London. Nach dem souveränen 3:0 in London adelt die Presse vor allem Gnabry und Lewandowski. Auch für Trainer Flick war es ein großer Abend.

Im Glücksgefühl der nächsten rauschenden Münchner Fußballnacht in London überreichte Karl-Heinz Rummenigge beim Bankett ein symbolträchtiges Geburtstagsgeschenk an Hansi Flick.

Das (titel)reife 3:0 (0:0) im Champions-League-Achtelfinale beim FC Chelsea war gerade zwei Stunden alt, als der Vorstandsboss ein klares Zukunftssignal an den am Montag 55 Jahre alt gewordenen Trainer und Baumeister eines in Europa wieder machtvoll auftretenden Bayern-Teams übermittelte. Denn Rummenigge lüftete vor den lauschenden Edelfans, Sponsoren und mitreisenden Reportern auch gleich das Geheimnis, was sich "in dem roten Päckchen" befinde: "Ein Stift. Und mit Stiften unterschreibt man bei Bayern München manchmal auch Papiere."

Rummenigge umschmeichelt Flick

"In dem roten Päckchen ist ein Stift. Und mit Stiften unterschreibt man bei Bayern München manchmal auch Papiere", sagt Rummenigge. © dpa

Durch den pompösen Ballsaal ging angesichts der Absichtserklärung für die geplante Verlängerung der Cheftrainer-Tätigkeit von Flick über das Saisonende hinaus ein – wohlwollendes – Raunen. Rummenigge umschmeichelte Flick um Mitternacht am Tisch der Großkopferten um Ehrenpräsident Uli Hoeneß förmlich mit warmen Worten, die ihm bei dessen Vorgänger Niko Kovac selbst nach dem Double-Gewinn 2019 nicht über die Lippen kommen wollten. "Mach es weiter so. Bleib wie du bist. Wir sind sehr, sehr zufrieden mit dem, wie die Mannschaft spielt, mit den Ergebnissen und dem Fußball, den sie zelebriert."

Flick hatte in den 90 Minuten zuvor an der Stamford Bridge, wo bis zum Dienstagabend noch keine deutsche Mannschaft gewonnen hatte, auf der großen europäischen Bühne den Eignungstest als Bayern-Coach mit der Bewertung summa cum laude bestanden. "Die Mannschaft hat die Vorgaben super umgesetzt", lobte er seine Spieler, bevor er sich auf Rummenigges Absichtserklärung ein Weißbier gönnte.

Britische Presse adelt Serge Gnabry

Champagner könnte im Mai folgen für ein von Flick geformtes und entwickeltes Bayern-Kollektiv, das in London perfekt harmonierte und in den beiden Torschützen Serge Gnabry und Robert Lewandowski, der vor seinem elften Königsklassentreffer der Saison Gnabry das 1:0 und 2:0 aufgelegt hatte, gleich zwei herausragende Matchwinner hatte.

"Es tut immer gut, nach London zurückzukommen", sagte der ehemalige Arsenal-Profi Gnabry, der schon in der Gruppenphase beim grandiosen 7:2 bei Tottenham Hotspur nicht nur zweimal, sogar viermal getroffen hatte. "Chelsea weggefegt von Gnabry", titelte die Londoner "Times" am Mittwoch und schrieb von einer weiteren "Erniedrigung" durch die "deutschen Giganten" auf britischem Boden.

"Serge of Glory. Gnabry verhöhnt Chelsea und Tottenham mit sechs London-Toren in dieser Saison“, schrieb die Sun. Der Telegraph lobte: "Die Bayern gehören in eine ganz andere Kategorie: eine großartige Mannschaft, die in den letzten Jahren aus einer Mischung aus Jugend und Erfahrung geschliffen wurde.“ Die Gazzetta dello Sport kommentierte: "London ist der neue Vergnügungspark für die Bayern.“

Pressestimmen zu Chelsea gegen Bayern

The Sun (Großbritannien)

"Serge of Glory. Gnabry verhöhnt Chelsea und Tottenham mit sechs London-Toren in dieser Saison."

Guardian (Großbritannien)

"Diesmal schloss Bayern München mit der Autorität einer Mannschaft ab, die kein Interesse daran hatte, Chelsea jemals wieder vom Haken zu lassen. Der Klassenunterschied war vom Anfang bis zum Ende enorm. Das Rückspiel in der Allianz Arena wird sich wahrscheinlich nicht mehr wie eine Sightseeing-Reise anfühlen, wenn die unberechenbare Mannschaft von Frank Lampard an den Ort ihres größten Triumphes zurückkehrt."

Daily Mail (Großbritannien)

"Chelsea wird an der Stamford Bridge von brillanten Bayern abgebürstet. Frank Lampard hat sich für Erfahrung entschieden, aber es hat sich nicht gelohnt."

Mirror (Großbritannien)

"Chelsea wurde an der Stamford Bridge gedemütigt, die Bayern lieferten einen brutalen Realitäts-Check und beendeten die Champions-League-Hoffnungen der Blues."

Telegraph (Großbritannien)

"Serge Gnabry und Robert Lewandowski sorgten dafür, dass ein leichtgewichtiges Chelsea nach einem Wunder suchen muss. Die Bayern gehören in eine ganz andere Kategorie: eine großartige Mannschaft, die in den letzten Jahren aus einer Mischung aus Jugend und Erfahrung geschliffen wurde."

Marca (Spanien)

"Bayern stürmt die Stamford Bridge. Chelsea braucht im Rückspiel ein Wunder."

AS (Spanien)

"Lewandowski frisst Chelsea. Bayern setzt sich an der Stamford Bridge mit zwei Gnabry-Toren und einem von Lewandowski durch."

Sport (Spanien)

"Lewandowski assistiert bei Gnabry-Party. Der Pole legt zwei Treffer auf und trifft dann selbst."

Gazzetta dello Sport (Italien)

"London ist der neue Vergnügungspark für die Bayern. Sieben Tore gegen Tottenham im vergangenen Oktober, drei an einem kalten Februar-Abend gegen Chelsea. Ein Team mutiger Jungs bricht unter den Hieben einer soliden Truppe zusammen, die von einem Herr der Tore wie Robert Lewandowski angeführt wird."

Corriere dello Sport (Italien)

"FC Bayern spielt mit den Muskeln und erinnert der jungen Chelsea-Truppe um Lampard, wie lang noch der Weg ist, um wieder zu den großen Teams Europas zu zählen. Flicks Spieler erteilen mit ihrem 3:0 eine Fußball-Lehre. Wenn man Qualität mit Talent verbindet, ist das Resultat sicher."

Tuttosport (Italien)

"Lewandowski-Show in London und ein Abend zum Vergessen für Chelsea. Der Einzug ins Viertelfinale wird für die Blues jetzt wirklich kompliziert. Man kann die Wahrheit nicht verbergen: FC Bayern hat schon einen großen Schritt in Richtung Viertelfinale gemacht“."

Corriere della Sera (Italien)

"Chelsea wird beim Rückspiel eine wahre Leistung vollbringen müssen, um trotz der 0:3-Pleite den Einzug ins Viertelfinale zu schaffen. Vor allem muss der Trainer die verheerende Abwehr neu aufbauen. Lewandowski in Topform ist nicht zu bremsen."

La Repubblica (Italien)

"FC Bayern erteilt wieder einmal einem englischen Club eine demütigende Fußball-Lehre. Chelsea ist zu jung und gespalten, während Bayern eine angsteinflößende Truppe ist, die mit schweren Hieben die Verteidigung der Blues versenkt."

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Thomas Müller: "Es ist natürlich ein Träumchen"

"Das ist eine Stadt, die mag uns, die mag Bayern", bemerkte Rummenigge. Der Finalsieg 2013 in Wembley, das Tottenham-Torfest und jetzt das praktisch schon drei Wochen vor dem Rückspiel in München gebuchte Viertelfinal-Ticket gegen Chelsea, den Final-Alptraum von 2012, benannte der Bayern-Chef als Belege. "Es war ganz wichtig, wieder ein Statement zu setzen", sagte Kapitän Manuel Neuer - eines an alle Münchner Titel-Konkurrenten in Europa.

"Ein 3:0-Auswärtsergebnis ist natürlich ein Träumchen", meinte Thomas Müller: "So macht es Spaß, Anhänger und Spieler des FC Bayern zu sein." Die Ü30-Spieler wie Neuer und Müller, die schon 2013 beim historischen Titel-Triple unter Jupp Heynckes dabei waren, spüren, dass sieben Jahre später unter Anleitung von Flick wieder etwas ganz Großes gelingen könnte. Man sei zum Champions-League-Triumph "absolut in der Lage", verkündete Müller selbstbewusst: "Da geht was!"

Neuer: Die Philosophie des Trainers zählt

Natürlich, in jeder weiteren K.-o.-Runde lauern Gefahren, ein schlechter Tag, Verletzungen, der unkalkulierbare Faktor Glück. Aber die Stoßrichtung stimmt, wie Neuer hervorhob: "Wir haben schon in der Gruppenphase erlebt, wie gut wir international gespielt haben. Wir haben gezeigt, dass wir auch gegen starke Mannschaften einfach die bessere Mannschaft sind." Sieben Siege mit 27:5 Toren, davon 17 durch das Traumduo Lewandowski (11) und Gnabry (6), sind eine Ansage.

"Das 3:0 ist nur die Konsequenz unserer Arbeit in den letzten Wochen und Monaten", sagte Müller – und er meinte die vier Monate seit dem Wechsel von Kovac zu Flick. "Wir haben eigentlich nur positive Ergebnisse erzielt, wenn man die Bilanz sieht, seitdem der Hansi da ist", erläuterte Neuer: "Für mich zählt nicht nur der Sieg, sondern auch die Art und Weise und die Philosophie des Trainers."

Alphonso Davies zündet wie eine Rakete

Flicks Wirken zeigt Wirkung. Er erfand in großer Personalnot den Abwehrchef David Alaba. An der Seite des Österreichers erlebt Jérôme Boateng (31), der längst den Verein verlassen wollte und sollte, eine wahre Renaissance. Flick erfand die Doppel-Sechs Kimmich/Thiago im Mittelfeld. Unter ihm zündete der Highspeed-Youngster Alphonso Davies (19) als linker Außenverteidiger wie eine Rakete. Paradebayer Müller, von Kovac zum Notnagel degradiert, ist wieder ein Antreiber und Wortführer - und vorne wirbeln der zum Teamplayer mutierte Ausnahmestürmer Lewandowski und dessen junger Kompagnon Gnabry.

Gegen Chelsea zeigten die Flick-Bayern, was in ihnen steckt, wenn sie ihr Potenzial total abrufen. "An der Gesamtperformance gibt es nicht viel zu kritisieren. Wir haben es auch besser durchgezogen als in anderen Spielen in der Bundesliga", sagte Müller. Auch Rummenigge bewertete die Chelsea-Demontage als kleinen Triple-Schritt, "aus dem wir viel Kraft für die nächsten Wochen und Monate holen können".

Der Bayern-Chef stachelte die Mannschaft vor "wegweisenden Spielen" in der Liga, im DFB-Pokal-Viertelfinale beim FC Schalke und in der Champions League an: "Ihr müsst weiter die Konzentration und den Willen hochhalten, um dieses Jahr die tollen Ziele, die wir vor Augen haben, zu erreichen. Ihr habt einen tollen Charakter, dass hat man heute Abend wieder gesehen. Ich glaube, dieser tolle Charakter wird euch weit führen, wenn ihr in dem Stil weitermacht."