Hamburg. Der 31 Jahre alte Boxer will auch als Europameister weiter als Containerfahrer im Hamburger Hafen arbeiten.
Profiboxer hassen Kampfabsagen. Die Vorbereitung vieler Wochen, abgestimmt auf den einen Tag X – vergebens. Die Chance auf einen neuen Anlauf kommt zumeist nicht in der Folgewoche, sondern Monate später. Insofern hatte Sebastian Formella noch Glück. Als das für 15. September in Lübeck geplante Duell des Hamburger Superweltergewichtlers um die WBO-EM mit Ilias Essaoudi (28/Dorsten) aus organisatorischen Gründen abgesagt wurde, hatte sein Promoter Erol Ceylan sofort einen Ersatztermin parat. Nun steigen die beiden unbesiegten Kämpfer an diesem Sonnabend auf der Kampfsportgala Enfusion in der Sporthalle Hamburg in den Ring.
Für Formella bedeutete die 14-Tage-Verschiebung dennoch hohen Aufwand. Da der 31-Jährige hauptberuflich als Containerfahrer im Hamburger Hafen arbeitet und sich die Vorbereitungsphase nur mit mühevollem Ansammeln von Überstunden und dank des Entgegenkommens seines Arbeitgebers freischaufeln kann, musste er in der ersten Woche nach dem ursprünglich geplanten Termin wieder arbeiten gehen.
Nächster Schritt zu einem großen Titel
„Immerhin habe ich diese Woche noch komplett frei, um die letzten Einheiten in Ruhe absolvieren zu können“, sagt er. Die dauerhafte Doppelbelastung zugunsten des Leistungssports einzustellen, das wäre für den Edeltechniker erst dann ein Thema, wenn eine WM-Chance die Aussicht auf hohe finanzielle Vergütung böte. „Dank meines Berufs bin ich abgesichert, das will ich nicht aufgeben. Außerdem macht es mir immer noch zu viel Spaß“, sagt er.
Eine erfolgreiche Verteidigung seines EM-Titels gegen den schlagstarken Essaoudi könnte Formella allerdings auf seinem Weg zu einem großen Titel einen Schritt weitertragen. Aus Respekt vor seinem aktuellen Gegner möchte der Fischbeker zwar nicht über den Sonnabend hinaus planen. Dennoch hat auch er natürlich mitbekommen, dass der Kölner Shootingstar Deniz Ilbay (23), der kürzlich einen Vertrag mit dem Sauerland-Stall schloss, nach seinem letzten Sieg vor zehn Tagen das von vielen deutschen Fans geforderte Duell mit Formella öffentlich als seinen Wunschkampf bezeichnete.
„Natürlich wäre das ein toller Fight, den man in Deutschland bestimmt gut vermarkten könnte. Ich würde mich freuen, wenn wir bald einen Termin finden würden“, sagt Formella. Für den 15. Dezember hat Ceylan die Sporthalle Hamburg bereits geblockt. Aber Sebastian Formella wird sich auch auf jedes andere Datum einstellen. Übung darin hat er ja.