Ismaning. Boris Becker, Chef des deutschen Herrentennis, plant die nächste Davis-Cup-Runde – und ist sehr optimistisch.
Boris Becker ist ein optimistischer Mensch. Einer, der nie aufgibt, der an das Gute glaubt und daran, dass am Ende schon alles positiv wird. So, wie er es aus seiner Tenniskarriere kennt. Deshalb glaubt der schon lange nicht mehr 17 Jahre alte Leimener auch an eine Zusage der Hamburger Zverev-Brüder für die erste Davis-Cup-Runde in Australien im kommenden Jahr.
„Die positive News ist, dass alle Spieler in der ersten Runde spielen wollen. Die Bereitschaft ist da, das ist das Wichtigste“, sagte der „Head of Men’s Tennis“ des Deutschen Tennis Bundes (DTB) am Dienstag in Ismaning bei München. Die Davis-Cup-Partie findet vom 2. bis zum 4. Februar 2o18, wenige Tage nach Abschluss der Australian Open, statt.
DTB-Sportdirektor optimistisch
Sowohl der Weltranglistenfünfte Alexander Zverev als auch sein Bruder Mischa (Nr. 30) hatten im September trotz vorheriger Zusagen auf den Kampf um den Klassenerhalt mit dem DTB-Team in Portugal verzichtet. Unmittelbar nach dem letzten Grand-Slam-Turnier des Jahres – den US Open auf Hartplatz – auf langsamem Sand in Portugal aufzuschlagen, passte überhaupt nicht. Der jüngere Zverev-Bruder hatte die Absage entsprechend zum einen mit nicht passender Terminplanung begründet.
Laut seines Managements liege zudem der Fokus auf der internationalen Präsenz. Mischa Zverev hatte explizit wegen des Belags („Darauf fühle ich mich nicht so wohl“) abgesagt. „Deshalb möchte ich keine Verantwortung übernehmen.“ Doch nun soll in der ersten Runde alles anders werden. Sagen sie.
DTB-Sportdirektor Klaus Eberhard gab sich für die kommenden Aufgaben ebenfalls optimistisch: „Ich bin zuversichtlich. Wir haben mit den Zverevs gesprochen, die ihre Bereitschaft signalisiert haben zu spielen.“ Das ist ja mal was. Sicherheit, ob die deutsche Mannschaft in Down Under auf ihre Topspieler zurückgreifen kann, bedeutet dies aber nicht. Insbesondere, wenn einer der Brüder in Melbourne bis weit in die zweite Woche vordringen sollte. Hochsommerliche Temperaturen, Best-of-Five-Matches über zwei Wochen, das zehrt. Wie bereit die Brüder danach sind, bleibt abzuwarten.
Becker attestiert Zverev historische Leistung
Dass Zusagen bei den in Hamburg aufgewachsenen Brüdern nicht immer auch eingehalten werden, musste Michael Stich im Sommer schmerzhaft erfahren. Alexander Zverev sagte seine Teilnahme an den German Open am Rothenbaum jedenfalls kurzfristig ab, obwohl es eine alte Übereinkunft mit Stich gab, der Zverev schon als 16-Jährigem die ersten Schritte im Profizirkus ermöglicht hatte.
Becker nun lobte Alexander Zverev für dessen Leistungen in diesem Jahr auf ungewöhnliche Art und Weise. Seine Qualifikation für die ATP-WM der besten acht Tennisprofis des Jahres sei eine „historische Leistung“. „Die hat er sich verdient“, sagte der Verantwortliche der deutschen Tennis-Herren. „Er hat beständig über das gesamte Jahr gespielt, er hat auf allen Belägen sehr stark gespielt, er ist da.“
Bei den ATP World Tour Finals vom 12. bis zum 19. November in London werde aber die „Luft dünner“, sagte Becker weiter. „Die Spieler, die vor und hinter ihm stehen, studieren jetzt auch Sascha Zverev und spielen gegen ihn besser als vielleicht noch vor einem Jahr. Unter die ersten fünf zu kommen ist schwierig genug, da oben zu bleiben ist doppelt schwierig. Deswegen beginnt eigentlich jetzt die Arbeit.“
Becker sieht sich erst am Anfang seiner Arbeit
Der 20-Jährige ist aktuell die Nummer fünf der Weltrangliste und hatte sich bei den China Open in Peking endgültig für die ATP-WM qualifiziert. Becker traut ihm den Sprung ganz nach oben in der Rangliste „auf jeden Fall“ zu. „Es ist allerdings ein harter und steiniger Weg dorthin. Eine Garantie für die Nummer eins gibt es nicht“, betonte die frühere Nummer eins.
Davis-Cup-Teamchef Michael Kohlmann, dessen Vertrag im September nach dem existenziell wichtigen Sieg in der Relegation in Portugal auch ohne die Zverevs um ein weiteres Jahr verlängert worden war, blickte für das deutsche Tennis insgesamt geradezu mit Enthusiasmus in die Zukunft. Auch dank der Verpflichtung Boris Beckers. „Wir haben neue Strukturen geschaffen und mit Boris Becker eine Legende zurückgeholt. Wir können uns wieder mit dem internationalen Tennis messen“, sagte Kohlmann. Für Becker war Ende August eigens die Stelle des Chef-beraters im Deutschen Tennisbund geschaffen worden.
Becker, der ehrenamtlich agiert, sieht sich selbst erst am Anfang seiner Arbeit. „Ich möchte in den nächsten Wochen die deutschen Stützpunkte besuchen. Mein Job beginnt jetzt erst“, sagte er und hob die Bedeutung der Leistungszentren für den Nachwuchs hervor. „Das ist enorm wichtig für die Spieler. Wir sind aber noch anders aufgestellt als zum Beispiel Spanien“, sagte Becker. Neben dem Bundesstützpunkt in Oberhaching bei München besitzt der DTB noch Zentren in Hannover, Stuttgart und Kamen.