Hamburg. Damenhockey-Nationalmannschaft setzt auf die Erfahrung der Hamburgerin, die ein halbes Jahr gesperrt war
Es mag Schöneres geben, als für drei Wochen in einer der gefährlichsten Städte der Welt im Hotel kaserniert zu sein und dieses in der Regel nur zu verlassen, um im südafrikanischen Winter bei zehn Grad und Regen auf dem Hockeyplatz zu stehen. Aber Franzisca Hauke weiß, dass sie ihre Auftritte mit der deutschen Damen-Nationalmannschaft bei der World League in Johannesburg, die an diesem Sonnabend (12 Uhr) mit dem ersten Gruppenspiel gegen Polen startet, genießen wird, und das hat einen Grund: Mehrere Monate lang hätte sie alles dafür gegeben, überhaupt Hockey spielen zu dürfen.
Wegen eines Formfehlers war die Hamburgerin für die Rückrunde der Feld-Bundesliga gesperrt. Ihr Club Rot-Weiß Köln hatte nicht gewusst, dass er die Mittelfeldspielerin nach deren Ausflug zu ihrem Heimatverein Harvestehuder THC während der Hallenserie wieder hätte zurückmelden müssen. Es war ein Versäumnis des Vereins, aber die Leidtragende war die Schwester von Welthockeyspieler Tobias Hauke. „Regeln müssen befolgt werden. Aber gerecht hätte ich es gefunden, wenn Köln eine Geldstrafe erhalten hätte, die der Club auch bezahlt hätte. Ich konnte nichts für das Versäumnis“, sagt Hauke.
Die ersten Wochen nach der Sperre seien stark belastend gewesen. Weil ihr Wechsel nach acht Jahren am Rhein zurück zum HTHC für den Sommer feststand, war klar, dass sie nie wieder mit ihren Kölner Kolleginnen würde auflaufen können. Zudem fürchtete sie, dass die fehlende Spielpraxis auch ihre Ziele im Nationalteam – Teilnahme an der World League und der EM Ende August in Amsterdam – gefährden könnte. Aber sowohl Bundestrainer Jamilon Mülders als auch Vereinscoach Markus Lonnes und ihre Mitspielerinnen hielten zu ihr. „Ich habe mich immer als Teil der Teams gefühlt, auch wenn ich nur trainieren konnte. Das hat sehr geholfen,“
Trotz ihres zeitraubenden Jobs als Assistentin des IT-Geschäftsführers im Jahreszeiten-Verlag pendelte Franzisca Hauke zum Training zwischen Köln und Hamburg, weil beim Titelanwärter Rot-Weiß die Trainingsintensität höher war als beim abstiegsgefährdeten HTHC. An den Wochenenden, wenn die Kolleginnen spielten, absolvierte sie Intervalltraining, um die Spielbelastung zu simulieren. „Aber natürlich ersetzt das nicht mal im Ansatz einen Wettkampf.“
Umso glücklicher war „Sissy“, wie die torgefährliche Offensivspielerin genannt wird, als sie Mitte Juni beim Viernationenturnier in Berlin zum ersten Mal wieder für ihr Land auflaufen durfte – und feststellte, dass die recht gehabt hatten, die ihr versichert hatten, dass man das Hockeyspielen nicht verlernt. An Athletik und Einsatzwillen fehlte es ihr sowieso nie, und so steht außer Frage, dass sie als zweitälteste Spielerin nach Janne Müller-Wieland (Uhlenhorster HC) die nach Olympiabronze 2016 in Rio noch mal verjüngte deutsche Auswahl zum WM-Ticket führen kann.
Die Qualifikation für das Weltturnier 2018 in London ist das erklärte Ziel für Johannesburg. Der Einzug ins Halbfinale reicht dafür. In den Gruppenspielen gegen Polen, Irland (10. Juli, 14 Uhr), Olympiasieger England (14. Juli, 18 Uhr) und Japan (16. Juli, 12 Uhr) muss sich die Auswahl eine gute Ausgangsposition fürs Viertelfinale erarbeiten. „Japan und Polen müssen wir schlagen, England und Irland sind harte Brocken. Aber wir gehen mittlerweile in jedes Spiel mit der Überzeugung, gewinnen zu können“, sagt die 27-Jährige. Diese Siegermentalität wird sie in Südafrika auch wieder ausstrahlen. Und egal, was herauskommt: Franzisca Hauke wird es genießen, denn sie will doch nur spielen.