Hamburg. 30 Ultra-Marathons – der Musiker und Extremsportler spricht mit dem Abendblatt über seine Leidenschaft, das Laufen.
Sonnabend ist er um 13 Uhr Gastredner bei der Sports Charity Night der Kaifu-Lodge: Joey Kelly, Musiker und Ausdauersportler auf der Suche nach dem Limit, vermarktet sich und seine Leistungen mit Vorträgen.
Herr Kelly, sind Sie heute schon gelaufen?
Joey Kelly: Ich bin auf dem Weg zu einem Vortrag in Bremen. Normalerweise laufe ich zwischen 5.30 Uhr und acht Uhr. Heute war es 6.30 Uhr, als ich meine Laufschuhe angezogen habe.
Da war es noch dunkel. Also laufen Sie mit Stirnlampe?
Kelly: Anders geht es nicht in der dunklen Jahreszeit.
Wie oft laufen Sie?
Kelly: Ich versuche zwischen acht und zehn Einheiten pro Woche zu schaffen.
Was heißt Einheit bei Ihnen?
Kelly: Eine bis zweieinhalb Stunden, je nachdem, wie mein Tag getaktet ist.
Das ist ein ziemliches Pensum. Wie kann man als Sport- oder Fitness-Anfänger auf so ein hohes Leistungsniveau kommen?
Kelly: Es muss Spaß machen. Das ist die Grundvoraussetzung. So hat es auch bei mir angefangen, als ich vor ungefähr 20 Jahren mit dem Ausdauersport in Kontakt kam.
Ihr erstes Laufevent war gleich ein Triathlon, steht überall zu lesen. Sie waren ein Ausdauer-Anfänger und hatten trotzdem Spaß?
Kelly: Es war eine Wette zwischen meiner Schwester und mir. Ich wollte an einem Volks-Triathlon teilnehmen, weil ich überzeugt war, ich bin super, ich schaffe das. Tatsächlich wäre ich beim Schwimmen beinahe abgesoffen. Nie mehr tue ich mir so etwas an, habe ich mir danach geschworen.
Was ist passiert, dass Sie sogar ein Extremsportler geworden sind? Sie haben 40 Marathons, 30 Ultra-Marathons, Wüstenläufe und mehr absolviert. Unter anderem haben Sie in 17 Tagen und 23 Stunden Deutschland von Wilhelmshaven bis zur Zugspitze zu Fuß durchquert.
Kelly: Zuerst einmal: Das Wort Extremsportler mag ich nicht. Es beinhaltet gesundheitliche Risiken, und die möchte ich nicht eingehen. Richtig ist, ich bin Ausdauersportler. Aber um Ihre Frage zu beantworten, ein paar Tage nach diesem missglückten Debüt als Triathlet habe ich gemerkt, dass mir die Anstrengung trotzdem gutgetan hat. Danach bin ich ernsthaft ins Training eingestiegen. Und es war leicht.
Der Spaß kommt mit dem Quälen?
Kelly: Nein, der Spaß kommt mit der Gewohnheit.
Eine gewagte Aussage. Schon der Weg zur Gewohnheit ist für einen Anfänger normalerweise mühselig.
Kelly: Niemand wird gezwungen, sich zu bewegen. Und der erste Schritt ist zugegeben schwierig. Aber wenn man sich entschlossen hat, mit dem Training zu beginnen, dann kommt man nach zehn Wochen in einen Gewohnheitsmodus, und von dort aus ist es nicht mehr weit bis zum Spaß, bis zur Leidenschaft.
Also ist Ihre Botschaft: über die Gewohnheit zur Leidenschaft?
Kelly: Nein. Zum einen bin ich kein Motivationstrainer. Das Feld überlasse ich Jürgen Höller ...
... einem Guru der Motivator-Branche.
Kelly: Zum anderen ist mein Thema der Wettkampf und das Abenteuer. Ich muss mich nicht motivieren, um zu tun, was ich tue. Mein Antrieb kommt von innen.
Ihr Vortrag lautet: No Limits – wie schaffe ich mein Ziel? Sie haben also doch bestimmt Tipps, wie man Grenzen hinausschiebt, Ziele erreicht?
Kelly: Auch das ist nicht mein Ansatz. Ich erzähle aus meinem Leben als Ausdauersportler. Wenn sich der eine oder andere davon angeregt fühlt, sich sportlich zu betätigen, dann freut mich das. Aber ich will niemanden überzeugen. Das muss jeder für sich selbst entscheiden. Ich weiß nur, das ganze Leben ist ein Marathon. Egal ob Beruf oder Familie, jeder muss diese Herausforderung bewältigen. Aber es gilt auch die Erkenntnis: Man schafft mehr, als man glaubt.
Sie sind inzwischen 44 Jahre alt. Sind ungewöhnliche sportliche Herausforderungen immer noch Ihr Ding?
Kelly: Es brennt noch in mir. Ich freue mich jetzt schon auf den Juni, dann werde ich wieder am Langstreckenradrennen „Race across America“ teilnehmen.
4800 Kilometer in zwölf Tagen! Vorher steht noch ein anderer, besonderer Auftritt an. Die Kelly-Family tritt erstmals nach 14 Jahren wieder gemeinsam auf. Sind Sie am 19. Mai in der Dortmunder Westfalenhalle dabei?
Kelly: Ja. Und auch darauf freue ich mich sehr. Ich bin sogar ein bisschen aufgeregt. Anders als einige meiner Geschwister habe ich in den vergangenen Jahren keine Musik gemacht.
Kann man als Künstler einfach so wieder einsteigen? Oder ist es beim Singen und Gitarrespielen wie mit dem Fahrradfahren. Man verlernt es nicht?
Kelly: Ich muss schon üben. Wir wollen ja unsere Fans nicht enttäuschen.
Gibt es Gemeinsamkeiten zwischen Sport-und Musikmachen?
Kelly: Musiker arbeiten in einem anderen Rhythmus als Sportler. Und natürlich hat es viel mit Kreativität zu tun. Aber Disziplin und Leidenschaft braucht man für beides.