Melbourne. Die Schwäche des Hamburger Tennisprofis bei Grand-Slam-Turnieren hält auch in Melbourne an. Welche Tipps Roger Federer ihm gibt.

An einem sehr großen Ziel für die Zukunft hatte Alexander Zverev jüngst keinen Zweifel gelassen. Als er zu Jahresbeginn beim Hopman-Cup in Perth gefragt wurde, was er besser machen wolle, sagte der deutsche Senkrechtstarter: „Erfolgreicher sein bei den Grand Slams. Vielleicht sogar bald mal eins dieser Turniere gewinnen.“ Er sagte es auch, weil es im zurückliegenden Jahr ein Schönheitsfehler im großen Aufschwung gewesen war, jene auffällige Schwäche bei den Majors. 2017 gab es einen meist begeisternden Zverev im regulären Touralltag. Und einen Zverev, der leicht verkrampft wirkte, wenn es galt, mit der Größe der Grand-Slam-Aufgaben zu wachsen.

Am Sonnabend hätte der 20 Jahre alte Hamburger bei den Australian Open 2018 gerne einen neuen Aufbruch bilanziert. Doch als er am frühen Abend aus der Rod-Laver-Arena herausmarschierte, hatte er gerade einen bitteren Rückschlag erlebt. Im letzten Durchgang seines Drittrundenduells mit seinem südkoreanischen Generationskollegen Hyeun Chung war Zverev abgekanzelt worden wie kaum zuvor in seiner Profikarriere. Zu null! Es war eine Bloßstellung für den Hamburger, dessen Ergebniskrise auf Grand-Slam-Niveau in Melbourne­ mit dem 7:5, 6:7 (3:7), 6:2, 3:6, 0:6-Knockout eine unangenehme Fortsetzung fand.

Die besten Bilder der Australian Open

Diesen Kuss hat sie sich verdient:  Caroline Wozniacki mit Partner David Lee und Daphne-Akhurst-Pokal in den Katakomben der Rod-Laver-Arena
Diesen Kuss hat sie sich verdient: Caroline Wozniacki mit Partner David Lee und Daphne-Akhurst-Pokal in den Katakomben der Rod-Laver-Arena © Getty Images
Epischer Kampf, doch leider ohne Happy End: Angelique Kerber verpasste den Finaleinzug gegen Simona Halep
Epischer Kampf, doch leider ohne Happy End: Angelique Kerber verpasste den Finaleinzug gegen Simona Halep © Reuters
Allerdings verlangte die Kielerin der Nummer eins aus Rumänien alles ab
Allerdings verlangte die Kielerin der Nummer eins aus Rumänien alles ab © Reuters
Beide Spielerinnen mussten sich im 2:20 Stunden andauernden Match wiederholt stützen
Beide Spielerinnen mussten sich im 2:20 Stunden andauernden Match wiederholt stützen © Reuters
Struff hat's druff: Der Deutsche (l.) ist mit seinem Doppelpartner Ben McLachlan (Japan) ins Halbfinale der Australian Open gestürmt
Struff hat's druff: Der Deutsche (l.) ist mit seinem Doppelpartner Ben McLachlan (Japan) ins Halbfinale der Australian Open gestürmt © dpa
Befreiender Jubel: Angelique Kerber hatte gegen Hsieh Su-Wei schwer zu kämpfen
Befreiender Jubel: Angelique Kerber hatte gegen Hsieh Su-Wei schwer zu kämpfen © imago/ZUMA Press | Sydney Low
Rafael Nadal machte mit Damir Dzumhur kurzen Prozess
Rafael Nadal machte mit Damir Dzumhur kurzen Prozess © dpa | Tracey Nearmy
US-Schauspieler und -Rapper Will Smith war am Freitag unter den Tribünengästen
US-Schauspieler und -Rapper Will Smith war am Freitag unter den Tribünengästen
Alizé Cornet ließ sich wegen der extremen Hitze medizinisch behandeln
Alizé Cornet ließ sich wegen der extremen Hitze medizinisch behandeln © REUTERS | ISSEI KATO
Maximilian Marterer jubelt über seinen Fünfsatzsieg gegen Fernando Verdasco
Maximilian Marterer jubelt über seinen Fünfsatzsieg gegen Fernando Verdasco © REUTERS | EDGAR SU
Alexander Zverev durfte bei einem PR-Event am Mittwoch einen Koala knuddeln
Alexander Zverev durfte bei einem PR-Event am Mittwoch einen Koala knuddeln © REUTERS | FIONA HAMILTON
Alexander Zverev lässt sich nach seinem Sieg über Peter Gojowczyk von den Fans in Melbourne feiern
Alexander Zverev lässt sich nach seinem Sieg über Peter Gojowczyk von den Fans in Melbourne feiern © REUTERS | TORU HANAI
Das sieht nicht wirklich glücklich aus: Für Julia Görges waren die Australian Open schon nach dem zweiten Match vorbei
Das sieht nicht wirklich glücklich aus: Für Julia Görges waren die Australian Open schon nach dem zweiten Match vorbei © dpa
Gegen die Französin Alize Cornet endete für die Bad Oldesloerin eine 15 Spiele währende Siegesserie
Gegen die Französin Alize Cornet endete für die Bad Oldesloerin eine 15 Spiele währende Siegesserie © Getty Images
Für das erste Grand-Slam-Turnier des Jahres hatte sich Deutschlands Nummer eins eigentlich viel mehr vorgenommen
Für das erste Grand-Slam-Turnier des Jahres hatte sich Deutschlands Nummer eins eigentlich viel mehr vorgenommen © Getty Images
Kaum zu fassen: Marta Kostjuk (Ukraine) ist erst 15 Jahre alt – und trotzdem in der dritten RUnde von Melbourne
Kaum zu fassen: Marta Kostjuk (Ukraine) ist erst 15 Jahre alt – und trotzdem in der dritten RUnde von Melbourne © dpa
Zuletzt hatten dieses Kunststück Martina Hingis im Jahr 1996 geschafft
Zuletzt hatten dieses Kunststück Martina Hingis im Jahr 1996 geschafft © dpa
Julia Görges musste sich bereits in der zweiten Runde aus Melbourne verabschieden
Julia Görges musste sich bereits in der zweiten Runde aus Melbourne verabschieden © Getty Images | Cameron Spencer
Locker und cool: Hamburgs Alexander Zverev in Melbourne
Locker und cool: Hamburgs Alexander Zverev in Melbourne
Im Spiel gegen Thomas Fabbiano spielte
Im Spiel gegen Thomas Fabbiano spielte "Inspector Zverev" sogar Schiedsrichter und gestand einen Punkt des Gegners ein © Imago/Hasenkopf
Thumps up in Down under: Julia Görges marschierte gegen Sofia Kenin (USA) in die zweite Runde
Thumps up in Down under: Julia Görges marschierte gegen Sofia Kenin (USA) in die zweite Runde © Reuters
Dafür gab es Shake-Hands am Netz
Dafür gab es Shake-Hands am Netz © Reuters
Immer schön auf den UV-Schutz achten: Deutschlands Nummer eins aus Bad Oldesloe in Melbourne
Immer schön auf den UV-Schutz achten: Deutschlands Nummer eins aus Bad Oldesloe in Melbourne © Reuters
Bei Venus Williams ging der Blick schnell ins Leere: Die Favoritin stürzte schon in der ersten Runde
Bei Venus Williams ging der Blick schnell ins Leere: Die Favoritin stürzte schon in der ersten Runde © REUTERS | THOMAS PETER
Und sie war verantwortlich dafür: Belinda Bencic aus der Schweiz
Und sie war verantwortlich dafür: Belinda Bencic aus der Schweiz © REUTERS | THOMAS PETER
Dafür gab es Applaus auch von Will Ferrell
Dafür gab es Applaus auch von Will Ferrell © REUTERS | THOMAS PETER
Der Schauspieler besah sich das Match in der Rod-Laver-Arena mit Ehefrau Paulin
Der Schauspieler besah sich das Match in der Rod-Laver-Arena mit Ehefrau Paulin © Getty Images | Cameron Spencer
Nicht zu fassen: Yoshihito Nishioka darf auch nach der ersten Runde noch aufschlagen
Nicht zu fassen: Yoshihito Nishioka darf auch nach der ersten Runde noch aufschlagen © REUTERS | EDGAR SU
Gegen den Japaner verlor Philipp Kohlschreiber den Kopf
Gegen den Japaner verlor Philipp Kohlschreiber den Kopf © Getty Images
Das Bild trügt: Grigor Dimitrov gab sich zum Auftakt keine Blöße
Das Bild trügt: Grigor Dimitrov gab sich zum Auftakt keine Blöße © Getty Images | Clive Brunskill
Strecken musste sich der Bulgare gegen Qualifikant Dennis Novak (Österreich) dennoch
Strecken musste sich der Bulgare gegen Qualifikant Dennis Novak (Österreich) dennoch © REUTERS | THOMAS PETER
Von Krämpfen geplagt: Corentin Moutet (Frankreich)
Von Krämpfen geplagt: Corentin Moutet (Frankreich) © Getty Images | Mark Kolbe
Auch der Brite Kyle Edmund hatte eine Behandlung nötig
Auch der Brite Kyle Edmund hatte eine Behandlung nötig © REUTERS | EDGAR SU
Unterdessen musste am ersten Tag auch der Schriftzug sauber gehalten werden
Unterdessen musste am ersten Tag auch der Schriftzug sauber gehalten werden © dpa | Andy Brownbill
Schuld war der Regen
Schuld war der Regen © REUTERS | THOMAS PETER
Für Lokalmatadorin Samantha Stosur schien dagegen die Sonne
Für Lokalmatadorin Samantha Stosur schien dagegen die Sonne © REUTERS | ISSEI KATO
Die Australierin musste gegen Olympiasiegerin Monica Puig aus Puerto Rico ran
Die Australierin musste gegen Olympiasiegerin Monica Puig aus Puerto Rico ran © REUTERS | ISSEI KATO
Alles muss raus: Die Lettin Jelena Ostapenko jubelt über einen Punktgewinn
Alles muss raus: Die Lettin Jelena Ostapenko jubelt über einen Punktgewinn © Getty Images | Anadolu Agency
Doch auch Gegnerin Francesca Schiavone (Italien) hat einige Power entgegenzusetzen
Doch auch Gegnerin Francesca Schiavone (Italien) hat einige Power entgegenzusetzen © Getty Images | Clive Brunskill
Mitfavoritin CoCo Vandeweghe musste dagegen gegen die Ungarin Timea Babos die Segel streichen
Mitfavoritin CoCo Vandeweghe musste dagegen gegen die Ungarin Timea Babos die Segel streichen © REUTERS | TORU HANAI
Auch für diese Kollegin Schnürschuh war das erste Grand-Slam-Turnier des Jahres früh beendet...
Auch für diese Kollegin Schnürschuh war das erste Grand-Slam-Turnier des Jahres früh beendet... © REUTERS | ISSEI KATO
...Sloane Stephens ließ sich von der Chinesin Shuai Zhang überraschen
...Sloane Stephens ließ sich von der Chinesin Shuai Zhang überraschen © Getty Images | Anadolu Agency
Die Fans haben sich für die Australian Open einmal mehr in Schale geworfen
Die Fans haben sich für die Australian Open einmal mehr in Schale geworfen © REUTERS | EDGAR SU
Nicht nur Matthew Ebden weiß das zu schätzen
Nicht nur Matthew Ebden weiß das zu schätzen © REUTERS | ISSEI KATO
Wischen für die Profis: Die Ballkinder in einer Regenpause
Wischen für die Profis: Die Ballkinder in einer Regenpause © REUTERS | TORU HANAI
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Zverev sprach später davon, er hätte das Spiel auch in vier Sätzen gewinnen können, überhaupt sei das Niveau bis auf den fatalen letzten Abschnitt „sehr gut“ gewesen. Aber den Kern der Probleme berührte er damit zunächst nicht, seine schwierige mentale Verfassung bei den Grand-Slam-Turnieren, das ungelöste Rätsel, geordneten Widerstand zu organisieren, wenn die Luft dünn wird auf dem Centre-Court. In der Schlussphase stürzte der Weltranglistenvierte regelrecht in sich zusammen.

Er ist nicht der Geduldigste

Natürlich hatte Zverev später völlig recht, als er sagte, er sei erst 20 Jahre alt, und in diesem Abschnitt der Karriere hätten nur „ganz wenige“ schon einen Grand Slam gewonnen. Doch es ist keineswegs so, dass es nur einen Druck von außen auf Zverev gäbe, bereits jetzt etwas sehr Außergewöhnliches zu erreichen. Der Druck kommt vor allem von ihm selbst, er ist nicht der Geduldigste der sogenannten Next Generation, der zukünftigen Machtelite.

In Melbourne wollte er am liebsten im Handumdrehen die Geschichte seiner Grand-Slam-Vorstellungen umdrehen, doch schon die Prüfung gegen den stabilen Chung, den Sieger des NextGen-Finales 2017 in Mailand, erwies sich als zu komplex für den deutschen Spitzenspieler. Er verlor aufs Neue beides gegen den Asiaten: Die Kontrolle über sich selbst – und dann das Match. „Man hatte nicht den Eindruck, dass es einen Plan B oder C gab, als der Plan A nicht aufging“, befand Boris Becker, Herren-Abteilungsleiter des DTB.

Er will zu viel, zu schnell

Zverev hat den gewichtigsten Aufstieg in der engeren Weltspitze geschafft. In der modernen Tenniswelt freilich zählen die Majors mehr denn je, sie bestimmen nicht nur einen vordergründigen Marktwert, sie definieren überhaupt den Tennisprofi. Aber in dieser Königsdisziplin läuft Zverev bislang eher mit. Er ist noch kein Machtfaktor, keine bestimmende Kraft. Er ist vielmehr ein Suchender, einer, der immer noch am Zusammenbau des großen Puzzles bastelt. Er ist auch ein Getriebener, von Umweltfaktoren ebenso wie von sich selbst. „Ich bin noch nicht da, wo ich hinwill bei den Slams“, sagt Zverev, „ich will manches vielleicht auch zu viel und zu schnell.“

Zverev berichtete, er habe zudem mit Roger Federer in der Kabine gesprochen, gleich nach der eigenen Nieder­lage. Es waren tröstende, aufbauende, einordnende Worte von Federer, auch die Mahnung, nicht zu viel von sich zu verlangen. Schließlich hat der Schweizer selbst erlebt, was Zverev gerade durchmacht – allerdings in einer nicht ganz so aufgeregten Zeit, ohne diese machtvollen Stimmen, die nun auch aus allen Richtungen der sozialen Netzwerke über einen Mann wie Zverev hereinbrechen. Man konnte es nach dieser Niederlage auch wieder lesen, das aufgeregte Geraune: Zverev sei überbewertet, arrogant, kein Fightertyp bei den Grand Slams, verschleudere seine Potenziale.

Bis zu seinem Wimbledonsieg 2003 hatte Federer Ähnliches gehört, dann, mit einem magischen Turniersieg am wichtigsten Schauplatz überhaupt, war der Bann gebrochen. Die Traumstory des 36 Jahre alten Superstars wird sich nicht wiederholen. Aber Zverev muss bei den Grand Slams irgendwann zu mehr Gelassenheit und Gleichmaß finden, wenn er denn je die ultimative Schlagkraft entwickeln will.

Angelique Kerber (29/Kiel) spielte nach ihrem überragenden 6:1, 6:3-Drittrundensieg über die Russin Maria Scharapowa (30) in der Nacht zu diesem Montag im Achtelfinale gegen Hsieh Su-Wei aus Taiwan.