Hamburg. Ex-Cruisergewichtsweltmeister startet am Sonnabend neu und glaubt an eine WM-Chance im nächsten Jahr
Der Profiboxer, der vor einem Kampf zugibt, schlecht trainiert zu haben, muss noch geboren werden. Insofern waren die Worte, die man in den vergangenen Tagen aus dem Lager von Marco Huck vernehmen konnte, wenig überraschend. In absoluter Topform sei der 33-Jährige. In der Vorbereitung, die er mit Cheftrainer Varol Vekiloglu in Berlin absolvierte, habe er bewiesen, dass das Feuer noch in ihm brenne. Alles angerichtet also für den Neustart, den der langjährige Cruisergewichtsweltmeister an diesem Sonnabend (20 Uhr/Sport 1) in München anpeilt. Huck will im Herbst seiner Karriere das Schwergewicht aufmischen.
Fraglos verdient ein Sportler wie der gebürtige Serbe, der seinen WBO-Titel im Limit bis 90,2 Kilogramm 13-mal erfolgreich verteidigen konnte, Respekt für das bisher Geleistete. Und dass er vom Wechsel in die Königsklasse träumt, weiß man seit 2012, als er bei einem einmaligen Ausflug gegen seinen damaligen Sauerland-Stallkollegen Alexander Powektin nur nach Punkten unterlag. Aber wer seine letzten beiden Kämpfe erinnert, als er von den zur Cruisergewichts-Weltspitze zählenden Mairis Briedis (Lettland) und Oleksandr Usyk (Ukraine) vorgeführt wurde, der darf Zweifel verspüren ob Hucks Anspruch, 2019 auch im Schwergewicht um die WM zu kämpfen. Duelle mit den Topstars Anthony Joshua (England) oder Deontay Wilder (USA) mögen sich nur diejenigen wünschen, die sich daran erfreuen, Huck am Boden zu sehen.
Dass es davon einige gibt, ist der Tatsache geschuldet, dass der Wahl-Berliner trotz der Demütigungen des vergangenen Jahres sein überbordendes Selbstbewusstsein nicht eingebüßt hat. „Ich bin nach dem Usyk-Kampf in mich gekehrt und habe mich gefragt, was ich noch erreichen will“, sagt Huck. „Ich war satt, mir fehlte die Lust. Die habe ich jetzt wiedergefunden.“ Jeder wisse doch, „dass ich Usyk und Briedis schlagen könnte, wenn ich in Topform bin. Aber wenn ich nicht mit ganzem Herzen bei der Sache bin, kann ich nicht in Topform kommen. Das war das Problem.“
Fehlende boxerische Klasse als Begründung für die Niederlagen anzuführen, käme einem wie Huck nie in den Sinn. Und wahrscheinlich braucht ein Profiboxer diese selektive Wahrnehmung, um sich der Herausforderung zu stellen, nun gegen körperlich deutlich überlegene Gegner antreten zu müssen. 188 Zentimeter Körperlänge sind zwar auch im Schwergewicht kein Zwergenmaß. Aber ob der Massezuwachs auf aktuell rund 102 Kilogramm nicht entscheidend die Schnelligkeit mindert, die Hucks Stärke sein könnte, bleibt abzuwarten. Der Boxer selbst sieht nur die Vorteile. „Meine Schnelligkeit habe ich mir bewahrt, dazu habe ich nun noch mehr Schlaghärte“, sagt Huck.
Um das zu beweisen, hat er sich mit dem Koblenzer Yakup Saglam einen ernst zu nehmenden Auftaktgegner gesucht. Zwar ist der Deutschtürke bereits 41 Jahre alt, hat in 44 Profikämpfen aber nur viermal – und das gegen Weltklasseleute wie Joseph Parker oder Odlanier Solis – verloren. „Das ist ein super Test. Ich brauche auch kein Fallobst, ich will die Besten boxen“, sagt Huck.
Wie schnell sich im Boxen neue Chancen ergeben, zeigt auch der Fakt, dass Huck, der sich in Eigenregie vermarktet, in München auch mit Sauerland kooperiert. Im Oktober 2014 hatte man sich im Streit getrennt, als Huck just in der Phase zur Selbstständigkeit strebte, als Sauerland um einen neuen Fernsehvertrag kämpfte. Nun braucht man einander wieder. „Für mich ist das keine große Sache, man sieht sich immer zweimal im Leben“, sagt Huck, „jetzt beginnt ein neues Kapitel.“