Rio de Janeiro.

Das Medaillen-Minus bei den Rio-Spielen setzt die Spitze des deutschen Sports unter Druck. Die schwächste Gesamtausbeute einer deutschen Olympia-Mannschaft seit der Wiedervereinigung schürt bei DOSB-Chef Alfons Hörmann schon vor den letzten Wettkämpfen Zukunftsangst. „Wenn wir nicht zügig und klar agieren und den Mut aufbringen, die Dinge anzupassen, dann wird zumindest Tokio 2020 und viel mehr 2024 und 2028 nicht so laufen können, wie wir es uns vorstellen“, sagte der Präsident des Deutschen Olympischen Sportbundes.

Mehr Goldmedaillen als in London 2012 und Helden wie Turn-Olympiasieger Fabian Hambüchen, die Beach-Königinnen Laura Ludwig/Kira Walkenhorst oder Bahn-Sprinterin Kristina Vogel können nicht verdecken, dass Deutschland in vielen Sportarten den Anschluss an die Weltspitze verloren hat. Schwimmer, Fechter und Straßen-Radsportler blieben medaillenlos und trugen dazu bei, dass der mit 423 Athleten gestartete DOSB seine moderate Zielmarke von 44-mal Edelmetall verfehlen wird.

Tennis-Queen Angelique Kerber begeisterte zwar mit Silber, Handballer, Fußballer und Hockeyspieler zeigten wie die Tischtennis-Teams Deutschlands Stärke in Mannschaftssportarten. Dagegen stehen eine Reihe von Enttäuschungen, gerade in olympischen Kernbereichen wie Leichtathletik und Schwimmen. Zum ersten Mal seit 1932 kehren die Schwimmer ohne Olympiamedaille heim. Hörmann nannte dies „besorgniserregend“: „Die Spitze wird internationaler, wird breiter. Die Zahl der Nationen, die in den Medaillenrängen vertreten ist, wird steigen.“

„Man muss sagen, dass wir als Deutschland stehen bleiben. Es steht viel Geld für den Spitzensport zur Verfügung, aber das muss gezielt eingesetzt werden“, analysierte Hambüchen. Die Frage der Förderung und der richtigen Strukturen werden zwischen DOSB, Verbänden und Innenministerium in den kommenden Wochen kontrovers diskutiert werden. „Ob es mehr Geld geben kann und muss, ist abhängig von der Frage, wie die Strukturen sind, die wir in Zukunft fördern wollen“, sagte Bundesinnenminister Thomas de Maizière. Der deutsche Chef de Mission Michael Vesper dagegen befand: „Dass wir mehr Mittel brauchen, ist unbestritten.“

DOSB-Boss Hörmann aber sieht keinen Raum mehr für langes Schachern um die angekündigte Spitzensportreform. „Lass uns nach Rio mit den Maßnahmen beginnen und nicht wieder darüber diskutieren und nur wenig tun“, mahnte der Bayer, der während der Spiele fast täglich sein Mantra bekräftigte, dass es ein „Weiter so“ im deutschen Sport nicht geben dürfe.