Gelsenkirchen. Beim DFB-Pokal-Achtelfinale zwischen Schalke 04 und Hertha BSC kommt es zum Eklat. Die Vereinsbosse kündigen Konsequenzen an.
Nach dem Achtelfinal-Krimi zwischen Schalke 04 und Hertha BSC redete kaum noch jemand über Fußball. Berlins Trainer Jürgen Klinsmann und seine Spieler beklagten sich über rassistische Äußerungen gegen Verteidiger Jordan Torunarigha. „Der Junge ist beleidigt worden“, sagte Klinsmann nach dem 2:3 nach Verlängerung: „Wir haben den Schiedsrichtern gesagt, dass sie ihn schützen müssen.“
"Mehrfach" sei es dazu gekommen, sagte Klinsmann nach der 2:3-Niederlage seines Teams nach Verlängerung. Man habe die Schiedsrichter auch sofort darauf hingewiesen. "Der Junge ist beleidigt worden und war aufgepusht", erläutere Klinsmann. "Da braucht man dann Fingerspitzengefühl und muss ihm nicht später in der Situation noch die zweiten Gelbe Karte geben."
Niklas Stark sprach von "Affenlauten", die Rufe von den Rängen seien "unmenschlich und in jeglicher Form abstoßend" gewesen. Der Hertha-Kapitän spricht sich für ein Signal des deutschen Fußballs aus. "Wenn ich mich da auch nur ein bisschen hineinversetze, kommt mir schon alles hoch, und ihn trifft es noch viel mehr", sagte Nationalspieler Stark auf der Internetseite von Hertha BSC. "So was geht gar nicht, das würde zumindest auch teilweise erklären, was da noch passiert ist. Da müssen wir als Mannschaft, als Verein, eigentlich die ganze Bundesliga hinter ihm stehen. Man muss sich ganz klar davon distanzieren, das ist kein Verhalten."
Osmers stellt Torunarigha vom Platz
Die Berliner berichteten, dass sie Schiedsrichter Harm Osmers bei der 2:3-Niederlage in der Verlängerung auf die Beleidigungen hingewiesen hätten. Der in Chemnitz geborene Torunarigha war in der Verlängerung (102. Minute) von Schiedsrichter Harm Osmers aus Hannover nach einem Zweikampf mit Omar Mascarell mit Gelb-Rot vom Platz gestellt worden.
Zuvor war er auch noch unabsichtlich mit Schalkes Trainer David Wagner zusammengestoßen und hatte einen Getränkekasten zu Boden geworfen. Nachdem Wagner dem Hertha-Profi nach eigener Aussage aufhelfen wollte, sah dieser von Osmers nach Videobeweis die Rote Karte und musste den Innenraum verlassen.
"Ich habe null Erklärung für die Rote Karte", sagte Wagner in der Pressekonferenz, als er nach den Gründen für seinen Ausschluss gefragt wurde. "Der Schiedsrichter hat mir erklärt, dass ich den Spieler am Nacken gepackt habe. Aber ich wollte nur dafür sorgen, dass er die Balance wiederfindet."
Schalke-Boss Schneider kündigt Konsequenzen an
Darüber hinaus entschuldigte sich Wagner im Namen des FC Schalke bei den Berlinern und dem dunkelhäutigen Abwehrspieler mit nigerianischen Wurzeln, sollte dieser rassistisch beleidigt worden sein. Wenn so was aufkommt, "ist da in der Regel auch was dran", sagte Wagner. "Da bin ich ganz bei Jürgen. So etwas gehört sich nicht. Dafür möchte ich mich im Namen von Schalke 04 bei Hertha und dem Jungen entschuldigen." Auch er forderte ein energisches Handeln. „In England wird derjenige sofort gepackt und dann raus“, berichtete der Coach, der von 2015 bis 2019 Huddersfield Town trainierte.
Schalkes Sportvorstand Jochen Schneider fand deutliche Worte. „Da gibt es null Toleranz. Mir fehlt jegliches Verständnis für Vollidioten dieser Art“, sagte Schneider und kündigte an: „Wir werden alles dafür tun, dass wir diejenigen, die dafür verantwortlich sind, ausfindig machen und mit Konsequenzen belegen.“
Torunarigha habe „auf dem Platz geweint und wollte aufhören“, berichtete Schalkes Siegtorschütze Benito Raman: „Ich habe ihm Mut zugesprochen und gesagt, dass er weitermachen soll.“ In der Verlängerung sah der sichtlich aufgebrachte Hertha-Verteidiger die Gelb-Rote Karte (100.): Nach einer Attacke von Omar Mascarell hatte er am Spielfeldrand eine Getränkekiste auf den Boden geworfen. Schalke-Trainer David Wagner, der ihn leicht festhielt, bekam nach Videobeweis die Rote Karte (102.).
DFB nimmt Ermittlungen auf
Hertha-Geschäftsführer Michael Preetz hat nach eigenen Angaben Schiedsrichter Osmers aufgrund der rassistischer Beleidigungen um Schutz für Torunarigha gebeten. Er habe vor der Verlängerung zunächst mit dem Spieler gesprochen und dann den Vierten Offiziellen Sven Waschitzki und Referee Osmers über den Vorfall informiert „mit der Bitte versehen, unseren Spieler zu schützen“, sagte Preetz am Mittwoch in einer Mitteilung auf der Internetseite des Clubs.
„Wir verurteilen jegliche Form von Rassismus auf das Schärfste. Rassistische Beleidigungen sind in jedem Stadion ebenso wie in jeder anderen Situation des Lebens zu verurteilen“, sagte Preetz. „Uns alle hat dieser Vorfall sehr getroffen, und wir stehen geschlossen hinter unserem Spieler.“ Der Manager bedankte sich zudem bei seinen Schalker Kollegen für deren "besonnene Reaktion".
Der Kontrollausschuss des Deutschen Fußball-Bundes leitete wegen des Vorwurfs rassistischer Beleidigungen Ermittlungen ein. Der Club und Torunarigha würden schriftlich Stellung nehmen, kündigte Hertha an.
Ex-Nationalspieler Jérôme Boateng zeigte sich bei Twitter "fassungslos" über den Eklat auf Schalke.