Hamburg. Verband will Saisonstart im September, Mehrheit der Erst- und Zweitligisten nicht. Hamburg Huskies sind unentschlossen.
Optimismus ist sein zweiter Vorname, darin unterscheidet sich Kendral Ellison nicht von den vielen US-amerikanischen Trainern, die im deutschen Leistungssport ein Zuhause gefunden haben. Aber wer den Headcoach des Zweitligisten Hamburg Huskies dieser Tage auf den Saisonstart in der German Football League (GFL) 2 anspricht, der erlebt den 32-Jährigen ratlos wie selten. „Hätte man mich vor drei Wochen gefragt, ob wir spielen, dann hätte ich ohne Zögern bejaht. Aber jetzt fürchte ich, dass der Spielbetrieb in diesem Jahr keinen Sinn mehr ergibt“, sagt Ellison.
Hintergrund seiner Zweifel ist der Streit zwischen einer großen Zahl von Vereinen aus GFL und GFL 2 und dem vom umstrittenen Präsidenten Robert Huber geführten American Football Verband Deutschland (AFVD), der außer Kontrolle zu geraten droht. Während der Verband in den vergangenen Wochen darauf drängte, von September bis November eine komprimierte Saison 2020 zu absolvieren, sieht die Mehrheit der Clubs weder finanziell noch sportlich einen Sinn in der Aufnahme des Spielbetriebs. Nur sechs von 16 Teams der Ersten Liga und die Hälfte der acht Mitglieder der Nordgruppe der GFL 2 hatten zur letzten Deadline Ende Juni ihre Bereitschaft erklärt anzutreten.
Huskies gehörten bislang grundsätzlich zu den Befürwortern eines Saisonstarts
Die Huskies, die 2018 abgestiegen waren, gehörten bislang grundsätzlich zu den Befürwortern eines Saisonstarts. Doch nun, da der Verband bis zu diesem Freitag eine Entscheidung fordert, ist auch Ellison stark ins Grübeln gekommen. „Das Problem ist, dass wir keine Informationen darüber bekommen, wie der Spielbetrieb ablaufen soll. Es findet keine Kommunikation statt“, sagt er. In Hamburg ist aktuell bis Ende August Kontaktsport nur in Gruppen bis zu zehn Personen erlaubt. Football wird mit Elf gegen Elf gespielt, zum Kader zählen in einem GFL-2-Team aber 40 bis 50 Spieler. „Wenn wir nur eine Woche Zeit hätten, um uns in Wettkampfform zu bringen, wäre das eine Farce. Wir werden kein schlechtes Produkt auf den Platz bringen“, sagt Ellison. Das Risiko, dass sich Spieler schwer verletzen, sei unter diesen Umständen zu hoch.
Hinzu kommt der wirtschaftliche Faktor. Spiele ohne Zuschauer sind für die Huskies, deren Etat maßgeblich auf Ticketerlöse baut, ökonomisch nicht sinnvoll. „Wir wissen zudem gar nicht, wie viele Heimspiele wir haben sollen und ob es sich dafür lohnen würde, das Team an den Start zu bringen“, sagt der Trainer. Ganz zu schweigen von der Problematik, dass sein US-Spielmacher Raleigh Yeldell (27) aktuell nicht nach Europa einreisen kann. „Ohne Quarterback können wir nicht spielen.“
Elmshorn fordert, den Spielbetrieb auszusetzen
Deshalb sieht es danach aus, dass die Huskies dem Beispiel der Elmshorn Fighting Pirates folgen und sich gegen eine Saison 2020 aussprechen werden. Der Erstligaaufsteiger aus dem Kreis Pinneberg hat sich bereits deutlich positioniert und plädiert für ein Aussetzen des Spielbetriebs bis ins nächste Jahr. „Mit einem Saisonstart würden wir die Gesundheit unserer Spieler und die wirtschaftliche Existenz unseres Vereins gefährden. Ohne die Gelder aus Ticketing und Sponsoring ist der Spielbetrieb für uns nicht möglich“, sagt Cheftrainer Jörn Maier (49). Dass der Verband für den Fall einer Weigerung, am Spielbetrieb teilzunehmen, Strafen angedroht hat, die von Geldbußen bis hin zum Lizenzentzug reichen könnten, nimmt man in Elmshorn in Kauf.
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Viele Vereine halten dem Verband vor, gegen das Interesse seiner Mitglieder zu handeln. Das Tischtuch sei zerschnitten, eine Zerreißprobe stehe bevor. Ellison und Maier, die ihre Teams im Regelfall von November an auf die normalerweise von Mai bis September dauernde Saison vorbereiten, haben deshalb bereits alternative Ideen. Man könne sich zu Testspielen und gemeinsamen Trainingseinheiten treffen. Ellison: „Ich glaube, das wäre für alle sinnvoller. Aber in ein paar Tagen wissen wir mehr.“