New York. Nächster Nackenschlag: Die Kielerin findet kein Mittel gegen die Krise. Bei brütender Hitze lässt Kerber mehrere Breakchancen aus.
Angelique Kerber winkte entnervt ab und schlich mit hängendem Kopf zum Netz. 53 Tage nach ihrem Zweitrunden-Aus als Titelverteidigerin in Wimbledon hat die 31-Jährige bei den US Open ihre nächste bittere Grand-Slam-Enttäuschung einstecken müssen. In New York scheiterte Kerber bereits an ihrer Auftakthürde, sie verlor gegen die clevere Französin Kristina Mladenovic nach 2:24 Stunden mit 5:7, 6:0, 4:6.
„Natürlich ist das enttäuschend. Es war nicht mein bestes Match“, sagte Kerber und lobte ihre Bezwingerin. „Sie hat eine gute Taktik gegen mich gewählt, es war ein Spiel mit Aufs und Abs. Es ist ein bisschen enttäuschend, dass ich im Match nicht so gut spielen konnte wie zuvor im Training.“
Die Talfahrt der dreimaligen Grand-Slam-Siegerin, die 2016 noch in Flushing Meadows triumphiert hatte, geht ungebremst weiter. Kerber brachte in der knallheißen Mittagssonne auf dem Grandstand nicht genug Konstanz in ihr Spiel, um das dritte Ersrunden-Aus in Serie zu verhindern. Dazu ließ sie zu viele Breakchancen ungenutzt und musste im sechsten Duell mit der früheren Top-10-Spielerin Mladenovic die zweite Niederlage hinnehmen.
Kerber: Starker Beginn, stark nachgelassen
Zwar gelang Kerber ein Start nach Maß, direkt ging sie 2:0 in Führung, doch dann bekam sie Mühe mit Mladenovics variantenreichem Spiel. Kerber tue sich „schwer, wenn die Gegnerin das Tempo variiert, hin und wieder mal Topspin einstreut oder einen Slice“, hatte Mladenovics deutscher Trainer Sascha Bajin im Vorfeld des Spiels der Süddeutschen Zeitung gesagt. Im Vorjahr führte er die Japanerin Naomi Osaka in New York zum Titel – nun befolgte sein neuer Schützling die Anweisungen mit Erfolg.
Mal kamen die Bälle langsam und kopfhoch, mal peitschten sie die Grundlinie entlang, mal landeten sie als Stopp direkt hinter dem Netz – Gift für Kerbers so geliebtes Konterspiel. Hilfesuchend blickte sie beim Stand von 4:4 im ersten Satz zu Manager Aljoscha Thron auf der Tribüne. Einen Trainer suchte sie dort vergebens.
Becker sorgt sich um Kerber
Nach dem Zweitrunden-Aus in Wimbledon hatte sie sich von Trainer Rainer Schüttler getrennt, danach aber kein Spiel mehr gewonnen. „Was ich in Wimbledon gesehen habe und die Wochen danach ohne Trainer und Erfolge, bereitet mir Sorgen“, sagte Tennis-Idol Boris Becker bei Eurosport und fragte: „Wie lange will sie noch Tennis spielen? Weil so macht es keinen Spaß und keinen Sinn.“
Spaß ließ sich Kerber auch gegen Mladenovic selten ansehen, immer wieder haderte sie. Die Französin ließ sich nicht abschütteln und schaffte das Break zum 6:5, die Kielerin konnte den Satzverlust trotz dreier Breakbälle im Anschluss nicht verhindern.
Doch Kerber steckte nicht auf. Auch im zweiten Satz nahm sie Mladenovic direkt den Aufschlag ab, anders als zuvor bestätigte sie das Break aber zum 3:0. Ihre Kontrahentin ließ sich im Anschluss minutenlang am Rücken behandeln, wirkte auf dem Court arg beeinträchtigt und verlor den zweiten Satz glatt.
Das Spiel hatte jedoch noch eine weitere Wendung parat, auf einmal wirkten Mladenovics Bewegungen wieder wesentlich runder und sie meldete sich mit einem Break zu Beginn des dritten Satzes eindrucksvoll zurück. Kerber schaffte zwar den Ausgleich zum 3:3, doch Mladenovic behielt die besseren Nerven und verwandelte ihren zweiten Matchball.