Frankfurt/Main. Normalerweise ist die erste Runde im DFB-Pokal der Saison-Höhepunkt für die Amateurclubs. Doch in Corona-Zeiten ist alles anders. Der Festtag für die Kleinen fällt dieses Mal weitgehend aus.
Kein Heimvorteil und viele Probleme: Die Corona-Krise hat den Amateur-Kickern die Vorfreude auf das Highlight des Jahres vermiest.
"Der DFB-Pokal lebt von den Geschichten und Emotionen, die gerade bei den Begegnungen in der ersten Runde zwischen Amateuren und Profis seit vielen Jahrzehnten die Fans in ganz Deutschland begeistern", sagte DFB-Vizepräsident Peter Frymuth der Deutschen Presse-Agentur. "Natürlich fehlt in dieser Saison durch den teilweisen Verzicht auf Zuschauer und Tausch der Heimspielstätte ein Teil dieses besonderen Reizes."
Gleich elf unterklassige Teams aus der Regionalliga oder Oberliga verzichten in den Erstrundenspielen am kommenden Wochenende auf ihr Heimrecht gegen Proficlubs. Die Vereine waren organisatorisch und finanziell schlichtweg überfordert, hätten sie im Heim-Stadion doch für eine ausreichende Logistik für eine TV-Übertragung, genügend Ordnungskräfte und die Einhaltung des strengen Hygienekonzepts sorgen müssen.
"Die Anforderungen waren für Amateurvereine schon immer immens. Corona macht aber noch einmal einen großen Unterschied aus", sagte Stefan Cohrs, Abteilungsleiter des Fünftligisten MTV Eintracht Celle. Die Austragung eines Pokalspiels kostet die Amateurvereine mindestens 30 000 bis 35 000 Euro, rechnete er vor. "Das finanzielle Risiko wäre uns zu groß gewesen", so Cohrs. Die Niedersachsen nehmen bei ihrer Pokal-Premiere daher lieber die strapaziöse Bus-Tour nach Bayern zum Bundesligisten FC Augsburg - mit Hin- und Rückfahrt sind es gut 1250 Kilometer - in Kauf. Die Kosten mit Übernachtung: 6000 Euro.
Gerade die Underdogs, die zum ersten Mal in ihrer Vereinsgeschichte im DFB-Pokal dabei sind, trifft es besonders hart. Unter normalen Umständen wäre das Debüt in dem lukrativen Wettbewerb ein unvergesslicher Festtag für die Kleinen - nun spielen Mannschaften wie FSV Union Fürstenwalde (beim VfL Wolfsburg), VSG Altglienicke (beim 1. FC Köln) oder FV Engers (beim VfL Bochum) in großen Stadien vor fast leeren Rängen.
Im Falle des Rheinland-Pokalsiegers wurde die Lage zusätzlich verkompliziert, weil Engers kein taugliches Stadion für die Durchführung eines DFB-Pokalspiels besitzt. Daher hätte der Fünftligist aus einem Stadtteil von Neuwied nach Koblenz ausweichen müssen. "Mit 350 Zuschauern und einem Kostenapparat von mehreren zehntausend Euro wäre aus dem größten sportlichen Erfolg unserer Vereinsgeschichte ein nicht kalkulierbares Risiko für uns entstanden", begründete der Vereinsvorsitzende Martin Hahn den Verzicht auf das Heimrecht.
Die Möglichkeit dazu hatte das DFB-Präsidium explizit für diese Saison geschaffen, um so schwer kalkulierbare Belastungen für die Amateure zu vermeiden. "Wir sind froh, dass wir den Wettbewerb in dieser speziellen Situation trotzdem durchführen können und hoffen, dass wir schon bald wieder unter annähernd normalen Bedingungen Pokalspiele erleben können, damit der Wettbewerb wieder seinen gewohnten Reiz erhält", sagte DFB-Vize Frymuth.
Doch nicht alle Amateurvereine wollen sich das einzigartige Pokal-Erlebnis durch die Auswirkungen der Coronavirus-Pandemie kaputtmachen lassen. So kämpfte Schleswig-Holsteins Pokalsieger SV Todesfelde verbissen und letztlich erfolgreich darum, die Partie gegen den Zweitligisten VfL Osnabrück im heimischen Sportpark austragen zu dürfen. "Wir freuen uns außerordentlich, dass uns der DFB und alle weiteren Beteiligten das Vertrauen schenken, dass wir in Todesfelde es schaffen, ein solches Spiel auszurichten", sagte Teammanager Timo Gothmann. "Besonders freut es mich für die Mannschaft, die nun das größte Spiel der Vereinsgeschichte in ihrem Wohnzimmer bestreiten kann."
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