Angelique Kerber musste sich stützen, Simona Halep musste sich stützen. Am Ende hatte die Nummer eins die Nase knapp vorne.
Das Adjektiv "episch" wird mitunter schnell verwendet, doch auf dieses Match trifft die Beschreibung definitiv zu: Nach beispiellosem Kampf hat Angelique Kerber das Finale der Australian Open und damit die Chance auf ihren zweiten Triumph beim ersten Grand Slam des Jahres nach 2016 verpasst. Im Halbfinale in Melbourne verlor die 30 Jahre alte Kieler Tennisspielerin der Weltranglisten-Ersten Simona Halep aus Rumänien mit 6:3, 4:6, 9:7.
Nach 2:20 Stunden verwandelte Halep ihren vierten Matchball – auch Kerber hatte zuvor bei Stand von 6:5 im dritten Satz bei eigenem Aufschlag zwei Matchbälle vergeben. "Sagenhaft, sagenhaft", urteilte Boris Becker als Co-Kommentator bei Eurosport über das Spiel, in dem sich sowohl Kerber als auch Halep völlig verausgabten und sich gegen Ende immer wieder auf ihre Schläger stützen mussten. "Ich bin leicht sprachlos, was ich sonst eigentlich nie bin", sagte Becker angesichts dieser Bilder.
Nach einem 0:5-Fehlstart im ersten Satz hatte sich Kerber furios ins Match zurückgekämpft, beim Stand von 4:5 im entscheidenden Durchgang zwei Matchbälle der Rumänin zunichte gemacht und den Triumph beim 6:5 zweimal selbst auf dem Schläger gehabt. Doch am Ende waren die Strapazen zu viel – und so verließ Kerber enttäuscht und völlig entkräftet die Rod-Laver-Arena. "Ich zittere noch“, sagte Halep direkt nach dem Sieg. "Es war wie eine Achterbahnfahrt, aber ich habe nicht aufgegeben. Ich bin sehr stolz auf mich.“
Für Kerber war es die erste Niederlage im Jahr 2018 nach zuvor 14 Siegen in Serie. Damit muss sie weiter auf ihren dritten Grand-Slam-Titel nach den Australian Open und den US Open 2016 warten. Trotzdem kehrt Kerber am Montag als Neunte in die Top Ten der Weltrangliste zurück.
Wozniacki erstmals im Melbourne-Finale
Im Finale trifft Halep am Sonnabend (9.30 Uhr MEZ/Eurosport) auf die Dänin Caroline Wozniacki. Die 27 Jahre alte Weltranglistenzweite setzte sich gegen Turnierdebütantin Elise Mertens (22) aus Belgien nach 1:37 Stunden 6:3, 7:6 (7:2) durch. Für Wozniacki ist das erste Finale in Melbourne und ihr insgesamt drittes Grand-Slam-Finale. Ihre ersten beiden hatte sie 2009 und 2014 jeweils bei den US Open verloren.
Der Finaleinzug bedeute ihr "so viel", sagte Wozniacki, die 2011 in ihrem ersten Halbfinale bei den Australian Open gegen die spätere Siegerin Li Na (China) einen Matchball vergeben hatte: "Das ist mir durch den Kopf gegangen. Ich war so verkrampft bei 5:4. Normalerweise bin ich ruhig, aber da haben meine Beine gezittert." Zwei Satzbälle wehrte Wozniacki ab und verwandelte ihren ersten Matchball zum Sieg.
Am Mittwoch der vergangenen Woche hatte Wozniacki das frühe Aus in Melbourne knapp abgewendet. In der zweiten Runde gegen die Weltranglisten-119. Jana Fett aus Kroatien sah sie sich beim Stand von 1:5 im dritten Durchgang zwei Matchbällen gegenüber, befreite sich jedoch aus der kritischen Situation.