St. Petersburg. Deutsche Mannschaft besiegt im Finale Südamerikameister Chile glücklich mit 1:0. Lars Stindl erzielt das Tor des Abends
Erst tanzte Joachim Löws erfrischende Boygroup völlig losgelöst im Kreis, dann stemmte Kapitän Julian Draxler im Konfettiregen den Confed-Cup-Pokal in die Höhe. Mit dem ersten Gewinn des WM-Testlaufs hat das Perspektivteam des Weltmeisters den deutschen Fußballsommer vergoldet. Zwei Tage nach dem EM-Titelgewinn der U-21-Junioren führte der Gladbacher Lars Stindl in der 20. Spielminute mit seinem dritten Turniertor das jüngste Team im Endspiel in St. Petersburg zum 1:0 (1:0) gegen Südamerikameister Chile. Nach einem Wackelstart nutzte das deutsche Team um den überragenden Sebastian Rudy seine erste Chance eiskalt und zitterte den Sieg am Ende über die Zeit.
Ein Jahr vor der WM in Russland gelang dem Bundestrainer das Kunststück, auch ohne seine Promi-Weltmeister in nur vier Wochen ein Team von internationalem Format zu entwickeln. Jeder der 21 deutschen Akteure erhält vom DFB eine Erfolgsprämie von 50.000 Euro. Der 21 Jahre alte Leipziger Timo Werner, der Stindl das Siegtor auflegte, gewann mit ebenfalls drei Toren und dazu zwei Vorlagen den Goldenen Schuh als bester Offensivakteur.
„Unglaublich. Dafür, dass der Confederations Cup anfangs belächelt wurde, war ganz schön viel Feuer im Finale“, sagte der zum besten Spieler des Turniers gewählte Draxler. „Viel Spaß beim Feiern“, twitterte Weltmeister Thomas Müller aus der Heimat.
Löw hatte aus dem 1:1 beim Duell in der Gruppenphase seine Lehren gezogen und seine Startelf diesmal offensiver formiert. Torjäger Timo Werner kam für Abräumer Emre Can ins Team, in der Abwehr ersetzte Antonio Rüdiger Bayern-Neuzugang Niklas Süle. Doch wie zehn Tage zuvor offenbarte die DFB-Auswahl zu Beginn erneut Abwehrschwächen und lud die Chilenen durch Fehler zu Chancen ein.
Nach einem missglückten Pass von Stindl rettete Rüdiger gegen den Leverkusener Charles Aranguiz, den anschließenden Schuss von Arturo Vidal entschärfte Marc-André ter Stegen (3.). In der ersten Viertelstunde gelang den Deutschen wenig in der Offensive, obwohl sie diesmal selbst mehr das Geschehen bestimmen wollten. Das Team von Trainer Juan Antonio Pizzi versäumte es jedoch, seine Überlegenheit in eine Führung zu verwandeln.
Das DFB-Team zeigte dann, wie eiskalte Chancenverwertung geht. Der einstige HSV-Relegationsheld Marcelo Diaz verlor am eigenen Strafraum den Ball, allein vor Chiles Halbfinal-Matchwinner Claudio Bravo bediente Werner den freien Stindl, der nur noch ins leere Tor einschieben musste – 1:0.
Mit der Führung im Rücken stabilisierten sich die Löw-Schützlinge. Rudy profilierte sich erneut als ruhiger Gestalter in der Zentrale, auch Leon Goretzka fand immer besser in die Partie. Der Schalker hatte vor der Pause zweimal das 2:0 auf dem Fuß. Zunächst verzog er nach Rudys feinem Zuspiel (36.), dann scheiterte er aus spitzem Winkel an Bravo (45.). In beiden Fällen dicke Patzer der Chilenen vorausgegangen.
In ihrem dritten Finale nacheinander nach den Titeln bei der Copa América 2015 und 2016 konnten die Südamerikaner in dieser Phase ihrem eigenen Anspruch auf den nächsten Triumph nicht gerecht werden. Dagegen nährte das deutsche Perspektivteam mit ihrem beherzten Auftritt die Hoffnungen auf weitere Großtaten bei der WM im kommenden Jahr. „Wir können stolz sein über das, was der deutsche Fußball immer wieder zustande bringt. Aber es ist ja nicht so, dass wir schon wieder Weltmeister sind“, sagte Nationalmannschaftsmanager Oliver Bierhoff.
Nach der Pause stemmte sich das DFB-Team erfolgreicher als zu Beginn gegen den Versuch der Chilenen, Druck aufzubauen. Draxler hatte nach feinem Solo Pech, dass sein Schuss noch abgefälscht wurde (55.). Kurz darauf zofften sich die Bayern-Profis Vidal und Joshua Kimmich, beide sahen Gelb.
Und es blieb hitzig. Nach Gonzalo Jaras Ellbogenschlag gegen Werner griff der Videoschiedsrichter ein, doch der serbische Referee Milorad Mazic beließ es nach dem Studium der Bilder bei Gelb – eine fragwürdige Entscheidung.
Löw sah, dass sein junges Team noch einmal in Bedrängnis geriet, und brachte Can als Stabilisator anstelle von Werner (79.). Als dann ter Stegen einen Freistoß von Sanchez hielt (90.+5), war es für die entkräftete DFB-Auswahl geschafft. Nur eins gibt im Jubel um den Premierentitel beim WM-Testlauf zu denken: Noch nie wurde ein Confed-Cup-Sieger danach Weltmeister. „Abergläubisch sind wir nicht, zumindest ich nicht“, hatte Löw aber vorher gesagt.
Deutschland: ter Stegen – Ginter, Mustafi, Rüdiger – Kimmich, Goretzka (90.+1 Süle), Rudy, Hector – Stindl, Draxler – Werner (79. Can). Chile: Bravo – Isla, Medel, Jara, Beause- jour – M. Díaz (53. Valencia) – Aránguiz (81. Sagal), Hernández – Vidal – Vargas (81. Puch), Sánchez. SR: Mažić (Serbien). Tor: 1:0 Stindl (20.). Z.: 57.268 (ausverk.). Statistik: Torschüsse: 7:20; Ecken: 4:9; Ballbesitz: 40:60 Prozent; gewonnene Zweikämpfe: 88:85.