Die Nachfolger des Schwergewichts-Boxers können sich beweisen. Der Ukrainer bleibt aber aussichtsreich im Geschäft.
An diesem Sonnabend hat Wladimir Klitschko eine Verabredung mit seiner Zukunft. Der 40 Jahre alte Schwergewichts-Boxprofi wird in Manchester am Ring sitzen, wenn der Brite Anthony Joshua seinen Weltmeistertitel nach Version des Verbands IBF gegen den US-Amerikaner Eric Molina verteidigt. Deutsche Boxfans können auf der Internetplattform ranfighting.de für 9,99 Euro live dabei zuschauen, wie Klitschko mitfiebert. Denn nur wenn Joshua siegt, kann der größte Kampf des Ukrainers Realität werden.
Auf einer Pressekonferenz am kommenden Mittwoch in London soll bekannt gegeben werden, dass Joshua und Klitschko am 29. April im Wembley-Stadion gegeneinander antreten wollen. 80.000 Fans haben in der Traditionsarena Platz; Klitschkos Zuschauerrekord liegt bei 61.000, aufgestellt im Juni 2009 in Gelsenkirchen gegen den Usbeken Ruslan Chagaev. Damals war der Zweimeterhüne noch Champion von IBF und WBO – und galt als Dominator der Königsklasse des Preisboxens.
Das war Klitschko tatsächlich, bis er im November 2015 vom Briten Tyson Fury entthront wurde. Seitdem hat er nicht mehr im Ring gestanden, weil die mehrfach angesetzte Revanche aufgrund wiederholter Eskapaden Furys ausfallen musste. Mittlerweile hat der an schweren Depressionen leidende Engländer die Titel von WBA und WBO niedergelegt. Doch auch wenn er damit den Karriere-Spätherbst des einstigen Königs ausbremste – geschadet haben die Titelrochaden dem Schwergewicht keinesfalls. Im Gegenteil: Die Bewegung tut der unter Klitschkos Dominanz ächzenden Szene gut, weil sie Sportler ins Rampenlicht schiebt, die endlich die Chance haben, um einen der Titel der vier bedeutenden Weltverbände zu kämpfen.
Da ist zuvorderst Joshua, Olympiasieger von 2012, in 17 Profikämpfen 17-mal vorzeitig siegreich. Der Brite gilt, anders als viele seiner im Berufsboxen engagierten Landsmänner, als zurückhaltender, smarter Gentleman, der am ehesten Klitschkos Position als gesellschaftlich über alle Schichten anerkannter Publikumsmagnet einnehmen kann. Dank seiner technisch erstklassigen Ausbildung, die sich mit Schlaghärte und Athletik paart, halten viele Experten den 27-Jährigen für den kommenden Superstar.
Ärgster Konkurrent um diesen Status ist der US-Amerikaner Deontay Wilder. Der 31-Jährige ist WBC-Weltmeister und gewann 36 seiner 37 Profikämpfe durch Knock-out. Wilder, der neben Schlagkraft vor allem Schnelligkeit und Athletik vorweisen kann, dafür aber defensive Schwächen hat, kann wegen eines im Juli erlittenen Mittelhandbruchs und Bizepsrisses erst im Frühjahr 2017 wieder eingreifen, möglicherweise gegen den Russen Alexander Povetkin oder Furys Cousin Hughie. Ein Duell Wilders mit dem Sieger aus Joshua gegen Klitschko könnte in den USA endlich wieder für einen Kassenschlager im in Übersee darbenden Schwergewicht sorgen.
Bei der WBO hat sich der Neuseeländer Joseph Parker zum Hoffnungsträger entwickelt. Der 24-Jährige, unbesiegt in 21 Duellen, kämpft an diesem Sonnabend in Auckland gegen Andy Ruiz jr. (USA) um den vakanten WBO-Titel. Siegt er, hat auch das boxverrückte Ozeanien ein gewichtiges Wort im Schwergewichtszirkus mitzureden. Einzig die WBA, die ihren Weltmeister Superchampion nennt, lässt sich mit der Neuvergabe ihres Titels Zeit. Kommt das Duell Joshua gegen Klitschko zustande, soll dort neben dem IBF- auch der WBA-Titel auf dem Spiel stehen.
Sie vermissen deutsche Boxer in der Auflistung der Hoffnungsträger? Mit dem Kölner Manuel Charr (32), Nummer acht des WBC, und Tom Schwarz aus Halle an der Saale, Nummer acht der WBO, stehen zwei von ihnen in den Top Ten der vier Ranglisten. Vor allem Schwarz (22) als Juniorenweltmeister von WBC und WBO trauen Experten mittelfristig zu, sich in die Weltklasse durchzuschlagen. Doch auch in Hamburg gibt es Hoffnung. Der 19 Jahre alte Peter Kadiru, Jugend-Olympiasieger von 2014, gilt als Rohdiamant. Er soll in dieser Saison im neuen Bundesligateam Hamburg Giants geschliffen werden.