Hamburg. Der Profiboxer Rafael Bejaran kämpft am Sonntag in Hamburg um den WBO-Europameistertitel im Mittelgewicht.
Seine Arbeit im Getränkefachhandel hat er seit vier Wochen unterbrochen. Zehn Stunden täglich schleppt Rafael Bejaran normalerweise Flaschenkisten durch Marktflure, aber weil er an diesem Sonntag (16 Uhr) all seine Kräfte braucht, gilt die Konzentration des 34-Jährigen seit einem Monat nur dem Ziel, den WBO-Europameistertitel im Mittelgewicht zurückzuerobern. Von Juni 2011 bis April 2012 hatte er ihn schon einmal besessen, dann umstritten an den Kroaten Ante Bilic verloren. Nun ist der Titel vakant, und der Profiboxer erhält gegen den Franzosen Soufiene Ouerghi die Chance auf Rehabilitation.
Gekämpft wird in Hamburg, in der Großen Freiheit 36, und das ist gut für Bejaran, schließlich ist die Stadt längst zu seiner Heimat geworden. 2011 kam der in der Dominikanischen Republik geborene Normalausleger als Gegner des deutschtürkischen Lokalhelden Cagri Ermis erstmals an die Elbe. Und weil er trotz einer knappen Punktniederlage zu überzeugen wusste, wurde er erneut gebucht, bis er schließlich entschied, seinen Lebensmittelpunkt nach Hamburg zu verlegen. Inzwischen wird er von Manager Thomas Nissen und Trainer Khoren Gevor (36), der 2008/09 selbst für sieben Monate Mittelgewichts-Europameister war, professionell betreut.
Attraktiver Kampfstil
Selbst im November, wenn die Tage kalt und dunkel sind, bereut Bejaran seine Entscheidung nicht. In Hamburg hat er mittlerweile eine große Fangemeinde, die sich aus Lateinamerikanern und Deutschen gleichermaßen zusammensetzt. Seine aus Kolumbien stammende Ehefrau lernte er hier kennen, gemeinsam haben sie sieben Monate alte Zwillinge. Und auch wenn die deutsche Sprache noch nicht sein bester Freund ist, lässt sich der „Karibik-Tiger“ seine den Menschen zugewandte Art nicht nehmen. „Ich bin ein einfacher, kommunikativer Typ. Deshalb habe ich auch so viele Fans hier“, sagt er.
Ein weiterer Grund dürfte allerdings sein attraktiver Kampfstil sein. Bejaran schont weder sich noch den Gegner, ist dank neunjähriger Amateurkarriere aber technisch durchaus versiert und bewegt sich so geschmeidig, wie es sein Kampfname vermuten lässt. Einzig an Schlaghärte fehlt es bisweilen, nur zehn vorzeitige Siege bei 23 gewonnenen Kämpfen künden vom hohen Aufwand, den er für seinen Erfolg leisten muss. Am Ziel, 2017 eine WM-Chance zu erhalten, will er dennoch festhalten. Sollte sein Traum in Erfüllung gehen, könnte er das Getränkeschleppen anderen überlassen.