München/Mailand. Titelverteidiger München startet standesgemäß in die Königsklasse. Die Borussia verpasst bei der Rückkehr die ganz große Überraschung.
Ein Sieg und ein Unentschieden: Die deutschen Vertreter sind am Mittwoch in der Champions League gegen zwei prominente Gegner ohne Niederlage geblieben. Während Titelverteidiger Bayern München mit einem 4:0 gegen Atlético Madrid eindrucksvoll seinen Favoritenstatus untermauerte, ließ Borussia Mönchengladbach bei seiner Rückkehr in die Königsklasse nach vier Jahren mit einem 2:2 bei Inter Mailand aufhorchen. Lesen Sie in der Folge die beiden Spielberichte.
FC Bayern München – Atlético Madrid 4:0 (2:0)
Positiver Start nach positivem Test: Angeführt von Finalheld Kingsley Coman hat Titelverteidiger Bayern München ungeachtet des Corona-Wirbels um Serge Gnabry einen Traumstart in die Champions-League-Saison hingelegt. 59 Tage nach dem Triumph von Lissabon zerlegte der bärenstarke Triple-Gewinner den unangenehmen Herausforderer Atletico Madrid beim 4:0 (2:0) förmlich in seine Einzelteile - und schickte gleich die nächste Kampfansage an Europas Fußball-Elite.
Zauberfüßchen Coman war mit zwei Toren (28. und 72.) sowie der Vorlage zum zweiten Treffer durch Leon Goretzka (41.) der Garant des 17. Münchner Start-Erfolges in der Königsklasse in Folge. Corentin Tolisso (66.) besorgte mit einem Gewaltschuss aus 25 Metern in den Winkel den Rest.
„Wir haben sehr gut gespielt, ich habe zwei Tore gemacht - ich bin sehr glücklich. Wir haben eine sehr gute Mannschaft, wir spielen gut zusammen“, sagte Coman bei Sky. „Wir haben die ersten zehn Minuten ein bisschen gebraucht, aber dann sind wir immer besser ins Spiel gekommen und haben auch verdient gewonnen“, sagte Goretzka: „Kingsley hat ein super Spiel gemacht.“ Der positive Test von Serge Gnabry sei aber schon ein bisschen ein „Schock“ gewesen.
Der fulminante Auftakt in einem lange nickligen Duell mit den unangenehmen Spaniern war ein erster großer Schritt in Richtung Gruppensieg und Achtelfinale. Denn die weiteren Bayern-Gegner in Staffel A, Salzburg und Lok Moskau, sind internationale Leichtgewichte.
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Doch der Fall Gnabry lag wie ein Schatten auf diesem glanzvollen Fußball-Abend. Der positive Corona-Test beim Nationalspieler am Dienstag rufe die „steigende Gefahr für den Fußball“ mit Wucht ins Gedächtnis, betonte Karl-Heinz Rummenigge. „Wir müssen die Sinne der Spieler nochmal schärfen, damit wir ohne großen Schaden rauskommen“, sagte der Münchner Vorstandschef bei Sky: „Ein nochmaliger Lockdown wäre für den Fußball ein Drama.“
Auch Hansi Flick mahnte: „Wir müssen uns noch intensiver damit befassen und an die Regeln halten.“ Sportlich, betonte er, habe Gnabrys Ausfall „nicht allzu viel verändert“. Für den Nationalspieler, der keine Symptome habe, beorderte er Thomas Müller auf den rechten Flügel. Seiner Mannschaft gab er mit, sie müsse vor allem „körperlich dagegenhalten“.
Atletico, das wurde sofort klar, war nicht angereist, um dem Champion zu huldigen. Die Spanier agierten gewohnt aggressiv, Müller schimpfte sie nach einem Zweikampf gut vernehmbar „die größte Rabaukentruppe des Weltfußballs“. Besonders gefährlich war zunächst das schnelle Umschalten der Gäste bei Münchner Ballverlusten, Star-Einkauf Luis Suarez kam so früh zu einer guten Chance (6.).
Doch die Bayern ließen sich überhaupt nicht einschüchtern und suchten ihrerseits mutig den Weg nach vorne. Die erste richtig große Gelegenheit hatten sie nach einer Ecke von Joshua Kimmich, der in der Nacht vor dem Spiel zum zweiten Mal Vater geworden war. Müller verlängerte auf Niklas Süle, der den rechten Pfosten traf (15.).
Eine Balleroberung von Kimmich leitete die Führung ein: Der Mittelfeld-Chef hob den Ball mit viel Geschick in den Rücken der Abwehr, wo Coman kunstvoll annahm und mit dem zweiten Kontakt vollstreckte. Vor dem 2:0 behauptete der Franzose im Sechzehner stark den Ball und passte mit viel Übersicht quer auf Torschütze Goretzka.
Atleticos vermeintlicher Anschlusstreffer durch Jungstar Joao Felix (47.) zählte wegen einer Abseitsstellung von Suarez nicht. Nach Tolissos Kracher erhöhte Coman nach einem starken Solo, das allein das Eintrittsgeld wert gewesen wäre - doch die Pandemie hatte Zuschauer in der Allianz Arena verhindert.
Inter Mailand – Borussia Mönchengladbach 2:2 (0:0)
Rückstand, Führung, später Ausgleich: Borussia Mönchengladbach hat in der Fußball-Oper San Siro ein echtes Drama erlebt. Bei ihrem Champions-League-Comeback nach vier Jahren drehte die Fohlenelf gegen Inter Mailand zunächst einen Rückstand in eine 2:1-Führung, musste sich durch einen Treffer von Romelu Lukaku in der 90. Minute aber letztlich mit einem 2:2 (0:0) begnügen.
Ramy Bensebaini per Foulelfmeter (63.) und Jonas Hofmann (84.) brachten vor 1000 Zuschauern die lange harmlosen, aber eiskalten Gladbacher etwas glücklich in Führung. Lukaku (49.) hatte den italienischen Vizemeister zunächst nach vorn gebracht.
„Es ist natürlich ärgerlich, dass wir in der 90. Minute noch den Ausgleich nach einem Standard bekommen. Aber Spieler wie Lukaku kann man nicht zu 100 Prozent ausschalten. Trotzdem haben wir insgesamt nicht viel zugelassen“, sagte Matthias Ginter bei DAZN.
Immerhin: Im dritten Anlauf startete die Borussia erstmals mit einem Punktgewinn in die Königsklasse und darf trotz der kommenden Gegner Real Madrid und Schachtjor Donezk leise von der K.o.-Phase träumen.
„Frech und unangenehm“ sollte sein junges Team in der Fußball-Oper San Siro auftreten, hatte Trainer Marco Rose vor Anpfiff gefordert. Eine Marschroute, die sein Team zu Beginn mit viel Aufwand umsetzte. Mit fünf Champions-League-Debütanten in der Startelf bot die Borussia dem Favoriten kämpferisch die Stirn, spielerisch hatte Inter aber Vorteile. Vor allem Abwehrchef Ginter stemmte sich mit Erfolg gegen die Angriffswellen.
Eigene Akzente setzte die Borussia vor 1000 Zuschauern kaum, weil die Bälle in der gegnerischen Hälfte viel zu schnell verloren gingen. Der frisch gebackene Vater Alassane Plea, der Kapitän Lars Stindl aus der Startelf verdrängte, hing in der Sturmspitze völlig in der Luft. Dabei hatte Rose dem Franzosen mit Marcus Thuram, Neu-Nationalspieler Hofmann und Breel Embolo gleich drei reine Offensiv-Kräfte zur Seite gestellt.
Den Ton gab aber Inter an. Die Nerazzurri, die vor rund zwei Monaten noch im Finale der Europa League standen, suchten immer wieder Lukaku. Der Starstürmer war aber bei Nico Elvedi noch gut aufgehoben. Mehr Gefahr ging von Christian Eriksen aus, der auch die erste gute Chance hatte. Christoph Kramer (21.) rettete mit der Fußspitze.
Gladbach fand nun offensiv wenig bis gar nicht statt. Wie befürchtet machte sich die mangelnde Erfahrung bemerkbar: Roses Startelf kam in der Summe auf 81 Champions-League-Spiele, Inter dagegen auf 315. Kurz vor der Pause fassten die auch in der Bundesliga zuletzt noch etwas lahmen Fohlen immerhin mehr Mut. Es waren zarte Versuche, die schnell verpufften. Stattdessen zielte Lukaku auf der Gegenseite nach einem Tänzchen Zentimeter am Pfosten vorbei (41.).
Nach der Pause ging es dann hoch her: Erst herrschte im Gladbacher Strafraum Chaos, Kramer fälschte den Ball unglücklich in Richtung Lukaku ab - und der Belgier staubte aus der Drehung zum 1:0 ab. Lukaku traf damit auch im neunten Europapokalspiel in Folge.
Gladbach schien nun geschlagen, kam aber etwas überraschend zurück: Schiedsrichter Björn Kuipers (Niederlande) entschied nach einem Foul von Arturo Vidal an Thuram nach Ansicht der TV-Bilder zurecht auf Strafstoß. Bensebaini ließ sich die Chance nicht nehmen.
In der Schlussphase hatte die Borussia zunächst Glück: Lautaro Martinez traf den Pfosten (82.), doch nur zwei Minuten später schlug Hofmann zu. Der Sieg war nah, dann war Lukaku erneut zur Stelle.