Er ist der Mann, der Deutschland Football erklärt – auch beim Super Bowl zwischen den New England Patriots und den Philadelphia Eagles.
Minneapolis. Patrick Esume sitzt auf einer Bank in der „Mall of America“ und schaut auf eine Achterbahn. Im riesengroßen Shopping-Center befindet sich ein Freizeitpark – und das passt zu dieser Woche der Superlative. In den USA ist Super-Bowl-Zeit, in der Nacht von Sonntag auf Montag treffen die New England Patriots mit Rekord-Quarterback Tom Brady auf die Philadelphia Eagles (0.30 Uhr, live bei ProSieben). Mittendrin bewegt sich der „Coach“, wie er von seinen Fans genannt wird.
Erneut geht ein anstrengender Tag geht für Esume zu Ende. 292.000 Fans folgen ihm inzwischen in den sozialen Netzwerken im Internet – Stand Freitagabend. Von Stunde zu Stunde werden es mehr. Mit der ProSieben-Crew fährt er von morgens bis abends durch Minneapolis, seine Facebook-Fans nimmt er jeden Morgen live mit zum Frühsport ins Hotel-Fitnessstudio.
Er ist der Mann, der Deutschland Football erklärt. Sein Buch „Believe the Hype“ tauchte 2017 in den Bestseller-Listen auf. Lesungen mit ihm sind ausverkauft. „Der Boom der Sportart hat viel mit ihm zu tun“, sagt Ex-Fußball-Nationalspieler Christoph Metzelder; einer, der Esume kennt, Football-Fan ist und im Sport-Business bestens Bescheid weiß.
Esume muss Buschmann ersetzen
Esume nippt an einem Wasser und denkt nach. Ihm ist so viel Lobhudelei unheimlich: „Das ehrt mich zwar sehr, wenn Christoph das sagt. Ich fühle mich aber nicht als das Gesicht der Sportart. Es haben so viele Trainer und Spieler unseren Sport in den letzten 25 Jahren geprägt. Die hatten aber nie die Chance, so vor die Kamera zu treten wie ich.“
Er vertritt aber schon das Ziel, auch mit seinem Engagement NFL-Profis aus Deutschland hervorzubringen. „Über Nacht passiert das nicht. Es entstehen gerade Vereine an unmöglichen Orten in Deutschland. Ganz viele Kids fangen an, Football zu spielen. Die sind jetzt zehn, zwölf Jahre alt. Wenn wir die Zeit zehn Jahre vorspulen, dann sind die 22 und können zum NFL-Draft.“
In diesem Jahr hatte Esume eine neue Rolle bei ProSieben. Nach dem Abgang von Moderator Frank Buschmann ist er nicht nur Experte, sondern übernahm auch Buschmanns Rolle. Zudem bekam er seine eigene Sendung „Coach‘s Corner“. „Das ist nicht einfach, weil ich Football-Trainer bin und mich als Experte dann zurückhalten muss“, sagt Esume und ergänzt: „Aber am Ende des Tages rede ich über das, was meine Leidenschaft ist.“
Esume bringt Patriots-Coach zum Lachen
Und das ist Football. Die Patriots gehen als klarer Favorit ins Spiel. „Ich glaube nicht, dass sie die Eagles unterschätzen werden. Sie wissen, wie gut die Defense der Eagles ist – und wie variabel der Angriff“, sagt Esume stets – ob in den täglichen TV-Sendungen, im Internet oder auf einer Bank im Shopping Center. Er glaubt an ein Spiel auf Augenhöhe und weiß, wie die Eagles spielen müssen.
„Ihr Laufspiel wird wichtig sein. Dann können sie die Zeit kontrollieren und Tom Brady vom Platz halten. Die Achillesferse könnten die jungen Cornerbacks Ronald Darby und Jalen Mills sein. Wenn die gut spielen, haben die Eagles eine Chance. Wenn nicht, wird Brady sie auseinander schrauben.“
Den stets böse schauenden Patriots-Headcoach Bill Belichick brachte Esume mit einer Football-Fachfrage zum Schmunzeln. „Es ist das erste Mal, dass mich ein deutscher Journalist nicht zu Sebastian Vollmer befragt“, sagte Belichick vergnügt. Über Vollmer muss Esume nichts mehr fragen – denn der Ex-Patriots-Profi gehört zum ProSieben-Team.
Esume kann auch schimpfen
In dieser Woche stört Esume nur eins. „Das ist der gleiche Zirkus wie vor einem Jahr in Houston und macht genauso viel Spaß. Aber das Wetter ist schon anders. Vor einem Jahr war es warm, da war viel mehr auf der Straße los“, sagt er. Temperaturen bis minus 20 Grad sind nicht seine Sache. Er machte aber das Beste daraus: Mit seinen Kollegen fuhr er zum Eisfischen auf den Lake Minnetonka.
Nur einmal stieß auch Esume an seine Grenzen. So sehr er sich auch bemühte: Eine Frage an NFL-Commissioner Roger Goodell durfte er nicht stellen, da europäische Reporter bei einer Pressekonferenz ignoriert wurden. „Das ist doch eine Farce“, schimpfte er. Dann schaute er sich um und sprach den mächtigen Patriots-Besitzer Robert Kraft an. Der blieb stehen.
Heute feiert Esume seinen 44. Geburtstag. Wenn er vom Super Bowl zurückgekehrt ist und dann mit seiner Frau und zwei Kindern den Geburtstag nachgefeiert hat, wird er wieder mehr Zeit in Hamburg verbringen. Die NFL pausiert bis zum Beginn der Vorbereitung im Juli. Aber so ganz loslassen kann er doch nicht: „Vielleicht mache ich vier oder sechs Wochen ein Trainingscamp in der Canadian Football League – damit bleibe ich am Puls der Zeit.“
Mit einer Karriere als Headcoach einer Vereinsmannschaft hat er vorerst abgeschlossen. „So wie es jetzt ist, helfe ich mir und dem Sport am meisten“, sagt er. Dann steht er von der Bank auf, geht in eine Live-Musikbar am Freizeitpark. Eine Coverband spielt Lieder von Prince. Nach kurzer Zeit zückt Esume sein Smartphone und nimmt ein Kurzvideo auf – für seine Fans in Deutschland.