Nürnberg versucht mit einem Radikalschlag die Wende im Abstiegskampf einzuleiten. Einen echten Rettungsplan hat der Club aber nicht.
Nürnberg. Erst wurde Sportvorstand Andreas Bornemann entlassen, dann Aufstiegstrainer Michael Köllner geschasst: An einem spektakulären Tag am Valznerweiher leistete sich der 1. FC Nürnberg mitten im Bundesliga-Abstiegskampf einen „Kahlschlag an sportlicher Kompetenz“, wie Aufsichtsratssprecher Thomas Grethlein eingestand – eine tragfähige Folgelösung oder wenigstens eine klaren Plan präsentierte der Club vor dem Duell mit Tabllenführer Borussia Dortmund nämlich nicht.
Bei einer Brotzeit mit Käse- und Wurstplatten nahm in einer stundenlangen Sitzung am Montagabend die folgenreiche Entscheidung Konturen an. „Wir können nicht immer sagen, wir machen einfach so weiter. Wir mussten einen Impuls setzen“, sagte Grethlein am Dienstag.
„Phantom“ Mintal übernimmt vorerst
Kontrollchef Grethlein verkündete, dass „bis auf Weiteres“ der bisherige Co-Trainer Boris Schommers gemeinsam mit Club-Ikone Marek Mintal („Das Phantom“) die Mannschaft des Tabellenletzten interimistisch übernehmen und schon bis zum BVB-Spiel am kommenden Montag irgendwie ein Fünkchen Hoffnung entfachen soll.
Wann ein neuer Cheftrainer kommt, ist ebenso unklar, wie der Zeitraum für die Einstellung eines neuen Sportvorstandes. Der Nachfolger für Bornemann solle „mit aller Sorgfalt“, aber unter „Hochdruck“ gesucht werden, zehn Tage seien „zu kurz“, es werde aber auch keine acht Wochen dauern.
Der Sportvorstand erhalte dann den Auftrag „einen passenden Trainer zu finden. Es kann nicht Aufgabe des Aufsichtsrats sein, die Trainerfrage zu lösen. Wir können gar nicht beurteilen, wer ein guter Trainer ist“, sagte Grethlein, der mit seinen Gremiumskollegen kurz zuvor beschlossen hatte, dass Köllner nicht mehr gut genug ist.
Bornemann hielt an Köllner fest
Die Trennung von Bornemann war für den Aufsichtsrat der Franken unausweichlich, weil dieser trotz einer Horrorbilanz von 15 Bundesligaspielen ohne Sieg und nur zwei Saisonerfolgen überhaupt nicht von Köllner abrücken wollte.
„Er hat sein Schicksal mit dem des Trainers verbunden“, erklärte Grethlein. Um satzungsgemäß handlungsfähig zu sein, wurde nach dem Aus von Bornemann Marketingleiter Marcus Rößler übergangsweise zum zweiten Vorstand neben Finanzvorstand Niels Rossow berufen.
Letztlich war es vor allem der erschreckende Pokal-Auftritt vor einer Woche beim HSV (0:1), der im Aufsichtsrat zu einem Umdenken führte. „Wir wissen“, sagte Grethlein, „dass der Trainerwechsel kein Königsweg ist. Wir waren trotzdem der Überzeugung, wir sollten alles versuchen, um vielleicht die Liga zu halten.“ Doch das scheint derzeit kaum vorstellbar, obwohl der VfB Stuttgart (15 Punkte) auf dem Relegationsplatz lediglich drei Zähler entfernt ist.
Aufstieg bleibt mit Bornemann und Köllner in Erinnerung
Was Bornemann und Köllner aber auch angelastet wurde, war die zunehmende Verklärung der sportlichen Realität. Beide verblüfften wiederholt mit eigenwilligen Spielanalysen und Sichtweisen, das blieb auch dem obersten Club-Gremium nicht verborgen. Grethlein sprach von einer „sehr schlechten Außendarstellung. Es gab Statements, die kann man nicht unmittelbar nachvollziehen. Es zeugt nicht von Größe, wenn ich permanent auf die widrigen Umstände deute“.
Als wesentlicher Verdienst von Bornemann und Köllner bleibt vor allem der achte Bundesliga-Aufstieg der Vereinsgeschichte, womöglich war auch deshalb das Band zwischen beiden so fest. Bornemann hatte zudem eine wesentlichen Anteil an der schrittweisen wirtschaftlichen Konsolidierung des Vereins, der deshalb auch bei einem erneuten Abstieg nicht in Depression verfallen würde. „Wir würden stärker in die 2. Liga zurückgehen, als wir sie verlassen haben“, sagte Grethlein. Die neue Führungscrew sollten sie aber besser deutlich vorher finden.