Essen/Hamburg. Neuer Corona-Zeitplan bringt Hamburger Sportveranstalter in Bredouille – unter anderem Cyclassics, Rothenbaum und Galoppderby.
Hinter dem Saisonneustart im Profifußball steht weiter ein großes Fragezeichen, das positive Zeichen der Politik blieb am Mittwoch vorerst aus. Entgegen den Hoffnungen bei den Clubs verständigten sich Bundeskanzlerin Angela Merkel und die Ministerpräsidenten der Länder noch nicht darauf, den Weg für Partien unter Ausschluss der Öffentlichkeit trotz der Coronapandemie von Mai an freizumachen. Damit müssen die 36 Proficlubs, unter ihnen die Zweitligisten HSV und FC St. Pauli, weiter um ihre Existenz bangen. Eine Entscheidung soll erst bei der nächsten Konferenz der Kanzlerin mit den Länderchefs am 30. April fallen. „Die Bundesliga war heute kein Thema. Sie wird, wie der gesamte Sportbereich, im nächsten Schritt Thema sein. Ob Geisterspiele möglich sind, werden wir dann diskutieren“, sagte Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU).
Da der Profifußball damit gerechnet hat, dass es in diesem Jahr keine Partien mit Publikum mehr gibt, war er auf das Verbot der Großveranstaltungen bis zum 31. August eingestellt. Die Spielzeiten der Bundesliga und der Zweiten Liga sind seit Mitte März unterbrochen. Es stehen jeweils noch neun Spieltage aus. Ein bereits angedachter Wiederbeginn der Bundesliga am 2. Mai ist aber damit vom Tisch, ohne Ausnahmegenehmigung werden die Clubs zudem nun bis Anfang Mai weiterhin nur in Kleingruppen trainieren dürfen.
Verluste wegen Corona von mehr als 700 Millionen Euro verhindern
Dann allerdings soll es wieder losgehen. Denn nach Informationen dieser Zeitung geht die Deutsche Fußball Liga davon aus, die Spielzeit vom 9. Mai an wieder mit Geisterspielen fortführen zu können, um die Saison bis zum 30. Juni zu beenden und Verluste von mehr als 700 Millionen Euro aus ausstehenden Fernsehgeldern zu verhindern. Die politischen Entscheider haben ihre Zustimmung signalisiert, heißt es aus Kreisen der Vereine.
Dafür hat der Ligaverband der Politik ein umfangreiches medizinisches Konzept vorgelegt. Während der 90 Minuten sollen sich weniger als 200 Personen in den Stadien aufhalten. Um eine Ansteckung zu vermeiden, sollen die Spieler zudem alle drei Tage getestet werden. Im Mai und Juni würden sich so 20.000 Tests anhäufen. Eine Zahl, die bereits Kritik hervorgerufen hat.
Damit die Politik die Liga unterstützt, will die DFL vermeiden, dass sich einzelne Clubverantwortliche in den Medien über eine Wiederaufnahme äußern, teilweise mit unterschiedlichen Meinungen. Deswegen hat das Präsidium Mails verschickt, in denen gemahnt wurde, nicht über mögliche Szenarien zu spekulieren, wie es zuletzt vorgekommen war.
Hamburger Rothenbaum prüft mögliche Szenarien
Spekulationen verboten sich am Mittwochabend auch die Veranstalter der großen Hamburger Sportevents, die vom Verbot der Großveranstaltungen bis Ende August betroffen sein dürften. Sandra Reichel, Turnierdirektorin des Herrentennisevents am Hamburger Rothenbaum, das vom 11. bis 19. Juli im Tourkalender der Herrentennisorganisation ATP steht, sagte: „Wir prüfen alle möglichen Szenarien. Dabei diskutieren wir mit der ATP vor allem über die Möglichkeit einer Verschiebung auf einen Termin im September. Zudem gehen wir auch mit der Stadt in den intensiven Austausch und werden uns in jeder Beziehung eng abstimmen.“ Eine Option wäre auch die Austragung ohne Zuschauer zum geplanten Termin, allerdings ist diese am wenigsten gewünscht.
Ironman auf unbekannte Zeit verschoben
Betroffen von der neuen Bestimmung sind auch die Cyclassics, das für 16. August geplante Radrennen für Profis und Jedermänner, das rund 20.000 Teilnehmer und Hunderttausende Zuschauer anzieht. Veranstaltungschef Oliver Schiek will an diesem Donnerstag mit der Stadt über die Auswirkungen sprechen, eine Absage der Veranstaltung war am Mittwoch noch nicht beschlossen. „Wir müssen das erst einmal verdauen und dann schauen, was genau als Großveranstaltung gilt und was das für uns bedeutet“, sagte Schiek dem Abendblatt. Gleiches gelte für den am 11./12. Juli geplanten WM-Serien-Triathlon, der wie die Cyclassics von der Ironman Germany GmbH veranstaltet wird. Der für 21. Juni geplante Ironman war bereits kürzlich auf unbekannte Zeit verschoben worden.
Auch Ilona Vollmers wurde vom Veranstaltungsverbot kalt erwischt. Die Schatzmeisterin des Hamburger Rennclubs (HRC), der das vom 28. Juni bis 5. Juli geplante Galoppderby in Horn veranstaltet, sagte: „Aus menschlicher Sicht verstehe ich diese Entscheidung. Was das für das diesjährige Derbymeeting bedeutet, müssen wir nun neu bewerten.“ In der vergangenen Woche hatte Vollmers im Abendblatt klargestellt, dass ein Galoppderby ohne Besucher nicht zu refinanzieren sei. Nun gibt es zwei Szenarien: Eine Verlegung in den September oder Oktober – oder der Dachverband der Galopper müsse beim Ausgleich des entstehenden Minus, das im Falle eines Geisterderbys bis zu einer halben Million Euro betragen würde, maßgeblich mithelfen.
Konferenz von Sportstaatsrat und Sportsenator
Mehr als fraglich ist nun außerdem, ob die Bundesliga-Basketballer der Hamburg Towers und die Zweitliga-Handballer des HSV Hamburg ihre aktuell unterbrochenen Saisons werden beenden können. Geisterspiele sind in diesen Sportarten, die auf Zuschauereinnahmen wesentlich stärker angewiesen sind als der Fußball, kein Thema. Die Ligaverbände wollten in der kommenden Woche erneut tagen. Möglicherweise wurde ihnen diese Entscheidung nun abgenommen.
Informationen zum Coronavirus:
- Die Stadt Hamburg informiert die Bürger auch online über das Coronavirus. Zusätzlich gibt es eine Hotline: 040 42828-4000
- Das Robert-Koch-Institut beantwortet häufig gestellte Fragen zu SARS-CoV-2
- Auch das Bundesgesundheitsministerium hat eine eigene Informationsseite zum Virus eingerichtet
Vertreter der Stadt Hamburg wollten sich am Mittwochabend noch nicht zur Gesamtlage äußern. Sportstaatsrat Christoph Holstein kündigte gegenüber dem Abendblatt für den Abend eine Konferenz mit Sportsenator Andy Grote an. Ergebnisse daraus sollen an diesem Donnerstag kommuniziert werden.