Hamburg. Die Stadt konzentriert sich bereits auf sechs Schwerpunktsportarten. Weitere Topathleten werden in den nächsten Jahren kommen.
Am Sonnabend will der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) auf seiner Mitgliederversammlung in Magdeburg seine bei Athleten und Verbänden umstrittene Reform des Spitzensports beschließen. Zwei Jahre lang hatten diverse Gremien mit dem Bundesinnenministerium (BMI) an dem Entwurf gearbeitet. Stärkere Konzentration, weniger Bundesstützpunkte, 163 statt bisher 204, mehr Geld für potenziell erfolgreiche Sportarten, weniger für jene, die bei Olympia, Welt- und Europameisterschaften keine Medaillenperspektiven haben – das sind Eckpunkte der Vorlage, die Deutschlands Sportler international konkurrenzfähiger machen sollen.
Wie viel Geld sich das BMI künftig den Spitzensport kosten lässt, ist weiter unklar. Für das Übergangsjahr 2017 sollen die Mittel um rund 20 Millionen gegenüber dem Olympiajahr 2016 auf 158 Millionen Euro gekürzt werden. Leichtathleten (7,6 Millionen Euro), Ruderer (4,6 Millionen) und Schwimmer (4,3 Millionen) wurden bisher am stärksten aus dem Bundeshaushalt unterstützt. Eine Anhebung der Zuschüsse im Zuge der Reform, die 2018 greifen soll, hat der für den Sport zuständige Bundesinnenminister Thomas de Maizière nicht ausgeschlossen.
Mehr Schwimmer, Ruderer, Beachvolleyballer
In Hamburg verbreiten die Reformpläne keinen Schrecken. Im Gegenteil: „Das ist eine Blaupause dessen, wie wir hier seit Jahren erfolgreich arbeiten“, sagt Ingrid Unkelbach, Leiterin des Olympiastützpunktes Hamburg/Schleswig-Holstein (OSP) mit Hauptsitz am Dulsbergbad. Die Konzentration auf Schwerpunktsportarten wird in Hamburg längst praktiziert. Beachvolleyball, Hockey, Rudern, Schwimmen sind privilegiert, dazu gemeinsam mit Niedersachsen der paralympische Trainingsstützpunkt im Rollstuhlbasketball. Badminton soll dazukommen. Verabschiedet der DOSB sein Konzept, werden diese sechs Sportarten künftig finanziell weit stärker gefördert.
Hamburg dürfte von der Reform profitieren. Der Schwimmverband will die Zahl seiner Bundesstützpunkte von acht auf vier reduzieren, das Hightech-Zentrum in Hamburg, eines der modernsten der Welt, wird auf jeden Fall weiter genutzt. Mehr Spitzenschwimmer ziehen wahrscheinlich in die Stadt, bis zu 18-A-Kader-Ruderer, und die besten Beachvolleyballteams des Landes könnten spätestens 2018 im Center am Alten Teichweg aufschlagen. Hamburg will, sagt Sportsenator Andy Grote, Bundesstützpunkt für Frauen und Männer werden. Der Deutsche Volleyballverband scheint dazu bereit. Der Leichtathletik-Stützpunkt für Sprung und Mehrkampf wiederum soll geschlossen werden, der geplante Golf-Stützpunkt würde erst gar nicht eröffnet. „Im Umkehrschluss bedeutet das aber auch, dass sich Hamburger Athleten aus anderen Sportarten Stützpunkten in anderen Städten anschließen müssen, wollen sie weiter gefördert werden“, sagt Unkelbach. Das (Olympia-)Team Hamburg soll in Zukunft nur jene Athleten alimentieren, die in Hamburg trainieren.
Mehr Geld für Trainer am Olympiastützpunkt
„Denkt man diesen Ansatz konsequent weiter, sollte das am OSP geplante Landesleistungszentrum für Handball und Judo zukünftig auch für die Hamburger Schwerpunktsportarten nutzbar sein“, sagt Niclas Hildebrand, Referatsleiter Leistungssportentwicklung im Hamburger Sportbund (HSB). Es soll acht Millionen Euro kosten.
Jeweils 882.000 Euro, 80.000 mehr als zuletzt, kann der HSB dank gestiegener städtischer Zuwendungen in den nächsten beiden Jahren für den Leistungssport ausgeben, 305.000 Euro für seine Talentfindung- und förderung in den Grundschulen, 492.500 Euro für Landestrainer. Die Zuschüsse für Verbandstrainer, die nicht in den sechs Schwerpunktsportarten tätig sind, insgesamt 125.000 Euro, will der HSB in Richtung der Schwerpunktsportarten umverteilen – wenn die Reform kommt, kündigt Hildebrand an.
Dafür würde die Zahl der Trainerstellen in den geförderten Sportarten von sieben auf zehn erhöht, bessere Entlohnung inklusive. Künftige Gesamtkosten: mindestens 580.000 Euro pro Jahr. Die Stadt hat jetzt signalisiert, rund 123.000 Euro mehr als bisher zu investieren, um den Leistungssportstandort Hamburg zu stärken.
„Die DOSB-Reform will Athleten und Trainer in den Mittelpunkt stellen“, sagt Unkelbach, „aber dafür müssen wir endlich anfangen, unsere Trainer angemessen zu bezahlen, sie auch regelmäßig weiterbilden und verhindern, dass sie Angebote aus dem Ausland annehmen, wo sie das Drei- bis Vierfache verdienen können. Ohne gute Trainer können wir noch so viel reformieren, das bringt dann alles nichts.“