Hamburg. Im Halbfinale um die deutsche Feldhockeymeisterschaft trifft Alsters Kira Horn wieder einmal auf ihren Ex-Club UHC.
Ob sie sich ärgern beim Uhlenhorster HC? Ärgern darüber, dass Kira Horn vor fünf Jahren zum Club an der Alster gewechselt ist und es im November vergangenen Jahres sogar in die deutsche Hockey-Nationalmannschaft schaffte? „Ich glaube schon“, sagt Jens George, Alsters Cheftrainer. „Ich hoffe nicht“, sagt Kira Horn, Alsters Außenverteidigerin. Schließlich sei sie damals im Guten von ihrem Jugendverein geschieden, verstehe sich auch heute noch sehr gut mit den Kolleginnen vom Wesselblek, und überhaupt: „Ich habe mich mit dem Wechsel nicht gegen den UHC, sondern für das junge Team bei Alster entschieden, weil es mich gereizt hat, dort den Neuaufbau mitzumachen und eine neue Herausforderung zu suchen.“
Es ist wichtig, all das zu betonen. Schließlich hat die 24 Jahre alte Hamburgerin an diesem Sonnabend (11 Uhr) bei der Final-Four-Endrunde um die deutsche Feldmeisterschaft in Krefeld das nächste Rendezvous mit ihrer Vergangenheit. In einer Neuauflage des Finales von 2018 treffen Titelverteidiger Alster und Hauptrundensieger UHC im ersten Halbfinale aufeinander. Angesichts der Tatsache, dass sich der Hamburger Lokalklassiker auch auf nationaler Ebene zum Dauerbrenner entwickelt hat, ist das dritte Duell dieser Feldsaison so etwas wie der Murmeltiertag, an dem Bill Murray in der Welterfolgs-Komödie von 1993 denselben Tag immer wieder neu erlebt. Mit dem Unterschied, dass der Ausgang im Sport ungewiss ist.
Als Fünfjährige mit dem Hockey begonnen
„Natürlich kennen wir einander mittlerweile so gut, dass es kaum noch Überraschungen geben kann“, sagt Kira Horn, „deshalb sind unsere Spiele gegen den UHC immer sehr eng, es entscheiden wirklich nur Nuancen.“ Da der UHC sehr strukturiert und mit dem Anspruch agiere, das Spiel zu gestalten, freue sie sich jedes Mal auf das Derby. „Ich finde, dass es immer hochklassige Spiele sind, die großen Spaß machen. Beides sind auf ihre Art coole Vereine.“ Dass beide Teams beim Europapokal über Ostern das angepeilte Finale verpassten, und dass der UHC am vorvergangenen Wochenende das Hauptrundenduell 2:1 gewann, habe keine Bedeutung. „Bei einer Endrunde starten alle bei null.“
Als Kira Horn, die als Fünfjährige beim TuS Alstertal mit dem Hockey begann, den UHC verließ, war die Mannschaft von Cheftrainer Claas Henkel in Deutschland das Maß aller Dinge. Der eigene Nachwuchs hatte es ob der Fülle an Nationalspielerinnen sehr schwer, den Sprung in den Stammkader zu schaffen. „Damals war ich die Kleine aus der Jugend, die mal ein bisschen mitspielen durfte. Deshalb habe ich mir vom Wechsel auch versprochen, eine neue Rolle ausfüllen zu können“, sagt sie. Nach dem Abitur und einem Auslandsjahr in London und Südafrika entschied sich Kira Horn deshalb im Sommer 2014, an die Hallerstraße zu wechseln.
Horn will in den Kader für die EM
Im Team von Jens George ist sie nicht die einzige Spielerin mit UHC-Vergangenheit. Torhüterin Helen Heitmann (22), Abwehrchefin Hanna Granitzki (21) und die mit ihrem zweiten Kind schwangere Torjägerin Lisa Altenburg (29) trugen ebenfalls lange das Trikot mit der Eule. Dass Alster seit dem Double in der vergangenen Saison auf Augenhöhe mit dem UHC agiert, obwohl dieser seit 2009 zehnmal in Serie im Finale um die Feld-DM stand, könnte dazu führen, dass in der Zukunft auch der entgegengesetzte Weg beschritten wird. Bislang steht in Henkels Kader allerdings keine Spielerin mit Alster-Vergangenheit.
Kira Horn ist glücklich mit ihrem Weg. Nachdem sie alle Junioren-Auswahlteams durchlief, bremste ein Meniskusriss den Sprung in den A-Kader aus. Ihn nun mit drei Jahren Verzögerung gemeistert zu haben, mache sie glücklich, auch wenn die zeitliche Belastung die in Klein Borstel aufgewachsene Außenbahnspielerin bisweilen an ihre Grenzen bringt. Schließlich ist da noch ihr Vollzeitjob im Onlinehandel des Modeunternehmens Closed, bei dem sie schon ihr duales BWL-Studium absolvierte. „Zum Glück geben mir meine Chefs vollen Freiraum für meinen Sport. Und ich kann auch von unterwegs arbeiten.“
Großer Entwicklungsschritt
Anders wären vor allem die Belastungen der neuen Pro League, die die deutschen Damen im Februar und März nach Australien, Neuseeland, Argentinien und China brachte, nicht zu bewerkstelligen gewesen. Horn verhehlt nicht, dass insbesondere die Flüge an ihr gezehrt haben. „Aber es war auch eine tolle Erfahrung, dauerhaft auf diesem Niveau gefordert zu sein. Und als Neuling will man jede Chance nutzen, sich zu zeigen.“ Zum Glück hat ihr Freund Anton Boeckel, der ebenfalls bei Alster und in der Nationalmannschaft spielt, Verständnis für ihre langen Absenzen.
Wer Kira Horn in den vergangenen Monaten beobachtete, der sah eine Spielerin, die vor allem in den Bereichen Athletik und Selbstsicherheit einen großen Entwicklungsschritt genommen hat. „Natürlich traue ich mir jetzt mehr zu, nachdem ich gesehen habe, dass ich auf dem höchsten Niveau mithalten kann. Man wächst mit den Aufgaben“, sagt sie. Ob dieses Wachstum für einen Platz im Kader für die EM in Antwerpen (Belgien/16. bis 25. August) reicht, bleibt abzuwarten. Olympia 2020 in Tokio ist ihr erklärtes Ziel. Titel mit dem Club können auf diesem Weg nicht schaden – auch wenn sie dafür an diesem Wochenende ihren Ex-Verein ärgern muss.