Salzburg. Erstmals überhaupt scheitert Borussia Dortmund an einem Club aus Österreich. Nach der Blamage gegen Salzburg wird der Trainer deutlich.
Peter Stöger war mächtig geladen, verkniff sich aber eine spontane Standpauke für sein Team. „Ich habe in der Kabine kaum noch Worte gefunden. Es kann sein, dass man sich dann im Ton vergreift“, verriet der Dortmunder Trainer. Gleichwohl verspürte er wenig Lust, seine Profis nach dem blamablen Achtelfinal-Aus in der Europa League gegen Außenseiter Salzburg in Schutz zu nehmen.
Vor allem Weltmeister Mario Götze hatte mit einer desolaten Vorstellung den Trainer in Wallung gebracht. „Mit Mario waren wir überhaupt nicht einverstanden“, beklagte Stöger. „Wenn gar nicht das umgesetzt wird, was wir machen wollten, müssen wir versuchen, anderen Jungs eine Möglichkeit zu geben.“
Aber auch die anderen Spieler des hoch bezahlten Teams nahm Stöger in ungewohnt scharfer Form vor laufenden Kameras zur Brust: „Wenn du nur Hacke, Spitze spielst, kannst du nicht gewinnen. Wer so behäbig spielt, braucht sich nicht zu wundern, wenn er keine Chancen hat.“
Nur ein Sieg in zehn internationalen Spielen
Das vollmundige Versprechen der Spieler nach dem 1:2 eine Woche zuvor in Dortmund, sich mit allen Mitteln gegen den drohenden Knockout zu wehren, wurde beim 0:0 im zweiten Duell mit den Österreichern über weite Strecken ad absurdum geführt. Stattdessen sorgten sie für eine der größten Peinlichkeiten in der langen Europacup-Geschichte des BVB. Der erste Schuss auf das gegnerische Tor gelang erst in der 51. Minute. „Ein Maß an Überwindung wäre nötig gewesen, aber das haben wir einfach nicht drauf“, polterte Stöger nach dem ersten Ausscheiden des BVB gegen eine österreichische Mannschaft überhaupt.
Am Ende einer völlig missratenen Europacup-Saison mit nur einem Sieg in zehn Spielen dämmerte es allen Beteiligten, dass der Kader dringend eine Generalüberholung benötigt. „Möglicherweise verlässt man sich zu sehr, was auf dem Papier steht, nämlich, dass da viel Qualität ist. Aber die müsste man dann halt auch sehen“, kommentierte Stöger schon fast sarkastisch.
Schürrle haut in Stögers Kerbe
Mit der Auswechslung seiner wohl größten Stars Marco Reus und Mario Götze zur Halbzeit sorgte der österreichische Fußball-Lehrer für Aufsehen. Die Herausnahme von Reus begründete er mit dessen „Problemen im Adduktorenbereich“. Bei Götze verwies er jedoch unverblümt auf die schwache Vorstellung des Weltmeisters.
Auch innerhalb des Teams kam niemand auf die Idee, den unwürdigen Auftritt schönzureden. André Schürrle wählte ähnliche Worte wie sein Coach: „Wir haben uns den Schneid abkaufen lassen. Am Anfang steht im Fußball immer der Kampf, Topspieler hin oder her.“ Torhüter Roman Bürki, der mit zahlreichen Glanzparaden eine Niederlage abwendete und deshalb einer der wenigen Lichtblicke war, bemängelte ebenfalls den fehlenden Kampfgeist: „Das war ein Endspiel. Das wussten wir. Deshalb ist es sehr enttäuschend zu sehen, wie wir dann aufgetreten sind.“
Schmelzer lässt keine Ausreden mehr zu
Die aufkommende Dortmunder Eiszeit verschlechterte die Position von Stöger für die in Kürze anstehenden Gespräche mit der Clubspitze über die Fortsetzung der nur bis Sommer fixierten Zusammenarbeit. Der Einzug in die Champions League wird für den Coach mehr denn je zur Pflicht. Einfach wird das angesichts des schweren Restprogramms jedoch nicht. Stöger hofft, dass sein verunsichertes Team zumindest in der Bundesliga Kurs hält. „Man kann jetzt nicht sagen, dass wir total wegkippen werden. Wir hatten schließlich erst kürzlich ein positives Erlebnis“, sagte er mit Verweis auf das 3:2 über Frankfurt vier Tage zuvor.
Ein Sieg am Sonntag im Heimspiel gegen Hannover könnte helfen, den Frust zumindest ein wenig zu vertreiben. Kapitän Marcel Schmelzer gab die Richtung vor: „Wir müssen aus diesen beiden Partien gegen Salzburg die richtigen Lehren ziehen. Von nun an gibt es für uns keine Ausreden mehr, dass wir alle drei Tage ein Spiel haben.“
Freuen durfte sich zum Abschluss der Dortmunder Europapokalsaison indes noch einmal Sport1: Die Live-Übertragung aus Salzburg verfolgten im Schnitt 2,67 Millionen Zuschauer. In der Spitze schalteten bis zu 3,35 Millionen Zuschauer ein. Nach dem Aus des BVB ist Vizemeister RB Leipzig der letzte verbliebene Bundesligist im Wettbewerb.