Hamburg. Der Weltmeister schildert exklusiv für das Abendblatt, wie die deutschen Spieler die letzten Stunden vor dem Halbfinale erleben.
Vor der WM habe ich auf einen Titelgewinn unserer Mannschaft getippt, und nach dem bisherigen Turnierverlauf sehe ich auch keinen Grund, meine Meinung zu ändern. Natürlich waren da zum Teil sehr enge Spiele dabei, und die Brasilianer haben uns gleich zweimal geholfen, indem sie in der Vorrunde Russland und dann in der Hauptrunde die Kroaten besiegten. Sich aber ungeschlagen ins Halbfinale zu werfen spricht für die Stärke und das Selbstbewusstsein unseres Teams.
Wir haben einen breiten Kader, alle Spieler haben im Turnier ihre Einsatzzeiten erhalten und sie genutzt. Bundestrainer Christian Prokop hat viele Optionen, wir sind schwer ausrechenbar. Das ist gerade gegen Ende einer WM ein großer Vorteil. Auch den Ausfall unseres Spielmachers Martin Strobel, der sich gegen Kroatien einen Kreuzbandriss zuzog, haben wir noch im Spiel selbst gut kompensieren können.
Die Fans sind ein wichtiger Faktor
Ein wichtiger Faktor wie auch damals 2007 bei unserem Titelgewinn sind die Fans. Die Stimmung in der Köln-Arena mit ihren 19.500 Zuschauern ist eigentlich nicht zu toppen, aber jeder, der schon einmal das Pokal-Final-4 in unserer Halle am Volkspark erlebt hat, weiß, was auch in Hamburg abgehen kann, selbst wenn hier 7000 Zuschauer weniger reinpassen und sich vermutlich auch viele Dänen, Norweger und Franzosen Tickets besorgt haben.
Als Spieler hast du trotz des kräftezehrenden Turniers alle Wehwehchen und Schmerzen vergessen, du bist im Tunnel, voll auf das Halbfinale gegen bärenstarke Norweger fokussiert. In den letzten 30 Stunden stehen nur noch kurze, lockere Trainingseinheiten an, Videostudium und taktische Besprechungen.
Was Sie über das Halbfinale in Hamburg wissen sollten
Während du dich in der Bundesliga eine Woche lang auf den Gegner vorbereitest, hast du bei einer WM immer nur wenig Zeit, entsprechend aufmerksam saugst du alle Informationen auf, wer wann wie wirft, wie die Deckung steht, wie der Torhüter reagiert. Noch wichtiger ist es, dass du dich als Team auf deine Stärken besinnst, diese ansprichst.
Kaum einer interessiert sich für das andere Spiel
Am Spieltag selbst hat jeder seinen eigenen Rhythmus. Es gibt keine festen Frühstückszeiten mehr, bis zehn Uhr sollten aber alle am Büfett gewesen sein. Am Nachmittag darf wer will noch mal ein kurzes Nickerchen halten, bevor es in die Halle geht. Vor Ort interessiert sich kaum jemand für das andere Halbfinale.
Du versuchst, dich auf dein Spiel zu konzentrieren, dich nicht ablenken zu lassen. Wenn dann die Nationalhymne erklingt, sind alle bereit, heiß und voller Vorfreude. Endlich wird wieder Handball gespielt.