Dortmund. Eigentlich schien der BVB auf gutem Kurs. Doch beim 1:2 gegen Köln offenbarte das Team altbekannte Schwächen.
Lucien Favre war mächtig bedient. Dass der BVB bei der ersten Heimniederlage seit 29 Jahren gegen den 1. FC Köln zweimal auf den gleichen Trick hereinfiel, verstärkte beim Dortmunder Coach den Frust über den Rückfall in überwunden geglaubte Zeiten. „Ich bin tief enttäuscht. Zwei solche Tore sind schwer zu akzeptieren“, kommentierte er die kuriose Gegentreffer-Doublette beim peinlichen 1:2 (0:1) im Duell mit dem zuvor sieglosen Außenseiter. Beide Male schlug Ondrej Duda eine Ecke, beide Male verlängerte die BVB-Leihgabe Marius Wolf an den langen Pfosten und beide Male beförderte Ellyes Skhiri (9./60.) den Ball freistehend über die Linie.
Solch einfache Mittel genügten, um das Gerede über einen angeblichen Lernprozess beim Revierclub und gewachsene Titelreife ad absurdum zu führen. Statt weiter Druck auf Tabellenführer FC Bayern auszuüben, ließ sich der zuletzt gefestigt wirkende BVB von einem spielerisch unterlegenen Gegner erneut den Schneid abkaufen. Bei seinem Versuch, den jüngsten Rückschlag zu erklären, wirkte Torhüter Roman Bürki ähnlich ratlos wie seine Mitspieler zuvor auf dem Platz: „Diese Standardsituationen hatten wir im Vorfeld eigentlich angesprochen, konnten sie aber aus irgendeinem Grund heute nicht verteidigen.“
BVB-Rückstand auf die Bayern wächst
Dass Lizenzspielerchef Sebastian Kehl der Borussia noch wenige Minuten vor der Partie beim TV-Sender Sky eine „große Entwicklung“ und „mehr Schärfe“ als noch vor Wochen attestiert hatte, wirkte im Nachhinein unglücklich. Denn anders als bei den starken Auftritten zuvor in Berlin (5:2) oder gegen Brügge (3:0) präsentierte sich der bisherige Tabellenzweite mit Ausnahme der Schlussphase erschreckend blutleer. Damit dürfte die unliebsame Mentalitäts-Debatte zur Borussia zurückkehren.
Mit der dritten Saisonniederlage wuchs der Rückstand auf den Bundesliga-Tabellenführer FC Bayern München auf vier Punkte an. Bei aller Enttäuschung setzte sich Favre jedoch vehement gegen den Vorwurf zur Wehr, den Gegner unterschätzt zu haben. „Nein, nein, wir hatten Respekt und haben immer gesagt, es wird ein schweres Spiel. Das war heute der Fall.“
Ex-HSV-Coach Gisdol wird emotional
Anders als der Schweizer erlebte sein Gegenüber Markus Gisdol einen Nachmittag, der ihm noch lange positiv in Erinnerung bleiben wird. Entgegen aller Prognosen ging sein Team beim Favoriten nicht unter, sondern sorgte für den lang ersehnten Befreiungsschlag. Dank des ersten Doppelpacks von Skhiri in seinem 40. Bundesliga-Spiel ersparten sich die Kölner nach zuvor saisonübergreifend 18 Bundesliga-Spielen ohne Sieg einen Vereinsnegativrekord.
Mit pathetischen Worten kommentierte Gisdol den Coup: „Dieses Spiel war eine Schlacht. Wir haben eine abartige Laufleistung absolviert. Diese Mannschaft ist gut und kann Dinge leisten, die man ihr zuletzt nicht zugetraut hat.“
In Köln ist die Erleichterung groß
Nicht nur Bundesliga-Debütant Sava-Arangel Cestic oder Torschütze Skhiri wuchsen über sich hinaus. Mit Leidenschaft und Geschick rettete die gesamte Mannschaft in der hektischen Schlussphase den verdienten Sieg über die Zeit. „Jeder einzelne hat sein Bestes gegeben. Dieses Erfolgserlebnis war enorm wichtig für die Mannschaft“, befand Skhiri.
Vor allem für den zuletzt in die Kritik geratenen Gisdol war die Erleichterung groß. Vorerst dürften ihm weitere Schlagzeilen über einen drohenden Rauswurf erspart bleiben. „Es ist ein Anfang gemacht in die Richtung, dass wir Zählbares haben, diese Serie, die unendlich schien, endlich vorbei ist und dass wir trotz des Drecksvirus nicht verflucht sind und trotzdem Spiele gewinnen können“, sagte er.