New York. Die 19-jährige Bianca Andreescu schlägt im Finale Serena Williams. Der Superstar jagt weiter den Grand-Slam-Rekord von Magaret Court.
Immer und immer wieder hatte sich Bianca Andreescu diesen einen Moment ausgemalt. 15 Jahre war die Kanadierin alt, als sie einen Scheck bastelte, wie ihn die Siegerin der US Open erhält. Jahr für Jahr notierte sie darauf das aktuelle Preisgeld, um ihr großes Ziel nicht aus den Augen zu verlieren. Nun, mit 19 Jahren, muss Bianca Andreescu nicht mehr basteln - sie hält den Siegerscheck über 3,85 Millionen Dollar wahrhaftig in den Händen.
„Ich habe mir oft vorgestellt, wie ich im Finale gegen Serena Williams spiele. Das ist verrückt“, erzählte die neue Königin von New York, ehe ihr die Stimme wegbrach und Tränen in die Augen schossen. Überraschend, aber vollkommen verdient hatte die mutig aufspielende Andreescu ihr Idol Williams in ihrem ersten Grand-Slam-Finale 6:3, 7:5 bezwungen - und konnte es kaum begreifen: „Ich habe von diesem Moment schon so lange geträumt. Dass das nun Realität ist, ist einfach verrückt.“
Einen Traum verfolgte in New York allerdings auch Williams. 20 Jahre nach ihrem ersten Grand-Slam-Titel an gleicher Stelle wollte sie Geschichte schreiben, endlich mit den 24 Major-Titeln der australischen Rekordhalterin Margaret Court gleichziehen. Doch wieder einmal blieb die magische Marke unerreichbar. Selbst Herzogin Meghan als Edelfan in der Box brachte kein Glück.
„Ich jage nicht unbedingt einen Rekord. Ich versuche nur, Grand Slams zu gewinnen“, sagte die 37-Jährige trotzig, ehe sie mit leiser Stimme und nach Worten ringend einräumte: „Es ist super frustrierend. Ich bin so nah, so nah, und wieder so nah dran - und doch so weit weg.“
Williams verliert erneut ein Finale, glänzt aber als faire Verliererin
Seit der Geburt ihrer Tochter Alexis Olympia im September 2017 stand sie viermal in Major-Endspielen, viermal scheiterte sie und gewann keinen einzigen Satz. Anders als noch im Vorjahr, als sie mit ihren Beschimpfungen gegen Schiedsrichter Carlos Ramos den Sieg der Japanerin Naomi Osaka überschattet hatte, gab sie diesmal aber die faire Verliererin.
Trotz feuchter Augen rang sie sich bei der Siegerehrung ein Lächeln ab, ehe sie Andreescu herzlich umarmte. „Sie hat ein unglaubliches Match gespielt, ich bin so stolz auf sie“, lobte Williams: „Sie hat den Titel verdient.“ Vor allem wie Andreescu nach ihrem ersten vergebenen Matchball beim Stand von 5:1 und Williams' anschließendem Comeback im Hexenkessel Arthur-Ashe-Stadium das Match nervenstark beendete, war beeindruckend.
Andreescu ist die erste kanadische Grand-Slam-Siegerin
Als erste Kanadierin überhaupt gewann sie ein Grand-Slam-Turnier, entsprechend groß war auch der Jubel in der Heimat. „Du hast Geschichte geschrieben und ein ganzes Land sehr stolz gemacht“, gratulierte Premierminister Justin Trudeau auf Twitter. Die Toronto Raptors aus Andreescus Heimatstadt, die im Juni als erster kanadischen Meister in der Basketball-Profiliga NBA ebenfalls Historisches vollbracht hatten, machten indes aus ihrem Clubmotto „We the North“ flugs „She the Champ“.
Die Tochter rumänischer Eltern war als Nummer 152 der Welt in die Saison gestartet, nun steht Andreescu auf Position fünf des Rankings. Sie sieht dies auch als Belohnung nach vielen verletzungsbedingten Rückschlägen, selbst in diesem so erfolgreichen Jahr fiel sie wegen Schulterproblemen zwischenzeitlich wochenlang aus. „Du musst immer nur für deine Träume weiterkämpfen und beharrlich bleiben“, sagte sie nun.
Der Triumph in Flushing Meadows soll aber erst der Anfang gewesen sein. „Meine Ziele sind, so viele Grand Slams wie möglich zu gewinnen und die Nummer eins der Welt zu werden“, betonte Andreescu. Wie schnell aus Träumen Realität wird, weiß sie ja schon.