Hamburg. Die Männer des FC St. Pauli treten am Sonntag zum Entscheidungsspiel beim unberechenbaren Nordost-Vizemeister Grizzlies Berlin an
Am liebsten würde er selbst auflaufen. „Ich habe solche Spiele, in denen es um alles geht, immer geliebt. Dafür machen wir doch unseren Sport!“, sagt Friedrich Michau. Körperlich könnte er wohl noch locker mithalten, aber weil der frühere Nationalspieler seine aktive Karriere vor zwei Jahren beendet hat, bleibt ihm am Sonntag (15 Uhr), wenn die Rugbymänner des FC St. Pauli im Bundesliga-Relegationsspiel beim Nordost-Vizemeister Grizzlies Berlin antreten, nur der Platz an der Seitenlinie, als Mitglied des fünfköpfigen Trainerkollektivs.
Die Auf- und Abstiegsmodalitäten in den höchsten deutschen Spielklassen sind hart. Die besten vier Clubs der in Nordost- und Südweststaffel eingeteilten Zweiten Ligen spielen überkreuz ein Halbfinale aus. Die Sieger treffen im Aufstiegsfinale aufeinander. Deren Gewinner steigen auf, die Verlierer müssen gegen die Vorletzten der Bundesligen, im Nordosten der FC St. Pauli, zur Relegation antreten. Die wird ohne Rückspiel ausgetragen, der Zweitligist hat Heimrecht. „Das ist eine Herausforderung, zumal wir seit dem letzten Punktspiel drei Wochen Pause hatten“, sagt Michau, den bis auf wenige Ausnahmen in der Familie alle nur „Fritze“ nennen.
Der 37-Jährige, bei St. Pauli als Halbtagskraft für die Trainerausbildung und alle Herrenrugbyteams zuständig und zugleich als Athletik- und Personal Trainer selbstständig, will den Druck des Gewinnenmüssens nicht kleinreden: „Das ist eine Extremsituation. Aber zur Entwicklung eines Teams gehört, dass es solche Herausforderungen besteht.“ Die Braun-Weißen haben eine schwierige Saison hinter sich, in der sich das in einem Umbruch befindliche Team erst finden musste. Die erfolgreiche Generation, zu der Michau gehörte, ist mittlerweile komplett zurückgetreten. „Es fehlt in Drucksituationen an einer klaren Hierarchie, die Jungs haben in den wichtigen Momenten noch nicht genug Kaltschnäuzigkeit, es mangelt auch an Präzision in der Technik“, benennt Michau die Problemzonen.
Die Berliner hängen von ihren ausländischen Spielern ab
Die positive Stimmung im Team und der gesamten Sparte stimme ihn allerdings hoffnungsfroh, dass der Trip in die Hauptstadt mit dem Klassenerhalt enden wird. „Es kommen viele Spieler aus anderen Teams mit, der Zusammenhalt ist riesig“, sagt er. Zudem sei die Mannschaft deutlich besser als die Ergebnisse, die sie erzielt hatte. „In Phasen, in denen es lief, haben wir gezeigt, dass wir auch mit den guten Teams in der Bundesliga mithalten können. Deshalb bin ich überzeugt, dass wir uns durchsetzen werden.“
Ein Abstieg wäre für Deutschlands größten Rugbyverein (680 Mitglieder), der in den 1970er-Jahren Gründungsmitglied der Bundesliga war und dieser auch seit der Neuordnung in zwei Regionalstaffeln vor vier Jahren angehört, ein Rückschlag. „Gerade weil es so hart ist aufzusteigen, wollen wir den Abstieg vermeiden“, sagt Michau. Die Berliner seien ein unberechenbarer Gegner, da sie stark von ihren ausländischen Akteuren abhängen. Welche von diesen auflaufen, ist unklar. Mut macht ihm der 56:0-Sieg in der Hauptrunde beim Tabellenletzten Victoria Linden. „Hätten wir dieses Spiel verloren, wären wir direkt abgestiegen. Da haben wir bewiesen, dass wir in Drucksituationen bestehen können“, sagt er.