Hamburg. Der Olympiasieger schildert in seinem Buch neue Ideen für Sportentwicklung. Zurzeit ist Fürste in der Vox-Show “Ewige Helden“ zu sehen.
„Ich bin noch nie extra für ein Eishockeyspiel aufgestanden“, erzählt Moritz Fürste, „aber am vergangenen Sonntag saß ich mit meiner Tochter um 5.20 Uhr vor dem Fernsehgerät.“ Das Olympiafinale zwischen dem deutschen Team und den „olympischen Athleten aus Russland“ hat den Sportenthusiasten natürlich gefesselt wie fast das ganze Land. Da war es wieder, dieses ganz besondere Gefühl, das der Sport entfalten kann – und manche sagen: nur der Sport. Diese Mischung aus Gemeinschaft, Euphorie, Niederlage, Erfolg. „Magie“ nennt es der zweimalige Olympiasieger Fürste. Es ist sein Thema, war es immer. Als aktiver Hockey-Nationalspieler und eben auch als jemand, der privat und beruflich versucht, seine Sportbegeisterung zu vermitteln.
„Mein Traum, dass der Sport in unserem Land eine wesentlich größere gesellschaftliche Relevanz erhält, soll kein Traum bleiben“, schreibt Fürste in seinem Buch „Nebenbei Weltklasse“, das seit diesem Mittwoch in den Buchhandlungen liegt. Aufstehen für ein Eishockeyfinale, das zeigt doch das Potenzial für diesen Traum, ebenso der Jubel um die Biathletin Laura Dahlmeier, die Eiskunstläufer Aljona Savchenko/Bruno Massot, den Skispringer Andreas Wellinger und all die anderen. „Die Olympischen Winterspiele haben natürlich auch begeistert, weil die deutschen Athleten so erfolgreich waren“, sagt Fürste. „Es gab jeden Tag eine positive Geschichte.“
Fürste spricht Klartext
Aber jeder weiß: Das ist nicht die Regel. Olympia ist die große Ausnahme. Das ist Fürstes großes Thema: „Eine Karriere im Volleyball, Eishockey oder eben auch im Hockey findet hierzulande unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt.“ Auch deshalb jetzt dieses Buch: „Ich mache mir schon lange und intensiv Gedanken über den Sport und beschäftige mich auf allen Ebenen damit“, erzählt der 33-Jährige. Aus seiner Meinung hat er selten ein Geheimnis gemacht, er spricht Klartext in verschiedensten Medien. Einige sagen sogar, er rede zu viel. „Ich bin mehrfach darauf angesprochen worden, dass es interessant sein könnte, meine Sicht der Dinge mal zusammenzufassen.“
Das ist nun mithilfe von Abendblatt-Redakteur Björn Jensen geschehen. Fürste erzählt über seinen Werdegang von der Kindheit mit dem frühen Verlust des Vaters über die Jugend bis zum 262. und letzten Länderspiel auf dem Feld, in dem er noch einmal Bronze bei Olympia 2016 gewann. „Das war unter den Umständen eine riesige Leistung unseres Teams, die für mich auch eine emotional immens hohe Bedeutung hatte“, schreibt er.
„Mo Dampf in allen Gassen“
Emotional ging es auch am Dienstag in der Sendung „Ewige Helden“ bei VOX zu, wo Fürste sich mit sieben anderen deutschen Sportheroen vergangener Zeiten in Wettkämpfen misst und man sich auch aus dem eigenen Leben erzählt. Das alles begleitet mit gefühligen Filmen von Triumph und Scheitern. „Ich habe noch selten Videos aus meiner Kindheit geschaut, es hat mich emotional sehr gepackt“, erzählt Fürste. „Es war total geil.“ Am Ende der Folge, die seiner Laufbahn gewidmet war, errang er auch noch seinen ersten Wochensieg.
Im September wurde die Reihe in Spanien aufgezeichnet, das erklärt das schöne Wetter – und das Zeitphänomen. Wie sonst wäre es möglich, dass Fürste wie „Mo Dampf in allen Gassen“ omnipräsent wirkt. An diesem Mittwoch veröffentlicht er die neue Folge seines Web-Podcasts MoSports, in dem er mit anderen Topsportlern plaudert. Dieses Mal ist Crocodiles-Eishockeyspieler Christoph Schubert an der Reihe. Fürste tritt auch als (Motivations-)Redner in Firmen auf, er ist Botschafter für das „Grüne Band“, dem Nachwuchsleistungssportpreis von DOSB und Commerzbank, und er feierte vor drei Wochen noch einen unwahrscheinlichen sportlichen Triumph mit „seinem“ Uhlenhorster HC: die deutsche Meisterschaft in der Halle, sein erster nationaler Titel, tatsächlich: „Es war überragend mit den alten Recken und hat viel Spaß gemacht.“
Längst aber gehört der größte Teil des Tages seiner Arbeit in der Agentur Upsolut Sports, deren Geschäftsführender Gesellschafter er gemeinsam mit Christian Toetzke ist. Neben dem von Upsolut entwickelten Fitness-Work-out-Event Curox kümmert er sich dort in erster Linie um die Vermarktung des „Team Hamburg“, das Olympiakandidaten unterstützt. Dabei stößt er wieder auf das Problem, das er auch als Aktiver teilweise erlebt hat: die Geringschätzung der olympischen Sportarten im Vergleich zum Fußball.
„Ich erwarte von der Politik, dass sie dem Sport dieselbe Bedeutung beimisst wie anderen gesellschaftlich relevanten Gebieten“, sagt Moritz Fürste auch. Groß denken, seine Ziele verfolgen und schließlich umsetzen, das hat er immer getan. Wer weiß also, was da noch kommt bei dem positiv Sportverrückten mit Visionen: „Falls Frau Merkel oder wer auch immer dieses Land in Zukunft anführt endlich auf ein eigenes Sportministerium setzt, darf man mich gern anrufen.“