Hamburg. Hamburgs Rollstuhlbasketballer suchen vor der neuen Bundesligasaison Sponsoren und hoffen auf Unterstützung der Politik
Knapp fünf Wochen ist es her ... „Die Hamburger lieben Rollstuhlbasketball“, strahlte Friedhelm Julius Beucher, Präsident des Deutschen Behindertensportverbandes, nach WM-Bronze für die deutschen Damen um die Hamburgerinnen Anne Patzwald, Mareike Miller und Maya Lindholm. 60.000 Zuschauer fanden den Weg in die edel-optics.de-Arena in Wilhelmsburg. Ein elftägiges Fest des Rollstuhlsports, ein Sommermärchen. Und nun?
An diesem Sonnabend starten die BG Baskets im HSV um 15 Uhr gegen die München Iguanas in die neue Bundesligasaison. „Leider haben wir durch die WM keine neuen Sponsoren gewinnen können“, sagt Kumar Tschana, der Leiter Amateursport im HSV, „wir haben bei der WM Werbung gemacht, Partner eingeladen, die Sportart präsentiert. Alle waren begeistert. Aber es ist nichts Nachhaltiges passiert. Das erschwert uns die Arbeit.“
Schlimmer noch: Der Vertrag mit der Hamburger Niederlassung der Automarke mit dem guten Stern läuft Ende Oktober aus und wurde nicht verlängert. Der behindertengerechte Teambus steht damit nicht mehr zu Verfügung, ebenfalls die entsprechend umgebauten Pkw für Spieler nicht. Weil auch Hauptsponsor BG Klinikum seine Unterstützung nun großteils in Sachleistungen liefert, fehlen dem HSV etwa 100.000 Euro, um den Jahresetat für das Bundesligatopteam von rund 450.000 Euro zu decken. In dieser Saison gleicht der Verein diesen Fehlbetrag aus – weil er es durch den enormen Mitgliederzuwachs durch Fußballfans kann. Im nächsten Jahr wird das wohl nicht mehr möglich sein.
Die BG Baskets spielen in dieser Saison also quasi auf Bewährung, bleibt die Unterstützung durch Sponsoren, Wirtschaft und Politik so überschaubar wie zurzeit, scheint ein Ausstieg aus dem Leistungssport im nächsten Jahr möglich. Auch das wäre ein weiteres verheerendes Signal für den Spitzensport in Hamburg. „Uns wurde auch vom Sportamt Unterstützung versprochen“, sagt Tschana, „dazu sind wir in Kontakt.“
Trainer Holger Glinicki versucht, die ungewisse Zukunft auszublenden. Seine Aufgabe ist es, ein Team zu formen, das nach dem enttäuschenden siebten Platz der letzten Saison unter die ersten vier kommen soll. „Die Mannschaft ist sportlich stärker als im letzten Jahr“, sagt der 65-Jährige, „die Stimmung ist super.“ Den Abgänge von Nationalspieler Kai Möller und Karlis Podnieks zu den Topclubs aus Wetzlar und Elxleben stehen die Rückkehr von Reo Fujimoto und die US-Amerikaner Derek Hoot und Ryan Neisswender als Neuzugänge gegenüber.
„Wir haben es auch ohne neue Partner geschafft, eine gute Mannschaft zusammenzuhalten“, sagt Glinicki. Spieler haben sich sogar bei ihm angeboten. „Die Bedingungen sind grundsätzlich in Hamburg ideal“, sagt Tschana. Und doch: Nur wenn die zahlreichen Bekenntnisse zu dem Sport nach der erfolgreichen WM keine leeren Phrasen bleiben, hat das Bundesligateam auf Dauer eine Zukunft.