Hamburg. Die Hockeyherren vom Club an der Alster und Harvestehuder THC müssen sich noch in ungewohnten Rollen zurechtfinden.
Eine Frage stand den Spielern des Clubs an der Alster in ihre von Enttäuschung gezeichneten Gesichter geschrieben, während ihr Cheftrainer Sebastian Biederlack auf sie einredete. Es war die Frage, warum es ihnen wieder einmal nicht gelungen war, sich für den hohen Aufwand zu belohnen, den sie betrieben hatten, um das Stadtderby in der Feldhockey-Bundesliga gegen den Uhlenhorster HC zu gewinnen. Feldüberlegen waren sie gewesen über weite Strecken des emotionalen Duells. Hatten sich immer wieder in den Schusskreis durchgekämpft, Torchancen eher erarbeitet als herausgespielt, aber den Eindruck einer Mannschaft hinterlassen, die alles für den Sieg geben wollte.
Das Problem: Der Sieg gelang nicht, am Ende stand ein 2:2, mit dem die Gäste angesichts des Spielverlaufs – 1:0 geführt durch ein Hannes Müller zugeschriebenes Eigentor (15. Minute), in Rückstand geraten durch Treffer von Carl Alt (29.) und Robert Köpp (54.), ausgeglichen per zweitem Eckennachschuss von Christopher Kutter drei Minuten vor Spielende – besser leben konnten. Und wenn, obwohl man alles investiert, nur ein Punkt auf der Habenseite steht, wird eben die Frage gestellt nach dem Warum.
Drei Antwortoptionen gibt es in solchen Fällen. Erstens: Der Gegner war zu stark, was am Sonntag laut UHC-Cheftrainer Benedikt Schmidt-Busse keinesfalls zutraf, „denn wir haben längst nicht so gut gespielt, wie wir es können, haben außerhalb des Kreises nicht gut verteidigt und zu wenig Initiative nach vorn entwickelt.“ Zweitens: Die Qualität reicht nicht aus, was Alsters Mittelfeldstratege Dieter Linnekogel vehement abstritt. „Wir sind gut genug, um jeden Gegner besiegen zu können. Es steckt viel Potenzial in diesem jungen Team, wir schlagen aber noch zu wenig Kapital daraus“, sagte er. Bleibt Option drei: Die ungewohnte Situation, sich mit dem Abstiegskampf beschäftigen zu müssen, lähmt Kopf und Körper.
Das neue System erhöht die Spannung
Vor der Feldsaison 2019/20, die wegen der Corona-Pandemie bis ins Frühjahr 2021 ausgedehnt wurde, hatte der Deutsche Hockey-Bund den Spielmodus der Bundesligen verändert. Die eingleisigen Zwölferligen bei Damen und Herren wurden in jeweils zwei Sechserstaffeln unterteilt, aus denen die Teams auf den Rängen eins bis vier das Viertelfinale erreichen und die Fünft- und Sechstplatzierten in Play-downs überkreuz nach dem Modus „best of 3“ zwei Absteiger ausspielen. Zuvor hatten die Top vier die Endrunde erreicht, die Teams auf Rang elf und zwölf waren direkt abgestiegen.
Das neue System erhöht die Spannung, hat aber auch den Effekt, dass sich Vereine mit dem Abstieg beschäftigen müssen, die ganz andere Ansprüche haben. Ein Blick auf die beiden Tabellen zeigt, dass drei Teams klar abgeschlagen sind, während sich Alster mit dem Crefelder HTC und dem Hamburger Lokalrivalen Harvestehuder THC ein Kopf-an-Kopf-Rennen liefern muss, um den gefürchteten vierten Play-down-Rang zu vermeiden. „Auch wenn alle denken, dass unsere Qualität ausreicht, um in den Play-downs zu bestehen, wollen wir diese Spiele auf keinen Fall, die können richtig eklig werden“, sagte Linnekogel.
Der HTHC holte zuletzt acht Punkte aus vier Spielen
Die Herangehensweise der beiden Hamburger Traditionsclubs an den Abstiegskampf ist indes unterschiedlich. Während Alster-Cheftrainer Biederlack die Abstiegsfrage nicht thematisieren will, „weil wir nur nach vorn schauen und an unsere Stärke glauben“, hat HTHC-Coach Christoph Bechmann entgegen seiner sonstigen Art vor 14 Tagen explizit auf die neue Tabellensituation hingewiesen.
„Wir haben zu viele Punkte liegen gelassen, deshalb war es wichtig, den Ernst der Lage zu verdeutlichen. Aber meine Mannschaft hat gezeigt, dass sie mit der neuen Situation umgehen kann“, sagte Bechmann, dessen Auswahl aus den vergangenen vier Spielen immerhin acht Punkte holte und am Sonnabend beim 9:1 beim Großflottbeker THGC auch noch ihr Torverhältnis aufpolierte.
Einen solchen Brustlöser wünscht sich Sebastian Biederlack für sein Team am kommenden Sonntag. Dann geht es zum Nürnberger HTC, der, wäre die Hauptrunde heute beendet, der Play-down-Gegner wäre. „Dort sollten wir gewinnen“, sagte er. Gelingt das nicht, dürften die Fragezeichen größer werden.