Hamburg. Der Abgang seines besten Mannes, der am 28. September debütiert, stellt den Bundesliga-Aufsteiger vor unlösbare Probleme.
Als er ein kleiner Junge war, schaute Edison Zani in Tirana die Kämpfe von Roy Jones junior im Fernsehen. Es war die Zeit, in der der US-Amerikaner im Halbschwergewicht regierte und zu einem der weltbesten Profiboxer wurde, und Edison Zani wusste, dass er alles dafür tun würde, seinem Idol einst im Ring nacheifern zu können. Nun, 15 Jahre später, will der 22 Jahre alte Albaner den ersten Schritt auf diesem Weg wagen. Nach drei Jahren im Bundesligateam der Hamburg Giants wechselt der Weltergewichtler (Klasse bis 66,7 Kilogramm) aus dem olympischen Boxen und gibt am 28. September auf einer Veranstaltung des SES-Stalls von Ulf Steinforth in Magdeburg sein Profidebüt.
„Als Kind habe ich davon geträumt, Profi zu werden. Jetzt fühle ich mich bereit für den Schritt und bin sehr gespannt darauf, was mich erwartet“, sagt der Wahlhamburger. 2014 war Edison Zani ohne seine Eltern und die Schwester in Begleitung eines Onkels nach Deutschland geflohen. In Albanien musste er Blutrache befürchten, da sein Vater in eine Fehde mit einer anderen Familie verwickelt war. Nach seiner Ankunft in Hamburg kämpfte er mithilfe seines Trainers Christian Morales, der das sportliche Potenzial schnell erkannte, um seine Aufenthaltsgenehmigung, die mehrfach auf der Kippe stand. Aktuell darf er bis Jahresende bleiben.
Die Vergangenheit hat der schüchterne Modellathlet dank seiner Fortschritte im Boxring hinter sich gelassen. Zani, der das Reden am liebsten anderen überlässt, ist ein Edeltechniker, der seine Gegner mit chirurgischer Genauigkeit auszuboxen versteht. Für die Giants blieb er in all seinen Bundesliga- und Zweitligakämpfen unbesiegt. Den deutschen Meister Paul Wall aus Berlin führte er in einem gemeinsamen Sparring gnadenlos vor.
Mangels Olympia-Perspektive: Zani wird Profi
Umso überraschender, dass der Deutsche Boxsport-Verband (DBV), mit Medaillenanwärtern nicht gerade üppig gesegnet, kein Interesse an einer Einbürgerung zeigt. Da Olympia deshalb keine Option ist, entschied man sich nun für den Wechsel ins Profilager. „Ich bin von dem Jungen überzeugt“, sagt Trainer Morales (38), „ich denke, dass er etwa drei Jahre braucht, um in der Weltspitze mitmischen zu können.“
Damit ist der Landestrainer des Hamburger Amateur-Box-Verbands nicht allein. Bernd Bönte (63), langjähriger Manager der Klitschko-Brüder, wird Zanis Profilaufbahn als Manager begleiten, nachdem er sich von dessen Fähigkeiten überzeugt hatte. „Ich halte sehr viel von Edi, sehe in ihm riesengroßes Potenzial.“
Zunächst ist geplant, nicht fest mit einem Promoter zu arbeiten, sondern Zani auf verschiedenen Veranstaltungen boxen zu lassen, um ihm Kampfpraxis zu verschaffen und seine Bekanntheit zu erhöhen. Das mittelfristige Ziel ist, in den USA Fuß zu fassen, wo seine Gewichtsklasse – anders als in Deutschland – einen hohen Stellenwert genießt. „Ich bin mir sicher, dass die ersten Anfragen von Promotern nicht lange auf sich warten lassen werden, wenn Edi ein paar Profikämpfe gemacht hat“, sagt Morales.
Giants ohne Zani und Abduljabar nicht bundesligareif
Der Abgang des besten Mannes hat harte Konsequenzen für die Hamburg Giants. Da Schwergewichtler Ammar Abbas Abduljabar als Kandidat für die Sommerspiele 2020 in Tokio den DBV-Statuten folgend in der vorolympischen Saison nicht in der Liga antreten darf, wird der Zweitligameister sein Aufstiegsrecht nicht wahrnehmen und 2019/20 nicht am Ligenbetrieb teilnehmen.
„Ohne Edi und Ammar haben wir nicht die Substanz, um in der Ersten Liga mitzuhalten“, sagt Christian Morales, der bei den Giants als Sportdirektor fungiert. Stattdessen werde man mit Talenten zu Vergleichskämpfen antreten, um diese zu fördern und mittelfristig wieder in den Ligenbetrieb zurückkehren zu können.
Edison Zani würde gern weiter für die Giants antreten. Aber die riesigen Fußstapfen seines Idols Roy Jones junior erfordern volle Konzentration auf den Weg, der nun vor ihm liegt.