Dortmund. Bayern-Ehrenpräsident Uli Hoeneß hatte die Transferpolitik des Erzrivalen attackiert. Die Reaktion aus Dortmund fiel deutlich aus.
Verbale Breitseite von Uli Hoeneß, heftige Reaktion von Michael Zorc – die Erzrivalen FC Bayern München und Borussia Dortmund haben sich schon vor der neuen Bundesliga-Saison einen verbalen Schlagabtausch geliefert.
Die Kritik an der BVB-Transferpolitik des Münchner Ehrenpräsidenten, der auch im Ruhestand weiter die "Abteilung Attacke" bedient, wies der BVB-Sportdirektor in aller Schärfe zurück: "Ich finde die Aussagen ziemlich arrogant. Wenn man jedes Jahr 250 Millionen Euro mehr in der Tasche hat, lässt es sich mit vollen Hosen gut stinken."
Hoeneß hatte die vielerorts als modellhaft bewertete Strategie der Borussia, Fußballtalente zu sichten, zu entwickeln und teuer zu verkaufen, in einem Interview der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" als "unklug" bezeichnet: "Wie soll ein Spieler die DNA eines Vereins aufsaugen, wenn er das Gefühl hat, ein Verkaufsobjekt zu sein?"
Hoeneß: BVB sät bei eigenen Talenten Unruhe
Die dadurch bedingte fehlende Identifikation mancher Jungstars mit dem Verein sei ein Grund für die mangelnde Schlagkraft der Borussia in entscheidenden Momenten. "Ich glaube, solange die Dortmunder dieses System nicht ändern, werden sie diese letzten zehn Prozent nicht kriegen, dass man in wichtigen Spielen die richtigen Leistungen bringt. Ein Spieler muss das Gefühl haben: Ich bin Bayern forever", sagte Hoeneß.
Das Interesse anderer Clubs an talentierten Spielern verursache Unruhe. "Warten Sie mal, wenn der gut spielt, wie schnell dann über Interesse von außen geredet wird. Ich würde das nicht so machen. Ich würde der Öffentlichkeit, aber auch meinen eigenen Leuten sagen: Das ist unser Spieler, und wenn der gut spielt, der bleibt. Auch wenn ich hundert Millionen kriege", sagte Hoeneß mit Verweis auf den jüngsten Dortmunder Zukauf des erst 17 Jahre alten Jude Bellingham von Birmingham City.
Die Transferpolitik des Erzrivalen sei für die Münchner deshalb kein Maßstab: "Bei uns gibt es das überhaupt nicht. Wir holen Spieler für Bayern München. Und niemals, um daraus Geschäfte zu machen. Natürlich gibt es auch Transfers. Aber wichtige Spieler haben wir selten verloren. Die Dortmunder verlieren oft wichtige Spieler", stichelte Hoeneß.
Ist Sancho der Nächste, der den BVB verlässt?
Es passt zu dieser Kritik, dass sich beim BVB schon in Kürze ein weiterer Schlüsselspieler verabschieden könnte. Wie englische Medien und die "Bild" berichten, arbeitet Manchester United weiter an einem Transfer von Jadon Sancho. Demnach denkt der Tabellendritte der Premier League darüber nach, die in Corona-Zeiten zu üppige Zahlung von 120 Millionen Euro, die der BVB für den 20-Jährigen aufgerufen hat, in Raten zu zahlen. 70 Millionen Euro sollen direkt und die weiteren 50 Millionen Euro in zwei weiteren Teilen später fließen.
Für weniger dürfte Sancho nicht zu haben sein. "Jadon ist ein überragender Fußballer mit einer Quote, wie ich sie in diesem Alter noch nicht gesehen habe. Ich wäre froh, wenn er in der nächsten Saison noch bei uns spielen würde. Und das ist ja auch der derzeitige Stand", hatte BVB-Sportdirektor Zorc noch am vergangenen Donnerstag kommentiert.
Immerhin war Sancho beim ersten Teamtraining des BVB dabei, an dem nach durchweg negativen Corona-Tests alle gesunden Profis teilnahmen. Dabei stand der Engländer genauso im Fokus wie die Zugänge Bellingham und Thomas Meunier sowie die erst 15 Jahre alte Nachwuchshoffnung Youssoufa Moukoko. Wann die gesundheitlich angeschlagenen Marco Reus, Mats Hummels, Marcel Schmelzer und Mahmoud Dahoud einsteigen, bleibt vorerst offen. Dagegen meldeten sich die Rekonvaleszenten Thomas Delaney und Manuel Akanji fit zurück. "Ich bin wieder voll gesund. Es hat sehr gut getan, die Kugel wieder am Fuß zu haben", sagte der von Wadenproblemen genesene Abwehrspieler Akanji.