Schiedsrichter Manuel Gräfe hat seine früheren Chefs Heribert Fandel und Helmut Krug zum Saisonstart heftig kritisiert.
Berlin. Manuel Gräfe hatte in der jungen Bundesliga-Saison noch keine kritische Szene bewertet, da wurde bereits heftig über den Schiedsrichter diskutiert. Noch bevor der Referee am Sonntag das Duell zwischen dem SC Freiburg und Eintracht Frankfurt eröffnete und zu seinen ersten Einsatzminuten der neuen Spielzeit kam, hatte Gräfe mit scharfer Kritik an den früheren Schiri-Chefs Herbert Fandel (53) und Hellmut Krug (61) für Zündstoff gesorgt.
Fehlende Transparenz, schlechter Führungsstil, Vetternwirtschaft - die Liste der Vorwürfe war lang. „Die beiden haben sich ihre Schiedsrichterliste so zusammengebastelt, wie sie es wollten“, sagte Gräfe dem Berliner Tagesspiegel.
Das Leistungsprinzip sei häufig außer Kraft gesetzt worden. „Da sind Leute in Positionen gekommen, für die sie einfach nicht gut oder weit genug waren“, sagte der Berliner, „und es fällt doch auf, dass in den vergangenen Jahren alle, die nicht uneingeschränkt auf einer Wellenlänge mit der Führung lagen, also nicht zu allem Ja und Amen gesagt haben, auf verschiedenen Ebenen bearbeitet wurden.“
Gräfe: Seit Fröhlichs Abschied geht es nach Leistung
Gräfe fand es „exemplarisch“, dass sich Bibiana Steinhaus erst als erste Schiedsrichterin für die Bundesliga qualifiziert habe, nachdem Lutz Michael Fröhlich (59) das Amt des Schiedsrichter-Chefs übernommen hat. Seither gehe es ausschließlich nach Leistung, so Gräfe.
In seiner Kritik schloss Gräfe auch aktive Kollegen ein. So beschwerte er sich über den Aufstieg des Berliners Felix Zwayer (36) zum FIFA-Referee, obwohl dieser einst in den Skandal um Robert Hoyzer involviert war. Gräfe: „Wie kann so jemand bis in die Spitze der deutschen Top-Schiedsrichter kommen? Kann es vielleicht sein, dass Fandel und Krug dort einen Mann haben wollten, der ihnen zu bedingungsloser Loyalität verpflichtet war?“ Zwayer betreute am Samstag das durchaus brisante Spiel zwischen Schalke 04 und RB Leipzig (2:0) und zeigte eine abgeklärte Leistung.
Gräfe ist derweil nicht der erste, der den Führungsstil des langjährige Schiedsrichter-Bosses Fandel und Krug, beim Deutschen Fußball-Bund (DFB) neuerdings „Chef-Instruktor“ der Referees und Projektleiter Video, kritisierte.
DFB weist Gräfe zurecht
Babak Rafati, der im November 2011 unmittelbar vor seinem geplanten Einsatz beim Erstliga-Spiel 1. FC Köln gegen FSV Mainz 05 in seinem Hotelzimmer offenbar wegen des immensen Drucks auf die Spielleiter einen Suizidversuch unternommen hatte, hatte den Schiedsrichter-Funktionären in der Vergangenheit „systematisches Mobbing“ vorgeworfen.
Gräfe stieß mit seinen Aussagen derweil auf Widerstand, der DFB rügte den 43-Jährigen, der auf über 200 Bundesligaeinsätze kommt. „Es läuft der Start für die neue Bundesligasaison, und darauf sollte jeder Schiedsrichter seinen Fokus legen. Bei allem Verständnis zu einer öffentlichen Meinungsäußerung geht es entschieden zu weit, wenn ein Schiedsrichter einen Kollegen öffentlich und in dieser Form attackiert. Darüber muss mit Manuel Gräfe geredet werden, und zwar zeitnah“, sagte Fröhlich in einer DFB-Stellungnahme.
Gleiches gelte für seine Einlassungen zu Fandel und Krug. „Auch das kann man so nicht stehen lassen. Aber wir sollten das jetzt nicht öffentlich ausdiskutieren, sondern in einem internen Prozess nach einer Lösung suchen“, so Fröhlich. Ähnlich äußerte sich Ex-Schiri Thorsten Kinhöfer. „Diese Vorgehensweise ist unglücklich. Öffentliche Kritik der Schiedsrichterführung und der Kollegen finde ich bedenklich“, sagte er der „Bild am Sonntag“.
Fandel und Krug wollten sich nicht äußern.