Hamburg. Die Vizepräsidentin des Europaverbands möchte Wolfgang Hillmann ablösen. Drei aktuelle Präsidiumsmitglieder unterstützen sie.

Der Führungsstreit im Deutschen Hockey-Bund (DHB) nimmt rasant an Fahrt auf. Beim Bundestag am 25. Mai in Grünstadt (Rheinland-Pfalz) wird sich unter Führung von Carola Meyer (70), Vizepräsidentin des Europaverbands EHF, ein neues Präsidiumsteam zur Wahl stellen, das das amtierende Führungsgremium um Präsident Wolfgang Hillmann (66) ablösen möchte. „Ich habe lange gezögert, mich zur Verfügung zu stellen. Aber ich habe die Notwendigkeit gesehen, dass jetzt etwas passieren musste, denn es darf kein ‘Weiter so’ geben“, sagte die Kölnerin als Begründung für ihre Kandidatur.

Die Atmosphäre im Dachverband der erfolgreichsten olympischen Mannschaftssportart Deutschlands war spätestens seit Januar vergiftet, als ein anonymer Briefschreiber ein „System der Angst im Verband“ anprangerte und der DHB-Spitze „Misswirtschaft und Klüngelei“ sowie „chaotische Umstände“ in der Organisation von Großevents vorhielt. Mitte Februar hatten zudem die früheren Bundestrainer Markus Weise, Bernhard Peters, Jamilon Mülders und Peter Lemmen in einem offenen Brief scharfe Kritik an der Verbandsführung geübt.

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Besonders die Ämterhäufung, wie sie der stark umstrittene Vizepräsident Remo Laschet mit seiner Fokussierung auf die Kernressorts Finanzen und Recht praktizierte, hatte das Quartett angeprangert. Zudem wurde eine Neuausrichtung des Verbands angeregt.

DHB-Präsident Wolfgang Hillmann
DHB-Präsident Wolfgang Hillmann © imago/foto2press | imago sport

Diese will Carola Meyer mit ihrem Team nun umsetzen. Im Vordergrund stehe transparentes Handeln nach den Vorschriften der Good-Governance- und der Code-of-Conduct-Regularien. Dies ist als Reaktion darauf zu deuten, dass Laschet vorgeworfen worden war, eine Agentur mit den Bereichen Marketing und Events betraut zu haben, an der er über Umwege beteiligt gewesen sein soll. Dieses Geschäftsgebaren hatte für großen Unmut im Verband gesorgt. Laschet hatte vor einigen Wochen angekündigt, am 25. Mai nicht wieder für ein Präsidiumsamt zur Verfügung stehen.

Werden sie das neue Führungs-Team?

Carola Meyer legt Wert darauf, in ihrem Team für jedes Ressort ein Mitglied mit klarer Aufgabenzuteilung vorzuhalten. Aus dem amtierenden Präsidium sollen die Hamburgerin Marie-Theres Gnauert als Vizepräsidentin Leistungssport, Anette Breucker als Vizepräsidentin Jugend und Jan-Hendrik Fischedick als Vizepräsident Breitensport/Sportentwicklung zum neuen Team gehören. Gnauert und Breucker haben ihre Bereitschaft dazu bereits bestätigt.

Für das Ressort Kommunikation/Events tritt mit Julia Walter die langjährige Teammanagerin der deutschen Damen an, die sich durch ihre Arbeit mit dem Nationalteam und als Geschäftsführerin des Berliner HC einen sehr guten Ruf erworben hatte. Der Jurist Christian Deckenbrock, Vorsitzender des DHB-Spielausschusses und langjähriger Bundesliga-Schiedsrichter, steht für das Ressort Recht bereit. Um die Finanzen soll sich ein anerkannter Good-Governance-Experte des Wirtschaftsprüfers KPMG kümmern, mit dem die Verhandlungen vor dem Abschluss stehen.

Meyer selbst möchte „mit meiner Erfahrung und meinem Netzwerk helfen, dass sich alle beim DHB in Ruhe den wichtigen Aufgaben widmen können, die auf dem Plan stehen.“ Diese umfassen die Umsetzung der Leistungssportreform, die Vorbereitung auf die Olympischen Sommerspiele 2020 in Tokio sowie die mögliche Neustrukturierung der Bundesligen mit der geplanten Gründung eines vom DHB unabhängigen Ligaverbands.

Gibt es ein zweites Gegen-Präsidium?

In der Hockeyszene wird damit gerechnet, dass Meyers Team nicht das einzige Gegenpräsidium sein könnte, das am 25. Mai antritt. DHB-Ehrenpräsident Stephan Abel, der sein Amt 2015 an Hillmann abgegeben hatte, hatte Ende vergangener Woche angekündigt, an einem Gegenkonzept zu arbeiten. Allerdings soll ihm bislang eine Mannschaft fehlen.

Wie Hillmann auf die Ankündigungen reagiert, bleibt abzuwarten. Gegenüber dem Abendblatt wollte er sich am Dienstag nicht äußern. Über Meyers Kandidatur war er am vergangenen Wochenende informiert worden. Ein Angebot zur Zusammenarbeit – und damit zu einem ehrenvollen Abgang ohne Wahlkampfgetöse – liegt ihm vor. Auch die Präsidenten der Landesverbände sind in die Thematik eingeweiht worden.

Ingo Heidebrecht, Präsident des Hamburger Verbands, sagte, man werde am 16. April auf der Mitgliederversammlung mit den Hamburger Vereinen über das Verhalten auf dem Bundestag entscheiden. Dann dürfte wohl auch feststehen, ob es in Grünstadt zu einer Kampfabstimmung kommen wird oder nicht.