zumindest die Scheichs hoffen. Denn seit Jahren klagen Organisationen wie Amnesty International oder Human Rights Watch über Menschenrechtsverletzungen in Katar – insbesondere auf den Stadionbaustellen. Und auch die Bestechungsvorwürfe im Zuge der Vergabe reißen nicht ab.
„Man sieht, dass sich in der heutigen Zeit mit Kapitaleinsatz jede Grenze verschieben lässt. Mich überrascht überhaupt nichts mehr“, sagte Andreas Rettig, ehemaliger Geschäftsführer der Deutschen Fußball Liga (DFL), dem SID – und fügte spöttisch mit Blick auf den zum Red-Bull-Konzern gehörenden Bundesligisten RB Leipzig an: „Ich freue mich heute bereits auf die Teilnahme von RasenBall bei der nächsten Copa Libertadores. Das wird bestimmt ganz schön prickelnd.“ Mit seinem bissigen Kommentar ist Rettig nicht allein – im Internet drückten zahlreiche Fußballfans ihr Unverständnis über die Katar-Entscheidung aus.
Katar durfte schon in Südamerika mitspielen
Doch die Uefa ist außerhalb Asiens längst nicht der einzige Verband, der die Katarer mitspielen lässt. Bei der Copa America trat die Mannschaft des spanischen Trainers Felix Sanchez bereits 2019 an, im kommenden Jahr soll sie wieder dabei sein. Und auch beim Gold Cup 2021 ist der Asienmeister unter den Teilnehmern. „Jeder Wettbewerb ist ein größer werdender Schritt zum ultimativen Termin 2022“, hatte Mansour al-Ansari, Generalsekretär des katarischen Verbandes, im vergangenen Jahr gesagt.
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Mit milliardenschweren Investitionen und einer akribischen Planung wurde die junge Nationalmannschaft aufgebaut. So wurde 2004 die Aspire Academy ins Leben gerufen, ein vom Emir finanziertes Sport- und Nachwuchsleistungszentrum, das international Maßstäbe setzt. In Katar und im Ausland werden Jugendliche gescoutet, in der Akademie trainieren sie unter modernsten Bedingungen und werden von international erfahrenen Trainern ausgebildet.
Katar strebt die Weltmacht im Fußball an
Die Nationalmannschaft ist indes nur ein Puzzlestück in Katars Sportstrategie, die Macht des Golfstaates im Weltfußball ist längst enorm. So ist etwa der französische Weltclub Paris St. Germain im Besitz einer katarischen Investorengruppe. Und Bayern München wird von der staatlichen Fluggesellschaft gesponsert. Der Sportkanal beIN SPORTS überträgt zudem seit Jahren Uefa-Wettbewerbe.
Dem Nationalteam wird all das womöglich egal sein. Die Auswahl peilt 2022 einen Achtungserfolg im eigenen Land an. Sollte es ihr gelingen, dürfte das auch den Scheichs gefallen.