Auf dem Weg zur WM in Russland trifft die deutsche Nationalmannschaft in Hamburg auf Tschechien. Torjäger Mario Gomez fällt aus.
München. Mats Hummels begab sich auf Pokémon-Jagd, Mesut Özil war bei seiner neugeborenen Nichte Lina zu Besuch. Nach einem zusätzlichen freien Tag mit verschiedenen privaten Vergnügungen sollen die deutschen Fußball-Weltmeister mit freiem Kopf und höchst fokussiert in die Topspiele der WM-Qualifikation gegen Tschechien und Nordirland gehen. Darauf baut zumindest Bundestrainer Joachim Löw, der seinen 22-köpfigen Kader für die Duelle mit Tschechien und Nordirland erst am Mittwoch in Hamburg zusammenholt.
Die Belastung für die Nationalspieler ist aus Löws Sicht zuletzt sehr hoch gewesen. Deshalb legt er Wert darauf, dass sie körperlich und mental frisch in diese „wichtigen Spiele“ gehen, wie er sagte. Hinter Kapitän Manuel Neuer und Co. liegen strapaziöse englische Wochen. Der Torhüter etwa kommt im Jahr 2016 auf schon 45 Spiele mit Bayern München (36) und im DFB-Dress (neun), bis Jahresende könnten weitere 19 (15/vier) dazukommen.
„Die Grenze für die Belastbarkeit der Spieler ist erreicht – sportlich und mental“, klagte Löw in der „Welt am Sonntag“, zum wiederholten Mal: „Wir müssen uns darüber klar sein, dass auf Dauer die Qualität darunter leidet. Wir dürfen das Rad nicht überdrehen.“ Weil Löw aber weiß, dass die Clubs angesichts neuer Märkte in Asien oder Nordamerika eher noch mehr als weniger von ihren Stars verlangen, reduziert er zähneknirschend sein Programm.
Löw peilt sechs Punkte an
Auch bei der EM hatte er Neuer und Co. zuletzt mitten im Turnier mal einen freien Tag verordnet. Es sei „sehr wichtig, mal komplett abzuschalten und nicht an Fußball zu denken“, sagte er. Dieser Linie folgt er nun erneut. Und das, obwohl er mitunter moniert, dass ihm zu wenig Zeit bleibt, um mit seiner Mannschaft Neues auszuprobieren. „Wir brauchen da jede Minute“, hatte Teammanager Oliver Bierhoff zuletzt betont. Vor dem Duell mit Tschechien am Sonnabend in Hamburg hat Löw jetzt nur drei Trainings; eine weitere Einheit kommt vor dem Spiel gegen Nordirland am kommenden Dienstag (beide 20.45 Uhr/RTL) in Hannover hinzu.
„Die Spieler wissen, was wir von ihnen erwarten“, sagte Löw. Nämlich sechs Punkte. Nach dem starken 3:0 in Oslo gegen Norwegen soll der gute Start gegen die vermeintlich schärfsten Rivalen in Gruppe C veredelt werden. Auch deshalb hat er personelle Experimente hintangestellt; Kandidaten wie Gonzalo Castro oder Lars Stindl müssen sich bis November gedulden, wenn es in der Quali gegen den Fußball-Zwerg San Marino und in Freundschaft gegen Italien geht.
DFB-Elf trainiert am Millerntor und im Volksparkstadion
Vorerst soll es Löws „Stamm“ richten, wie er den Kern der Nationalmannschaft um die Rückkehrer Jerome Boateng und Ilkay Gündogan nannte. Verzichten muss er auf André Schürrle, Karim Bellarabi, Marco Reus, Antonio Rüdiger und Mario Gomez. Der einzige echte Neuner im Team zog sich eine „neurogene Verhärtung in der Gesäßmuskulatur“ zu, teilte der DFB mit.
Die Schwerpunkte der nur drei Trainingseinheiten in Hamburg – zwei am Millerntor und eine im Volksparkstadion – sind klar. Löw, der mit der Mannschaft im Teamhotel „Le Méridien“ mit Blick auf die Außenalster nächtigt, will schnell die Rückkehrer Gündogan, Boateng und Sebastian Rudy wieder einfügen. Dazu wird der Weltmeistercoach von 2014 an jenem Thema arbeiten, das die Mannschaft schon eine gefühlte Ewigkeit begleitet: die mangelnde Effektivität vor dem Tor. „Wenn ich eine Vision hatte vor einigen Jahren, dann sind wir in der Vision schon sehr weit. Was ein Spiel aber ausmacht, ist die Effizienz“, betonte der Bundestrainer.
„Wir müssen von Beginn an hochkonzentriert sein“, forderte Löw vor den wegweisenden Spielen im Hinblick auf die direkte Qualifikation für die WM 2018 in Russland, die nur der Gruppensieger bucht. Und doch: Tschechien und Nordirland sind, obwohl EM-Teilnehmer, Pflichtübungen für seine ausgeruhten Stars.