Shanghai. Der Hamburger wächst über sich hinaus und zeigt, dass er es auch gegen einen Großen kann. Wie es nun weitergeht.
Alexander Zverev riss die Arme in die Höhe und brüllte die Freude über den Sieg gegen sein Idol hinaus. Mit einer starken Vorstellung gegen Grand-Slam-Rekordchampion Roger Federer ist Deutschlands Spitzenspieler beim ATP-Masters in Shanghai wie schon im Vorjahr ins Halbfinale eingezogen. Auch von einem kurzen Nervenflattern im zweiten Satz mit fünf vergebenen Matchbällen ließ sich der 22-Jährige beim 6:3, 6:7 (7:9), 6:3 nicht beirren.
„Wenn man fünf Matchbälle gegen einen Spieler wie Federer vergibt, ist es immer schwierig, im dritten Satz wieder zurückzukommen“ sagte der gebürtige Hamburger Zverev bei Sky, nachdem er nach 2:04 Stunden dann schließlich doch den sechsten Matchball verwandelt hatte. „Natürlich“, erzählte der ATP-Champion weiter, sei der Sieg gegen den Schweizer „besonders“.
Trifft Zverev nun auf Kumpel Thiem?
Gegen den 38 Jahre alten Federer konnte er sich vor allem auf sein wiedererstarktes Service verlassen, 17 Asse gelangen ihm bei nur einem Doppelfehler. Auch deshalb feierte er im fünften Anlauf den ersten Sieg des Jahres über einen Top-10-Spieler. Den Gegner um den Einzug ins Endspiel ermitteln Matteo Berrettini (Italien) und Dominic Thiem (Österreich).
Im direkten Vergleich mit Federer steht es nun 4:3 für Zverev, es war jedoch das erste Aufeinandertreffen der beiden Freunde als „Geschäftspartner“ - seit August wird Zverev von der Agentur Team8 des Grand-Slam-Rekordgewinners betreut. Schon das zuvor letzte Duell hatte Zverev im Halbfinale des ATP-Finales im vergangenen November in London für sich entschieden. Dort holte er anschließend mit einem Endspielsieg über Novak Djokovic seinen bislang größten Titel.
Der Trend spricht für Zverev
Ob Zverev seinen Titel in der britischen Metropole verteidigen kann, ist noch unsicher. Während der Weltranglistensechste für einen der letzten beiden verbliebenen Startplätze beim Turnier der besten acht Spieler der Saison noch einige gute Ergebnisse braucht, hat Stefanos Tsitsipas sein Ticket für London bereits sicher.
Der 21 Jahre alte Grieche bezwang im Viertelfinale überraschend Titelverteidiger Novak Djokovic nach 2:02 Stunden 3:6, 7:5, 6:3. Insgesamt dürfen sich noch sieben Spieler realistische Chancen auf eine Teilnahme am ATP-Finale ausrechnen – der Trend spricht für Zverev, der schon in der Vorwoche in Peking im Halbfinale stand.
Bei eigenem Aufschlag ließ er gegen Federer zunächst keine Zweifel aufkommen, dessen Service attackierte er hingegen frech - und kassierte nach seinem Break zum 4:2 einen grimmigen Blick des Maestros. Nach 27 Minuten gehörte der erste Satz Zverev.
Federer haderte im Match gegen Zverev
Federer präsentierte besonders am Netz ungewohnte Schwächen, Zverev zeigte sich auf der Gegenseite sehr entschlossen und dominant von der Grundlinie. Nach dem Break zum 6:5 hatte er den Sieg mit drei Matchbällen bereits vor Augen, doch Federer rettete sich erst in den Tiebreak und nach zwei weiteren abgewehrten Matchbällen in den Entscheidungssatz.
Auch dort erwischte Zverev den besseren Start. Federer haderte immer wieder, kassierte vom Schiedsrichter nach einem lustlos aus dem Innenraum geschlagenen Ball gar einen Punktabzug. Doch auch diese Unruhe brachte Zverev nicht mehr aus dem Konzept. „Das habe ich gar nicht so richtig mitbekommen“, sagte Zverev.